LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2704 28.05.2018 Datum des Originals: 25.05.2018/Ausgegeben: 01.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 976 vom 16. April 2018 des Abgeordneten Hartmut Ganzke SPD Drucksache 17/2414 Schwere Unfälle mit LKW´s auf den Autobahnen A1, A2, A 44 im Kreis Unna Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit Jahren sind schwere Unfälle im Bereich der o.g. Autobahnen im Umfeld der Autobahnkreuze Kamen, Dortmund-Unna und Westhofener Kreuz fast an der Tagesordnung. Die Folge sind nicht nur hohe Sachschäden, sondern oftmals kommt es zu schwerverletzten und getöteten Personen. Die volkswirtschaftlichen Folgen, welche jährlich hierdurch verursacht werden, beziffern sich durch die Unfälle auf Autobahnabschnitten im Kreis Unna auf hohe siebenstellige Summen. Die durch LKW´s verursachten Unfälle sind in der Regel auf unaufmerksame Fahrer zurück zu führen. Beteiligt sind daran offenbar auch Fahrer aus dem osteuropäischen Verkehrsraum. Die komplexen Verkehrsbeziehungen im südlichen Kreis Unna mit einem hohen Anteil an Aufund Abfahrten, sich auf kurzer Strecke kreuzenden Autobahnen und wechselnden Baustellen stellen erhöhte Anforderungen an alle Verkehrsteilnehmer. Auffahrunfälle auf überlasteten Autobahnabschnitten mit täglichen Staus sind die Regel. Diese Situation wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern, da in den nächsten Jahren mit umfangreichen Brückenbauarbeiten z.B. im Bereich der A1 zu rechnen ist. Zudem ist geplant, die Autobahnkreuze Dortmund-Unna und Westhofener Kreuz den Verkehrsanforderungen entsprechend anzupassen und umzubauen. Es ist mir nicht bekannt, dass das Land NRW oder der Bund Maßnahmen zur Eindämmung der Unfälle plant. Wohl bekannt ist allerdings, dass in anderen Bundesländern wie Bayern oder Baden-Württemberg aufgrund ähnlicher Problemlagen inzwischen modernste Abstandsmesseinrichtungen (VAG digital, Vidit VKS 3.0) installiert worden sind. Zu geringe Abstände zwischen Kolonne fahrenden LKW´s sind eine wesentliche Ursache für Auffahrunfälle mit schwersten Folgen. Dies haben andere Bundesländer erkannt und entsprechende Maßnahmen umgesetzt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2704 2 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 976 mit Schreiben vom 25. Mai 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Hat die Landesregierung bezüglich der geschilderten Problemstellung bereits Kontakt zu den jeweils zuständigen Straßenbaulastträgern aufgenommen? Die Landesregierung hat die „Aufgaben der Unfallkommission in Nordrhein-Westfalen“ in dem gleichnamigen gemeinsamen Runderlass des Innen- und Verkehrsressorts vom 25. Juni 2017 geregelt. Ein initiatives Eingreifen der Landesregierung ist daher nicht erforderlich. Der Erlass regelt auf Grundlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) die Arbeit der Unfallkommission als eine gemeinsame Aufgabe von Straßenverkehrs-, Straßenbau- und Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen. Bei Überschreitung definierter Unfallgrenzwerte oder streckenbezogener Unfallsignifikanzen ist das Gremium der Autobahn-Unfallkommission (BAB-UK) verpflichtet, sich kurzfristig zusammenzusetzen mit dem Ziel, die Unfall begünstigenden Faktoren der identifizierten Unfallhäufungsstelle zu ermitteln, genau zu analysieren und geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zu beschließen und möglichst zeitnah umzusetzen. 2. Welche konkreten Maßnahmen hat die Landesregierung seit ihrem Regierungsantritt bereits eingeleitet um die Unfallzahlen auf den Autobahnabschnitten im Kreis Unna einzudämmen? Im Dezember 2017 wurde die Fachstrategie Verkehrsunfallbekämpfung der Polizei Nordrhein- Westfalen fortgeschrieben und dem Phänomen der LKW-Unfälle mit einem eigenen Erfolgsfaktor angepasst. Dieser zielt explizit auf die Reduzierung der Verkehrsunfälle mit Personenschaden unter Beteiligung des gewerblichen Personen- und Güterverkehrs durch eine verstärkte und intensive Überwachung ab. Die Fachstrategie ist handlungsleitend für alle Kreispolizeibehörden. Somit besitzen die fachstrategischen Maßgaben auch Gültigkeit für polizeiliche Maßnahmen der zuständigen Kreispolizeibehörden im Bereich der Autobahnabschnitte im Kreis Unna. Gleichermaßen ist die Problematik von LKW-Unfällen für Nordrhein-Westfalen als hoch frequentiertes Transitland ganzheitlich zu betrachten. Die Ursachen für entsprechende Verkehrsunfälle, insbesondere schwerwiegende Stauendunfälle, sind häufig technische Veränderungen an Nutzfahrzeugen, zu dichtes Auffahren, Übermüdung und Ablenkung, z. B. durch die Nutzung von Mobiltelefonen. Es handelt sich um überregionale und generelle Problemstellungen. Die polizeiliche Überwachung des gewerblichen Personen- und Güterverkehrs beschränkt sich daher nicht mehr nur auf die Autobahnen und wird durch alle örtlichen Polizeibehörden ganzheitlich wahrgenommen. Damit wird dem Fehlverhalten von LKW-Fahrerinnen und - Fahrern insgesamt Rechnung getragen. Das angesprochene System zur Abstandsmessung - hier Vidit VKS - ist in Nordrhein- Westfalen ebenfalls im Einsatz. Allen Kreispolizeibörden mit Autobahnpolizei stehen jeweils zwei Anlagen zur Verfügung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2704 3 Es ist aus polizeilicher Sicht davon auszugehen, dass sich die landesweite Vorgehensweise und Intensivierung der Überwachung auch positiv auf das Unfallgeschehen in den Autobahnabschnitten im Kreis Unna auswirken wird. In regelmäßigen Autobahn-Unfallkommissionssitzungen (BAB-UK) unter Federführung der Bezirksregierung Arnsberg werden Unfallhäufungsstellen (UHS) und Unfallsignifikanzen in den genannten Autobahnabschnitten besprochen und erforderliche Maßnahmen initiiert. Nach der letzten BAB-UK bestehen sowohl auf der A 44 als auch der A 45 im Kreis Unna keine Unfallhäufungsstellen (UHS) und auch keine Streckenabschnitte mit streckenbezogenen Unfallsignifikanzen. Gleiches gilt für die Richtungsfahrbahn auf der A 2 in Fahrtrichtung Hannover. Die aktuelle Situation an weiteren Streckenabschnitten und durchgeführte bzw. bestehende Maßnahmen können wie folgt beschrieben werden: Bundesautobahn (BAB) 2 Richtungsfahrbahn Oberhausen (Großbaustelle „Grundhafte Fahrbahndeckensanierung“ zwischen Anschlussstelle (AS) Dortmund- Nordost und AS Kamen/Bergkamen): Es wurden mehrere Streckenabschnitte mit streckenbezogenen Unfallsignifikanzen für LKW sowie zwei UHS in der zuständigen BAB-UK behandelt. Sämtliche signifikante Streckenabschnitte und UHS wurden jedoch aufgrund eines einvernehmlichen Beschlusses der BAB-UK nicht weiterverfolgt, da die o. g. Großbaustelle als auslösendes Moment für die zahlreichen Unfälle identifiziert wurde. Diese Baumaßnahme wurde zwischenzeitlich abgeschlossen. Die Unfallentwicklung wird jedoch von der BAB-UK weiter beobachtet, da zurzeit noch eine Baustelle (Brückenerneuerung) in Höhe der AS Kamen/Bergkamen betrieben wird. Zur nachhaltigen Sicherung des Verkehrs im Zuge dieser aktuellen Baumaßnahme sind eine verkehrsabhängige Stauwarnanlage mit CB-Funk, ein Abstandsgebot für LKW- Fahrerinnen und -Fahrer in mehreren Sprachen sowie ein LKW-Überholverbot und Geschwindigkeitsbeschränkungen in beiden Fahrtrichtungen, weit über die Regelwerksanforderungen hinaus, eingerichtet worden. Sollten weitere Maßnahmen aufgrund einer sich abzeichnenden negativen Unfallentwicklung erforderlich werden, wird die zuständige BAB-UK schnellstmöglich reagieren. BAB 1 zwischen dem Westhofener Kreuz und der AS Hamm-Bockum-/Werne: Der Streckenabschnitt ist durchgängig mit drei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn befahrbar und zwischen dem Kamener Kreuz und dem Autobahnkreuz Westhofen zur nachhaltigen Sicherung der Verkehrsabläufe mit einer Streckenbeeinflussungsanlage ausgestattet. Darüber hinaus sind zur Verkehrsumlenkung bei besonderen Verkehrslagen und Störfallereignissen vor den Autobahnkreuzen dynamische Wechselwegweiser mit integrierten Stauinformationen - sog. dWiSta-Tafeln - installiert. Fast der gesamte Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz Kamen und dem Westhofener Kreuz ist mit einem LKW-Überholverbot belegt. Die bereits im Jahr 2017 in diesem Streckenabschnitt bestehenden Verkehrszeichenbrücken sind mit einer verkehrsabhängigen Stauwarnanlage ausgestattet, um den Verkehr frühzeitig auf etwaige Verkehrsstörungen hinzuweisen und das Fahrverhalten präventiv zu beeinflussen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2704 4 BAB 1 Richtungsfahrbahn Köln: Auf der Richtungsfahrbahn Köln der A 1 liegen mehrere UHS und Abschnitte mit streckenbezogenen Unfallsignifikanzen. Daher wurden auf Beschluss der BAB-UK zur Homogenisierung der Verkehrsabläufe auf dem Streckenabschnitt zwischen der AS Hamm-Bockum/Werne und dem AK Kamen eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 130 km/h und in Höhe der AS Hamm-Bergkamen eine durchgezogene Fahrstreifenbegrenzung zwischen dem 1. und 2. Fahrstreifen angeordnet. Die Unfallentwicklung im Bereich der identifizierten UHS wird von der BAB-UK weiter beobachtet, um ggf. zusätzliche Verkehrssicherungsmaßnahmen zu beschließen und umzusetzen. BAB 1 Richtungsfahrbahn Bremen: Auf der Richtungsfahrbahn Bremen der A 1 liegen ebenfalls mehrere UHS und Abschnitte mit streckenbezogenen Unfallsignifikanzen. Zunächst soll hier jedoch die erwartete Verbesserung nicht zuletzt aufgrund der bereits angeordneten weitreichenden Verkehrssicherungsmaßnahmen beobachtet werden. Darüber hinaus wird zurzeit geprüft, ob auf dem Streckenabschnitt zwischen dem Westhofener Kreuz und dem AK Dortmund-Unna die Voraussetzungen für eine Verlängerung der vorhandenen Streckenbeeinflussungsanlage erfüllt sind. 3. Welche konkreten Maßnahmen seitens der Landesregierung zur Eindämmung der Verkehrsunfälle auf den Autobahnabschnitten im Kreis Unna sind noch zu erwarten? Grundsätzlich wird auf die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. Zur besseren Durchführung von Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen wird zudem landesweit die Einrichtung von dauerhaft angelegten LKW-Kontrollplätzen geprüft. Entsprechende Flächen ermöglichen eine sachgerechte und intensivierte Personen- und Fahrzeugkontrolle unter Berücksichtigung der Eigensicherung wie auch der Verkehrssicherheit. Der Prozess befindet sich noch in der Planung und Abstimmung. Konkrete Örtlichkeiten können aktuell noch nicht genannt werden. Bei der Planung wird eine geografisch und der Verkehrslage angepasste Verteilung berücksichtigt. Entsprechende Kontrollplätze werden daher zur Intensivierung der Überwachung und Eindämmung der Verkehrsunfälle beitragen. 4. Gibt es eine Statistik über kontrollierte LKW Verkehre im Kreis Unna durch die Landespolizei NRW? Die Autobahnen im Kreis Unna (A 1, A 2, A 44, A 45) liegen im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung Arnsberg als Straßenverkehrsbehörde und des Polizeipräsidiums Dortmund als Autobahnpolizei. Die Autobahnniederlassung Hamm des Landesbetriebes Straßenbau ist das zuständige Betriebsamt. Die Kreispolizeibehörde Unna ist außerhalb der Autobahnen zuständig. Es lassen sich daher einerseits Aussagen zu Tätigkeiten der Autobahnpolizei Dortmund, andererseits zu Tätigkeiten der Kreispolizeibehörde Unna machen. Eine differenzierte Auswertung zu durchgeführten Maßnahmen auf einzelnen Autobahnabschnitten ist nur teilweise und nur über zeitaufwendige - teils manuelle - Einzelauswertungen möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2704 5 Die Polizei Nordrhein-Westfalen erhebt für das landesweite Controlling die sogenannten Maßnahmen nach folgenlosen Verkehrsverstößen. Diese Maßnahmen werden global, jedoch nicht differenziert nach Verkehrsbeteiligungsart (z. B. PKW, LKW) erfasst. Nachfolgend aufgeführt sind die seitens der Autobahnpolizei Dortmund und der Kreispolizeibehörde Unna geahndeten Verstöße für den Bereich „spezifische Verstöße des Personen- und Güterverkehrs“ für die Jahre 2016 und 2017. Für die Autobahnpolizei Dortmund ist zusätzlich der Bereich „Abstand“ aufgeführt: 5. Plant die Landesregierung eine signifikante Ausweitung der LKW Kontrollen zur Sicherung der Verkehrssituation auf den Autobahnabschnitten im Kreis Unna? Hierzu verweise ich auf meine Ausführung zur Frage 2.