LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2743 04.06.2018 Datum des Originals: 30.05.2018/Ausgegeben: 07.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1029 vom 4. Mai 2018 des Abgeordneten Dietmar Bell SPD Drucksache 17/2577 Umgang mit Wahlbetrug bei studentischen Gremienwahlen an Hochschulen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bei den Wahlen zum Studierendenparlament der Bergischen Universität Wuppertal kam es nach Aussagen des ASTA in der Vergangenheit mehrfach zu Unregelmäßigkeiten, so zuletzt 2017. Dies hatte Neuwahlen zur Folge und führte zugleich zu einem empfindlichen Vertrauensverlust in die Gremien der studentischen Selbstverwaltung. Die versuchten Wahlfälschungen wurden vom Wuppertaler ASTA zur Anzeige gebracht. Von der zuständigen Staatsanwaltschaft wurde trotz offensichtlicher Manipulationen der Stupa- Wahlen, das Verfahren wieder eingestellt. Und zwar mit der Begründung, dass zur strafrechtlichen Verfolgung möglicher TäterInnen keine Rechtsgrundlage besteht. Der Staatsanwaltschaft waren somit die Hände gebunden. Der §108 des Strafgesetzbuches, der den Tatbestand der Wahlfälschung behandelt, bezieht sich denn auch ausschließlich auf politische Wahlen zu kommunalen Gebietskörperschaften, zu den Landesparlamenten, zum Bundestag und zum EU-Parlament. Darüber hinaus umfasst er die Urwahlen zur Sozialversicherung. Gleichwohl die Wahlen zu den Studierendenparlamenten gesetzlich vorgeschrieben sind, können Wahlfälschungen hier offenbar ohne strafrechtliche Konsequenzen erfolgen. Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 1029 mit Schreiben vom 30. Mai 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2743 2 Vorbemerkung der Landesregierung Gemäß § 107a Strafgesetzbuch – StGB – (Wahlfälschung) wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht. Den Geltungsbereich der Tatbestände im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen regelt § 108d StGB. Danach gelten die §§ 107 bis 108c StGB für Wahlen zu den Volksvertretungen, für die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments, für die sonstige Wahlen und Abstimmungen des Volkes im Bund, in den Ländern und kommunalen Gebietskörperschaften, für Wahlen und Abstimmungen in Teilgebieten eines Landes oder einer kommunalen Gebietskörperschaft sowie für Urwahlen in der Sozialversicherung. Einer Wahl oder Abstimmung steht das Unterschreiben eines Wahlvorschlags oder das Unterschreiben für ein Volksbegehren gleich. Dies vorausgeschickt versteht die Landesregierung die Kleine Anfrage dahin, dass der Fragesteller sich nicht wie angegeben auf § 108 StGB (Wählernötigung), sondern auf die §§ 107a und 108d StGB bezieht. 1. Wusste die Landesregierung von den Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen zum Studierendenparlament an der Uni Wuppertal? Ausweislich eines Sichtvermerks der seinerzeit zuständigen Wissenschaftsministerin Svenja Schulze vom 2. Februar 2017 ist sie an diesem Tag durch eine E-Mail des Präsidiums des Studierendenparlaments der Universität Wuppertal vom 1. Februar 2017 über den Vorwurf der Wahlfälschung informiert worden. 2. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass eine strafrechtliche Sanktionierung von Manipulationen bei Wahlen zu Gremien der studentischen Selbstverwaltung bislang gemäß § 108 StGB nicht vorgesehen ist? 3. Hält die Landesregierung eine strafrechtliche Verfolgung bei versuchten bzw. erfolgten Manipulationen bei Wahlen zu den Studierendenparlamenten für angemessen? 4. Wird sich die Landesregierung im Rahmen einer Bundesrats-Initiative dafür einsetzen, wie dies das Landes-Asten-Treffen NRW fordert, dass der § 108 StGB um den Tatbestand der Wahlfälschung bei Hochschulgremienwahlen ergänzt wird? Die Fragen 2, 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zu Wahlen im Sinne der §§ 107 bis 108c StGB gehören grundsätzlich nur Volkswahlen und – abstimmungen, also Stimmabgaben des Volkes in Ausübung staatsbürgerlicher Rechte. Diese Voraussetzungen liegen bei Studierendenparlamenten und anderen einzelgruppenbezogenen Gremien nicht vor. Eine künftige gesetzliche Einbeziehung der Hochschulgremien wäre insoweit also singulär und damit geeignet, den Eindruck einer Stigmatisierung der Hochschulmitglieder zu vermitteln. Sofern Tatbestände wie Urkundenfälschung u. a. in Betracht kommen, erfolgt auch bei Wahlen zu Studierendenparlamenten eine strafrechtliche Verfolgung nach den allgemeinen Regeln. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2743 3 Zudem ist auch in Anbetracht der hohen Strafandrohungen in § 107 ff. StGB die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf allgemeine Wahlen und Abstimmungen des Volkes und Urwahlen in der Sozialversicherung angemessen. Aufgrund ihrer auf die jeweilige Hochschule beschränkten Auswirkungen ist ein weitergehendes Schutzbedürfnis für Hochschulwahlen nicht gegeben. Die vorhandenen Kontroll- und Schutzmechanismen zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten, wie zum Beispiel die Öffentlichkeit der Wahl, erscheinen insoweit ausreichend. Vor dem Hintergrund ist auch eine einschlägige Bundesratsinitiative nicht beabsichtigt. 5. Beabsichtigt die Landesregierung bei der Novelle des Hochschulgesetzes einen Passus mit aufzunehmen, der den ordnungsgemäßen Ablauf bei Wahlen zu den Hochschulgremien, somit auch beim Studierendenparlament, im Besonderen einfordert und bei Zuwiderhandeln Sanktionen vorbehält? Mangels einer über das vorhandene Maß hinausgehenden Schutzbedürftigkeit der Hochschulwahlen sind im Entwurf des kommenden Hochschulgesetzes keine diesbezüglichen Änderungen geplant. Überdies wäre der Landesgesetzgeber durch Artikel 4 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) daran gehindert, landesrechtlich den Anwendungsbereich des Wahlstrafrechts nach den §§ 107 ff. StGB zu erweitern.