LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2778 07.06.2018 Datum des Originals: 06.06.2018/Ausgegeben: 12.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1040 vom 9. Mai 2018 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2599 Wie unterstützt die Landesregierung Ausgleichsmaßnahmen in Kleingartenanlagen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Bundesnaturschutzgesetz verpflichtet Verursacher von Eingriffen dazu, bauliche Eingriffe in Natur und Landschaft durch Maßnahmen des Naturschutzes oder der Landschaftspflege auszugleichen oder zu ersetzen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Grundsätzlich kommen auch ökologische Aufwertungen in Kleingartenanlagen als Ausgleichsmaßnahmen gem. Bundesnaturschutzgesetz infrage. Dies schließt auch die Möglichkeit ein, Kleingärten als Vorratsflächen für Ausgleichsmaßnahmen mittels Ökokonten, Flächenpools oder anderen Maßnahmen zu führen und zu vermarkten (§ 16 BNatSchG). Kleingartenvereine verfügen oft über nicht verpachtete oder nicht verpachtbare Parzellen, Wiesenflächen, Lagerflächen oder versiegelte Flächen, die zum Teil erhebliches ökologisches Aufwertungspotenzial aufweisen. Durch solche ökologische Aufwertungen können Kleingartenvereine einen aktiven Beitrag zum Artenschutz, zum Erhalt wertvoller Kulturnutzungen (z.B. Obstwiesen) und zur Verbesserung der Luft in Städten leisten. Solange der Bundesgesetzgeber keine entsprechenden Regelungen trifft, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht (§ 15 Abs. 7 BNatSchG). Einschlägig für Ausgleichsmaßnahmen ist in NRW § 31 Landesnaturschutzgesetz. Hier werden als Ausgleichsmaßnahmen wie in § 15 Bundesnaturschutzgesetz „Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege“ genannt. Entsprechend der Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes und auch entsprechend der Praxis in einigen Kommunen können ökologische Aufwertungen in Kleingartenanlagen regelmäßig die genannten rechtlichen Anforderungen an Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe erfüllen. In der praktischen Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen in Kleingartenanlagen kommt es allerdings häufig zu Unklarheiten bezüglich der rechtlichen Bestimmungen. Seitens LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2778 2 Betroffener wird kritisiert, dass die landesrechtlichen Regelungen nicht hinreichend in Bezug auf Ausgleichsmaßnahmen in Kleingartenanlagen konkretisiert seien. Für die Durchführung bestimmter Ausgleichsmaßnahmen legen gem. Landesnaturschutzgesetz die unteren Naturschutzbehörden geeignete Maßnahmen fest. Diese Maßnahmenlisten können nach aktuellen Notwendigkeiten fortlaufend aktualisiert werden. Fraglich ist für interessierte Kleingartenvereine häufig, ob und welche Maßnahmen als Ausgleichsmaßnahmen in Kleingartenanlagen von den zuständigen Behörden anerkannt werden. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1040 mit Schreiben vom 6. Juni 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Wie oft wurden in den Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen in den letzten zehn Jahren Ausgleichsmaßnahmen in Kleingartenanlagen umgesetzt? (Bitte Anzahl von Maßnahmen nach Kreisen und kreisfreien Städten auflisten) Weder für Kleingartenanlagen, die bauplanungsrechtlich durch einen Bebauungsplan festgesetzt sind, noch für Kleingartenanlagen im baulichen Außenbereich ist eine Erfassung der Anzahl dort umgesetzter Ausgleichsmaßnahmen vorgeschrieben. Der Landesregierung ist daher nicht bekannt, wie viele Ausgleichsmaßnahmen gemäß Baugesetzbuch oder gemäß Bundesnaturschutzgesetz dort vorgenommen wurden. 2. Wie unterstützt die Landesregierung Ausgleichsmaßnahmen in Kleingartenanlagen? Ob Kommunen Kleingärten oder Teile davon als ökologische Ausgleichsflächen ausweisen, entscheiden diese im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit eigenverantwortlich. Entsprechend dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung von Konventionen wurden in Nordrhein-Westfalen standardisierte Bewertungsverfahren entwickelt, um transparente und nachvollziehbare Darlegungen für die Berücksichtigung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung und nach Naturschutzrecht sowie Verfahrensbeschleunigungen zu erreichen. Auch Kleingärten und weitere städtische Grünanlagen sind in den Bewertungsverfahren als Biotoptyp enthalten. In welcher Form ein Eingriff ausgeglichen werden kann, ist abhängig von der Art und Schwere des Eingriffs und den dadurch beeinträchtigten bzw. vernichteten Biotoptypen. Die Heraushebung eines bestimmten Biotoptyps als besonders geeignet für den Ausgleich von Eingriffen ist, da abhängig von den spezifischen Wirkungen des Eingriffs, nicht sinnvoll. 3. Ist aus Sicht der Landesregierung eine landesrechtliche Klarstellung notwendig, um Planungs- und Rechtssicherheit für Ausgleichsmaßnahmen in Kleingartenanlagen zu schaffen? Besondere landesrechtliche Klarstellungen sind entbehrlich. Kleingartenanlagen sind Vorhaben im Sinne von § 29 BauGB, die im Rahmen der Bauleitplanung dargestellt bzw. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2778 3 festgesetzt werden. Für diese Vorhaben gilt nach BauGB und BNatSchG grundsätzlich, dass mit ihrer Errichtung ein Eingriff in Natur und Landschaft verbunden ist und sie daher gemäß § 1a Abs. 3 BauGB zu behandeln sind. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung wird im Rahmen des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans abschließend behandelt. Die Entscheidungen obliegen dem Träger der Bauleitplanung. Bei Kleingartenanlagen im Außenbereich (§ 35 BauGB) ist die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung gemäß §§ 13 ff BNatSchG anzuwenden. § 13 BNatSchG ist als abweichungsfester allgemeiner Grundsatz normiert. Ob es Sinn macht, einen bestimmten Bereich einer Kleingartenanlage naturschutzfachlich aufzuwerten, indem dort beispielsweise in einem wenig beunruhigten Bereich eine Obstwiese angelegt wird, ist von der jeweiligen örtlichen Situation abhängig und dann im Einzelfall zu entscheiden. Diese Flächen der Kleingartenanlage sind dann gemäß den Vorschriften des Baurechts oder des entsprechenden anderen Zulassungsverfahrens für den Eingriff als Ausgleichsmaßnahmen rechtlich zu sichern. 4. Wie informiert die Landesregierung die Kreise und kreisfreien Städte über die Möglichkeiten, Ausgleichsmaßnahmen in Kleingartenanlagen durchzuführen? Siehe Antwort zu Frage 2.