LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2831 13.06.2018 Datum des Originals: 12.06.2018/Ausgegeben: 18.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1048 vom 16. Mai 2018 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/2634 Wie werden Methan-Emissionen in der Klimaschutzpolitik der Landesregierung berücksichtigt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Wirkung von Treibhausgasen auf die Klimaentwicklungen wird in der öffentlichen Debatte häufig auf die Betrachtung von Kohlendioxid (CO2) reduziert. Dabei hatte das Koyoto-Protokoll ausdrücklich die unterschiedlichen Wirkungen von verschiedenen Klimagasen in den Blick genommen. So wurde etwa für Methan als zweitwichtigstes menschengemachtes Treibhausgas eine 21-mal schädlichere Wirkung auf das Weltklima errechnet als etwa CO2. Je nachdem welche Zeiträume der Wirkungen des Klimagases in der Atmosphäre angenommen werden, schädigt das Methanmolekül das Klima sogar bis zu 84-mal stärker als Kohlendioxid. Es wird angenommen, dass ein Fünftel der menschengemachten bisherigen Erwärmung der Erde auf Methan zurückzuführen ist. Vom Beginn der Industrialisierung Mitte des 18. Jahrhunderts mit etwa 720 Teilchen pro Milliarde (ppb) Luftmoleküle hat sich die Methan- Konzentration im Jahr 2000 auf mehr als 1750 ppb erhöht. Vor diesem Hintergrund ist es bedeutend, dass seit 10 Jahren der Methan-Anteil in der Erdatmosphäre sprunghaft auf aktuell etwa 1850 ppb angestiegen ist. Nach vielen gegenläufigen Hypothesen (Wald- oder Torfbände, tauender Permafrost, vor allem aber biogenes Methan durch Reisanbau und steigende Rinderherden-Bestände) konnte das Karlsruhe Institute of Technology (KIT) mit Spurengas-Analysen des Sonnenlichts eine ebenfalls steigende Ethan-Konzentration seit etwa 2005 nachweisen. Ethan dient dabei als Indikator für Methan, da Ethan keine biogenen Ursprünge haben kann und ebenfalls bei der Erdgasförderung freigesetzt wird. Die Forscher um Ralf Sussmann errechneten, dass entsprechend mehr als 40 Prozent des seit 2007 emittierten Methans aus der Öl- und Gasförderung stammen müsse. Die Forscher um John Worden vom Jet Propulsion Laboratory LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2831 2 der NASA haben nun bestätigt, dass die Erdgasförderung als Ursache für die Methansteigerungen unterschätzt worden sei. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 1048 mit Schreiben vom 12. Juni 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Wie werden aktuell Methan-Emissionen von Erdgas in der Klimaschutz- und Energiepolitik von Nordrhein-Westfalen bewertet? Die Methanemissionen insgesamt belaufen sich auf ca. 8,5 Mio. t CO2-Äquivalente (CO2-e) in Nordrhein-Westfalen. Dies entspricht einem Anteil von weniger als 3 Prozent, bezogen auf die gesamten 285,6 Mio. t CO2-e in Nordrhein-Westfalen in 2016. Die Methanemissionen stammen aus folgenden Quellen: Quelle Methanemissionen in Mio. t CO2-e Tierhaltung 4,0 Grubengas aus dem Steinkohlebergbau 2,5 Transport und Verteilung von Erdgas 1,2 Abfallbehandlung, Abfalldeponien, Abwasserreinigung 0,4 Einsatz von Brennstoffen 0,2 Sonstige 0,2 Die hier in Rede stehenden Methanemissionen aus Erdgas entstehen in Nordrhein-Westfalen im Wesentlichen durch Verluste beim Transport und der Verteilung von Erdgas. Sie lassen sich für das Jahr 2016 auf ca. 1,2 Mio. t CO2-e abschätzen. Dies entspricht einem Anteil von 0,4 Prozent an den Gesamtemissionen in Nordrhein-Westfalen in 2016. Die Methanemissionen insgesamt sind gegenüber 1990 um etwa 75 Prozent gesunken. Dies ist im Wesentlichen auf den Rückgang der Steinkohleförderung und Verbesserungen bei der Deponietechnik (Deponiegaserfassung und -verwertung, keine Ablagerung organischer Abfälle) zurückzuführen. In diesen Bereichen sind auch in den kommenden Jahren weitere Minderungen zu erwarten. 2. Mit welchen Äquivalentgrößen z.B. zu CO2 berücksichtigt die Landesregierung Methan als Treibhausgas in ihrer Klimaschutzpolitik? Methanemissionen in Nordrhein-Westfalen werden mit dem Faktor 25 in CO2-e umgerechnet. Dies entspricht dem zurzeit bei der internationalen Treibhausgasberichterstattung (IPCC) üblichen Wert, wie er auch vom Umweltbundesamt (UBA) verwendet wird. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2831 3 3. Wie bewertet die Landesregierung den sprunghaften Anstieg der Methan- Emissionen in den letzten 10 Jahren? 4. Wie bewertet die Landesregierung die zuletzt von der NASA bestätigten Forschungsergebnisse, nach denen die Erdgasförderung als größte Quelle des Anstiegs der Methan-Konzentration zu sehen sei und daher erhebliche Klimaprobleme induziere? 5. Wie wird die Landesregierung Anstrengungen unternehmen, auf Grundlage der aktuellen Forschungslage auf eine klimapolitische Bewertung verschiedener Energieträger hinsichtlich der Einbeziehung aller jeweils emittierten Treibhausgase hinzuwirken? Die Fragen 3, 4 und 5 werden zusammen beantwortet: Als wichtigste weltweite Quellen für Methan sind neben natürlichen (z.B. tropische Feuchtgebiete, geologische Quellen, Waldbrände) auch anthropogene Quellen wie die Förderung von Öl und Gas, landwirtschaftliche Aktivitäten, z.B. Reisanbau und Tierhaltung, sowie Abfalldeponien und die Verbrennung von Biomasse zu nennen. Im Hinblick auf die Beiträge der einzelnen Quellen bestehen jedoch noch beträchtliche Unsicherheiten. Aktuelle Untersuchungen legen nahe, dass es in den letzten Jahren zu erhöhten Methanemissionen gekommen ist, die möglicherweise auch auf die Aktivitäten bei der Erdölund Erdgasförderung (insb. Fracking) zurückzuführen sind. In Nordrhein-Westfalen selbst werden keine relevanten Mengen von Erdöl oder Erdgas gefördert. Das Fracking wird nicht angewendet. Deutschland bezieht den Großteil des verwendeten Erdgases aus den Niederlanden, Norwegen und Russland. Eine aktuelle Studie des UBA kommt zu dem Ergebnis, dass die Berücksichtigung der Vorkettenemissionen, die bei der Förderung und Verteilung in den o.g. Ländern entstehen, „die THG-Einsparungen durch eine mögliche Substitution von Kohle und Erdölprodukten durch Erdgas reduzieren, jedoch nicht grundsätzlich etwas an der Vorteilhaftigkeit der Substitution ändern“ [UBA 2018, S.171]. Für die Klimaschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen sind die Methanemissionen, die bei Förderung, Transport und Verteilung von Erdgas entstehen, von nachgeordneter Bedeutung (siehe Antwort zu Frage 1). Aufkommen und Klimawirkung (siehe Antwort zu Frage 2) von Methan finden in den nordrhein-westfälischen THG-Statistiken bereits Berücksichtigung. Darüber hinaus liegen keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die eine Änderung der Bewertung notwendig machen. 1 Bewertung der Vorkettenemissionen bei der Erdgasförderung in Deutschland, UBA 2018