LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2862 15.06.2018 Datum des Originals: 15.06.2018/Ausgegeben: 20.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1052 vom 14. Mai 2018 der Abgeordneten Horst Becker und Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2639 NRW wird abgebaggert: Erlaubt die Landesregierung bald Rohstoffabbau selbst in Wasserschutzgebieten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Abbau nicht-energetischer Rohstoffe, wie Kies und Sand, ist vielerorts mit großen Konflikten verbunden – auch weil Teile der in Nordrhein-Westfalen geförderten Rohstoffe ins Ausland exportiert werden, wofür hier die Heimat zerstört wird. Mit den geplanten Änderungen am Landesentwicklungsplan in Bezug auf den Abbau nichtenergetischer Rohstoffe, riskiert die Landesregierung eine massive Zunahme dieser Konflikte. Nicht nur die Aufhebung der Ausschlusswirkung der in Regionalplänen ausgewiesenen Vorranggebiete für diese Art der Nutzung, sondern auch die Verlängerung der Versorgungsund Reservezeiträume werden die Flächeninanspruchnahme für den Rohstoffabbau deutlich erweitern, zu Lasten von Landschafts- und Anwohnerschutz. Doch es bleibt zu befürchten, dass die Landesregierung in Zukunft selbst den Trinkwasserschutz zum Wohle der Rohstoffindustrie gefährden wird. In dem 2017 zwischen CDU und FDP vereinbarten Koalitionsvertrag heißt es: „Wir wollen Erschwerungen für den Rohstoffabbau im Wasserbereich wieder zurücknehmen. Wir werden daher die Einzelfallprüfung für Rohstoffgewinnung in Schutzzone III wieder zulassen.“ Dazu wäre eine Änderung des Landeswassergesetztes (LWG) notwendig, da dieses in § 35 Abs. 2 in Wasserschutzgebieten nach § 51 Absatz 1 Nummer 1 des Wasserhaushaltsgesetzes die oberirdische Gewinnung von Bodenschätzen verbietet. Konkrete Ge- und Verbote in den unterschiedlichen Schutzzonen von Wasserschutzgebieten regeln auch die Arbeitsblätter W 101 und W 102 des DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V.), welche sich in den einzelnen Wasserschutzgebietsverordnungen widerspiegeln. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2862 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1052 mit Schreiben vom 15. Juni 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. 1. Beabsichtigt die Landesregierung den Schutz des Trinkwassers beim Rohstoffabbau in Schutzgebieten durch eine Änderung der in § 35 Abs. 2 Landeswasserschutzgesetz getroffenen Regelung zu gefährden? Eine Änderung des § 35 Absatz 2 Landeswassergesetz befindet sich in der Abstimmung. Der Schutz des Trinkwassers – bzw. des Grundwassers oder Oberflächengewässers, aus dem Trinkwasser gewonnen wird – vor nachteiligen Einwirkungen im Wasserschutzgebiet entsprechend § 52 Absatz 1 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz wird gewährleistet sein. 2. Gibt es aus Sicht der Landesregierung weitere Hemmnisse bzgl. des Rohstoffabbaus in Wasserschutzgebieten? Der Rohstoffabbau in Wasserschutzgebieten unterliegt nur unter wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten speziellen Anforderungen, im Übrigen aber denselben Anforderungen wie jeder Rohstoffabbau außerhalb eines Wasserschutzgebiets (z.B. naturschutzrechtliche oder immissionsschutzrechtliche Anforderungen). 3. Inwiefern ist der Rohstoffabbau in Schutzzone III mit den einschlägigen Arbeitsblättern W 101 und W 102 der DVGW vereinbar? Das DVGW Regelwerk (Arbeitsblatt W 101) bezeichnet die Gewinnung von mineralischen Rohstoffen innerhalb der Zone II eines Wasserschutzgebietes als „in der Regel nicht tragbar". Das Gewinnen von Rohstoffen und sonstige Abgrabungen mit Freilegungen des Grundwassers in den Schutzzonen II, III und III A hat nach dem DVGW Regelwerk ein „sehr hohes Gefährdungspotenzial", in der Schutzzone III B ein „hohes Gefährdungspotenzial". Das Gewinnen von Rohstoffen und sonstige Abgrabungen ohne Freilegungen des Grundwassers hat der Schutzzone II ein „sehr hohes Gefährdungspotenzial", in den Schutzzonen III und III A ein „hohes Gefährdungspotenzial" und in der Schutzzone III B ein „weniger hohes Gefährdungspotenzial". Das Arbeitsblatt vermeidet bewusst die Bewertung, welche Schlussfolgerungen aus den unterschiedlich bewerteten Gefährdungspotenzialen für eine Regelung in einer Wasserschutzgebietsverordnung zu ziehen sind. 4. Zu welchen Vergrößerungen der Vorranggebiete wird die Verlängerung der Versorgungs- und Reservezeiträume für den Abbau von nicht-energetischen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2862 3 Rohstoffen konkret in den einzelnen Planungsregionen führen? Bitte in Hektar je Regierungsbezirk angeben. Das Rohstoffmonitoring des Geologischen Dienstes NRW zeigt, dass die tatsächliche Inanspruchnahme von Abgrabungsbereichen maßgeblich durch die Rohstoffnachfrage bestimmt wird. Mit der Landesentwicklungsplan-Änderung wird daher im Wesentlichen die Zielsetzung verfolgt, die Planungssicherheit bei der regionalplanerischen Flächenvorsorge für den Rohstoffabbau und insbesondere für Lockergesteine zu erhöhen. Die Landesentwicklungsplan-Änderung knüpft dabei an die Rechtslage des Landesentwicklungsplans von 1995 an, der bereits einen Versorgungszeitraum von 25 Jahren für Lockergesteine vorsah. Die neue Festlegung von Abgrabungsbereichen erfolgt durch die regionalen Planungsträger jeweils erst dann, wenn die Sicherstellung der Rohstoffversorgung dies erfordert. Zeitpunkt und Umfang einer Fortschreibung in den Planungsgebieten liegen in der Planungsverantwortung der regionalen Planungsträger. Hektar-Angaben zu den Auswirkungen der beabsichtigten Landesentwicklungsplan-Änderung in den Planungsgebieten sind deshalb nicht möglich. 5. Welcher Anteil der in Nordrhein-Westfalen geförderten nicht-energetischen Rohstoffe wird ins Ausland exportiert? Bitte getrennt nach Rohstoffart angeben. In ihrer Erhebungssystematik unterscheidet die amtliche Statistik hinsichtlich der in Nordrhein- Westfalen geförderten nicht-energetischen Rohstoffe folgendermaßen: Gewinnung von Naturwerksteinen und Natursteinen, Kalk- und Gipsstein, Kreide und Schiefer Gewinnung von Kies, Sand, Ton und Kaolin Aus Gründen einer besseren Repräsentation umfasst der Berichtskreis bei der Branche der Steine- und Erdenindustrie alle in Nordrhein-Westfalen gelegenen Betriebe mit 10 und mehr tätigen Personen (gegenüber 20 und mehr tätigen Personen von Unternehmen der übrigen Wirtschaftsbereiche). Erfasst werden hierbei nicht die Gewinnungsmengen, sondern die damit erwirtschafteten Umsätze. Gemessen an den Umsätzen hatte im Jahr 2017 der Auslandsumsatz (Quelle: IT.NRW) der Rohstoffgruppe Naturwerksteine und Natursteine, Kalk- und Gipsstein, Kreide und Schiefer einen Anteil am Gesamtumsatz von 3,3 % und der der Rohstoffgruppe Kies, Sand, Ton und Kaolin einen Anteil am Gesamtumsatz von 16,9 %. Vertiefende Angaben zu Exporten einzelner Rohstoffarten sind der amtlichen Statistik nicht zu entnehmen.