LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/287 03.08.2017 Datum des Originals: 01.08.2017/Ausgegeben: 08.08.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 42 vom 3. Juli 2017 der Abgeordneten Sarah Philipp SPD Drucksache 17/102 Gelten für die neue Landesregierung die Regeln der Logik bei der Mietpreisbremse nicht? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Mietpreisbremse wurde in NRW am 1. Juli 2015 eingeführt. Danach darf bei Wiedervermietung von Bestandswohnungen die zulässige Miete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die Landesregierungen wurden ermächtigt, bis zum 31. Dezember 2020 - für höchstens fünf Jahre - Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten auszuweisen, in denen diese Mietpreisbegrenzung gilt. Neubauwohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet werden, fallen nicht unter die Beschränkung. Gleiches gilt für die erste Vermietung einer Wohnung nach umfassender Modernisierung. Die neue Landesregierung hat durch den Koalitionsvertrag von CDU und FDP für 2017-2022 einen konkreten Auftrag für den Bereich des Mietrechts in Nordrhein-Westfalen erhalten. Darin heißt es konkret: „Die Mietpreisbremse hat in Nordrhein-Westfalen ihren Zweck nicht erfüllt. Sie hat nicht die Mieten gebremst, sondern private Investitionen in den Wohnungsbau. Um das Angebot auf dem Wohnungsmarkt zu vergrößern und für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, wollen wir private Investitionen wieder attraktiver machen. Dazu werden wir … die Mietpreisbegrenzungsverordnung aufheben.“ Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 42 mit Schreiben vom 1. August 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/287 2 1. Auf welche konkreten Daten bzw. Informationen stützt sich die Aussage, dass sich die Mietpreisbremse in NRW nicht bewährt habe? 2. Sind solche Daten aufgrund der kurzen Laufzeit der Bestimmungen valide? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Bundesgesetzgeber hat mit Wirkung zum 1. Juni 2015 über das Mietrechtsnovellierungsgesetz (MietNovG) vom 21. April 2015 die Länder ermächtigt, durch Rechtsverordnung für höchstens fünf Jahre Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten auszuweisen, in denen die Vorschriften der sogenannten Mietpreisbremse gelten. Die ehemalige nordrhein-westfälische Landesregierung hat von der Ermächtigungsgrundlage in der 16. Wahlperiode Gebrauch gemacht und eine Verordnung zur Bestimmung der Gebiete mit Mietpreisbegrenzung (MietbegrenzVO NRW) am 1. Juli 2015 in Kraft gesetzt. Es wird darauf hingewiesen, dass die ehemalige Landesregierung jedoch nicht abgegrenzte Teilmärkte, sondern immer ganze Städte in den Regelungsbereich der Verordnung – 22 an der Zahl – aufgenommen hat. Die sogenannte Mietpreisbremse hat bisher die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Im Rahmen einer schriftlichen Anhörung zum Antrag der Fraktion der FDP „Investitionen in den nordrhein-westfälischen Wohnungsmarkt fördern – NRW-Mietpreisbremse außer Kraft setzen“ (Drucksache 16/12353) haben verschiedene Sachverständige – vom Deutschen Mieterbund Nordrhein-Westfalen e.V. bis zum Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland-Westfalen e.V. – dargestellt, dass die Mietpreisbegrenzungsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen bisher nicht die mit ihrer Einführung beabsichtigten Effekte gezeigt hat. Der Deutsche Mieterbund Nordrhein-Westfalen hat in seiner schriftlichen Stellungnahme wie auch andere Sachverständige explizit bereits im Herbst 2016 ausgeführt, dass bereits Erkenntnisse vorlägen, die eine Bewertung der sogenannten Mietpreisbremse zum damaligen Zeitpunkt möglich machten. 3. Inwiefern hemmt die Mietpreisbremse Investitionen in den Wohnungsbau, wenn Neubauten nach dem 1. Oktober 2014 von den Beschränkungen überhaupt nicht betroffen sind? 4. Inwiefern hemmt die Mietpreisbremse Investitionen in den Wohnungsbau, wenn die Beschränkungen auch für die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung überhaupt nicht gelten? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Neubau sowie auch die erstmalige Vermietung nach Modernisierung sind vom Anwendungsbereich der sogenannten Mietpreisbremse ausgenommen. Die weiteren Mieterhöhungsmöglichkeiten in diesen Fällen hängen auch von der Entwicklung der Mieten insgesamt ab und werden naturgemäß bei langfristigen Entscheidungen von Vermieterinnen und Vermietern berücksichtigt. Der Preis eines Gutes entsteht auf einem Markt durch Angebot und Nachfrage. Der Staat kann in diesen Preisbildungsprozess indirekt oder direkt eingreifen. Während indirekte Eingriffe LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/287 3 grundsätzlich eine Marktkonformität aufweisen, führen direkte staatliche Eingriffe zu einem Aussetzen des Preisbildungsmechanismus. Im Zusammenhang mit dem Wohnungsmarkt – ganz allgemein – kann durch direkte staatliche Eingriffe ein Nachfrageüberhang verstärkt werden, der letztlich zu einer mangelnden Bedarfsdeckung führt, weil für Anbieter von Mietwohnungen kein Anreiz mehr besteht, entsprechenden Wohnraum in ausreichender Anzahl zur Verfügung zu stellen. Die Gefahr bei einer solchen Verknappung – ganz allgemein - liegt darüber hinaus in dem Entstehen von Alternativmärkten bzw. Schattenmärkten. Aus Sicht der Landesregierung ist eine isolierte Betrachtung einzelner direkter staatlicher Eingriffe wenig zielführend: Es bedarf einer ganzheitlichen Betrachtung der verschiedenen wohnungswirtschaftlichen Teilmärkte in Nordrhein-Westfalen unter Berücksichtigung der Wirkungen der verschiedenen bisher erlassenen Eingriffsverordnungen eben auf diese Märkte. Darüber hinaus verweist die Landesregierung auf die schriftliche Stellungnahme des Verbandes der mittelständischen Immobilien- und Wohnungswirtschaft e.V. vom 4. Oktober 2016 (Stellungnahme 16/4303), die eine Einschätzung zur Auswirkung der in der Kleinen Anfrage gegenständlichen Verordnung auf das Investitionsverhalten enthält. Letztlich wird nur eine Verbreiterung des Mietwohnungsangebotes zu einer Verbesserung des Wohnungsmarktes und damit zu einer Stärkung der Stellung von Mieterinnen und Mietern am Markt führen. 5. Warum will die CDU-geführte Landesregierung die Mietpreisbremse in NRW nicht zur Anwendung bringen, obwohl sie diese als regierungstragende Fraktion sowohl im Bundestag, als auch im Bundesrat als wichtiges Projekt des dortigen Koalitionsvertrages 2013-2017 maßgeblich mit eingeführt hat? Die Mietpreisbegrenzungsverordnung gilt in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Juli 2015 für die 22 Städte. Der Bundesgesetzgeber hat mit der im Bürgerlichen Gesetzbuch geschaffenen Ermächtigungsgrundlage einen bundesgesetzlichen Rahmen im besten Sinne des bundesstaatlichen Föderalismus geschaffen. Die ehemalige Landesregierung hat von dieser Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht. Auch die aktuelle Landesregierung wird ihrerseits den bundesgesetzlichen Rahmen nutzen. Einen Widerspruch vermag die Landesregierung vor dem Hintergrund des Rechtsrahmens einer Ermächtigungsgrundlage nicht zu erkennen.