LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2914 21.06.2018 Datum des Originals: 21.06.2018/Ausgegeben: 26.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1069 vom 23. Mai 2018 der Abgeordneten Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2677 Wie will die Landesregierung die Fesselung der Windenergie ausgleichen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nordrhein-Westfalen war beim Ausbau Erneuerbarer Energien auf einem vielversprechenden Weg: So konnte der Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch von etwa acht Prozent (2010) auf 12,6 Prozent (2015) erhöht werden. Das Zugpferd ist dabei die Windenergie, mit einem Zuwachs der Stromerzeugung von 69 Prozent. Die Landesregierung schlägt jedoch mit unterschiedlichen Maßnahmen eine Kehrtwende ein: Die Ausweitung des Abstandsgebotes von 1.500 m für Windräder zu Wohnbebauung, der Rückzug aus dem Ausbau von Windenergieanlagen im Wirtschaftswald und dem Erschweren der Installation von PV-Anlagen auf Halden und Deponien. Die eingeleiteten Maßnahmen haben zur Folge, dass der sich durch die in 2017 eingeführten Ausschreibungen um Förderberechtigungen für Windenergieanlagen absehbare Einbruch des Windenergiezubaus in NRW ab dem Jahr 2018, sich massiv verschärfen wird und in NRW weniger Erneuerbarer Strom produziert werden wird, als angestrebt. Dies kostet nicht nur Wertschöpfung in unserem Land, sondern konterkariert auch das im Koalitionsvertrag von 2017 formulierte Ziel der Landesregierung „eine ebenso sichere wie bezahlbare, umweltfreundliche Energieversorgung“ erreichen zu wollen. In 2017 wurden in NRW 307 Windenergieanlagen mit ca. 870 MW installiert. Dagegen wurden Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von nur 195 MW installiert. An diesen Daten wird deutlich, dass der von Minister Pinkwart vorgeschlagene Ersatz des Windenergiezubaus durch einen verstärkten Zubau der Photovoltaik ausgeglichen werden soll, deutlich mehr braucht, als bloße Ankündigungen, wie beispielsweise bei der Verleihung des Deutschen Solarpreises am 16.10.2017 in Wuppertal: „Zukünftig gilt es, das aufgrund der urbanen Struktur Nordrhein- Westfalens mit vielen freien Dachflächen große Potenzial für die Photovoltaik noch besser zu nutzen.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2914 2 Ohne massive Erleichterungen und Anreize auf Landes- wie auf Bundesebene wird es in NRW keine PV-Ausbauzahlen geben, welche den Windenergiezubau in substantiellem Maße ersetzen könnten. Auch die Geothermie wird von der Landesregierung gern als Alternative dargestellt, wie zuletzt im Antrag mit der Drucksachennummer 17/2562. Besonders die Tiefengeothermie steht jedoch in NRW auch wegen ungeklärter Risiken noch ganz am Anfang und wird kurzfristig nicht die zu erwartenden Lücken des Windenergieausbaus ausgleichen können. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 1069 mit Schreiben vom 21. Juni 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, damit Nordrhein-Westfalen seinen Anteil daran hat, wenn der Anteil Erneuerbarer Energien am Strommix in Deutschland bis 2030 auf 65% steigen soll, wie von der Bundesregierung beschlossen? In Nordrhein-Westfalen sind mit Stand 31. Dezember 2017 rund 260.000 erneuerbare Energien-Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 11.000 MW installiert. Der Stromertrag dieser Anlagen trägt mittlerweile rund 15 % des Bruttostromverbrauchs des Landes. In absoluten Zahlen produzieren nur die Länder Niedersachen und Bayern mehr Strom aus erneuerbaren Energien als Nordrhein-Westfalen. Allerdings erfolgte in den letzten Jahren eine einseitige Fokussierung auf die Windenergie, was in weiten Teilen des Landes zu massiven Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung geführt hat. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen setzt sich daher für einen energiepolitischen Neustart ein. Ziel ist es, die Energiewende sicherer, kostengünstiger sowie ökologisch nachhaltiger und somit insgesamt akzeptanzgesichert zu gestalten. Zu der Neuausrichtung gehört auch, dass sämtliche Potentiale technologieoffen in der Betrachtung berücksichtigt werden und eine effiziente, intelligente sowie flexible Vernetzung dieses zunehmend von Erneuerbaren Energien geprägten Energiesystems erfolgt. Eine einseitige Ausrichtung kann nicht gelingen. Insbesondere im Entfesselungspaket II sind konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Erneuerbare Energien beschrieben, die teilweise bereits erfolgreich umgesetzt sind. Ergänzend wird auf die Beantwortung der Frage 2 bis 4 verwiesen. 2. In welcher Weise plant die Landesregierung, durch die vorgesehenen Änderungen am LEP in Bezug auf die Windenergie im Wirtschaftswald wegfallenden Potenzialflächen, durch die verstärkte Nutzung anderer Erneuerbarer Energiequellen zu kompensieren, um auch den weiterhin verbindlichen Vorgaben von § 12 Abs. 3 LPlG NRW i. V. m. §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 KlimaSchG NRW gerecht zu werden? Die Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung für den Klimaschutz bewusst und leistet im Einklang mit den entsprechenden Zielen der EU und des Bundes ihren Beitrag zu den Klimaschutzzielen von Paris. Die Landesregierung unterstützt diese Zielsetzungen durch verschiedene Maßnahmen (siehe auch Antworten auf die Fragen 1, 3, 4 und 5). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2914 3 In diesen Zusammenhang ist auch die Änderung des Landesentwicklungsplans Nordrhein- Westfalen bezüglich der Vorgaben für Standorte für Erneuerbare Energien zu stellen. Politische Zielsetzung dafür ist insbesondere die Akzeptanzsicherung für die Nutzung der Windenergie und damit auch für die Energiewende insgesamt. 3. Welches zusätzliche Potenzial für den Ausbau von Photovoltaik sieht die Landesregierung in welchem Zeitraum durch die von ihr geplanten Änderungen? „Potentialstudie Solarenergie NRW“ des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) ermittelte Potential sowohl für Frei- als auch für Dachflächen aktualisiert. Die Veröffentlichung des Solarkatasters und der aktualisierten, landesweiten Potentiale ist für nach der Sommerpause geplant. 4. Welches zusätzliche Potenzial für den Ausbau von Geothermie sieht die Landesregierung in welchem Zeitraum durch die von ihr geplanten Änderungen? Um die Möglichkeiten der Geothermie in Nordrhein-Westfalen weiter ausschöpfen zu können, bedarf es insbesondere einer genaueren Potentialanalyse. In diesem Zusammenhang wird auf die Plenardebatte und die weitere Beratung zu dem Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP „Wärmepotenziale nutzen – Einsatz der Geothermie erleichtern“ (Drucksache. 17/2562) verwiesen. 5. Welche Perspektiven sieht die Landesregierung für die Nutzung von Biomasse und den Erhalt der Altanlagen? Die Potentiale für die Nutzung von Biomasse für die Stromerzeugung sind angesichts der verfügbaren Fläche und von Nutzungskonkurrenzen begrenzt. In Nordrhein-Westfalen sind aktuell rund 620 Biogasanlagen in Betrieb. Das im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2017 festgelegte Ausschreibungsverfahren für Biomasse gibt auch Bestandsanlagen die Möglichkeit, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen und damit eine Perspektive für den Weiterbetrieb nach Auslaufen der ersten Vergütungsperiode. Die erste Ausschreibungsrunde ist am 1. September 2017 beendet worden. Das Volumen wurde jedoch nur zu einem Drittel ausgeschöpft. Von den 33 eingereichten Geboten stammten zwei aus Nordrhein-Westfalen. Einer Umfrage der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen zur Folge ist das geringe Interesse der Biogasanlagenbetreiber an den Ausschreibungen durch die noch vorhandene Restlaufzeit begründet.