LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2925 25.06.2018 Datum des Originals: 25.06.2018/Ausgegeben: 28.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1080 vom 24. Mai 2018 der Abgeordneten Berivan Aymaz, Sigrid Beer und Josefine Paul BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2694 Minderjährige Kinder und Jugendliche in Landeseinrichtungen für Geflüchtete Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention postuliert das Recht des Kindes auf Bildung. Darin enthalten ist der Besuch der Grundschule als Pflicht für alle Kinder. Im Schulgesetz Nordrhein- Westfalen ist geregelt, dass die Schulpflicht nach Zuweisung in die Kommune eintritt. In den Landesaufnahmeeinrichtungen gilt somit keine Schulpflicht, sondern lediglich ein Schulbesuchsrecht. Je länger der Aufenthalt in einer Landeseinrichtung andauert, umso länger bleiben Kinder und Jugendliche unbeschult. In dem Asyl-Stufenplan des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration vom 24. April 2018 heißt es, dass kurzfristig die „Aufenthaltszeiten für Asylsuchende mit ungeklärter Bleibeperspektive von drei auf bis zu sechs Monate“ verlängert werden und Familien mit minderjährigen Kindern „außerhalb des beschleunigten Verfahrens im vierten Aufenthaltsmonat in die Kommunen – sofern Rückführung, freiwillige Ausreise bzw. Überstellung nach Dublin-Verfahren innerhalb weiterer zwei Monate nicht zu erwarten ist“ den Kommunen zugewiesen werden. Nach einiger Vorbereitung wird die „Aufenthaltszeit in Landeseinrichtungen auf bis zu 24 Monate auf Grundlage von §47 Abs. 1b AsylG bei offensichtlich unbegründeten oder unzulässigen Asylanträgen“ verlängert. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1080 mit Schreiben vom 25. Juni 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet. 1. Wie viele minderjährige Kinder und Jugendliche (6-18 Jahre) sind derzeit in Aufnahmeeinrichtungen des Landes untergebracht? (Bitte nach Landesunterkünften und Herkunftsländern aufschlüsseln.) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2925 2 Eine Auswertung zur Aufenthaltszeit von Asylsuchenden sowie der Anzahl von Kindern in den Landeseinrichtungen ist derzeit noch nicht automatisiert möglich, sondern müsste im Rahmen einer Abfrage jeder einzelnen Einrichtung erfolgen. Erhebung, Aufbereitung und Fehlerkontrolle der Daten sind dabei personalintensiv und extrem zeitaufwendig, insbesondere dann, wenn eine Differenzierung nach verschiedenen Gruppen erfolgen soll. Dies ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Da eine den Anforderungen entsprechende Fachanwendung auf dem Markt nicht zur Verfügung steht, arbeitet die Landesregierung aktuell daran, eine Landesdatenbank als Fachverfahren zur informationstechnischen Unterstützung für Nordrhein-Westfalen in den Bereichen Unterbringung, Versorgung, Verteilung, Zuweisung und Rückführung von Flüchtlingen (DiAs NRW) zu entwickeln. Teil der Datenbank wird auch ein Modul zur automatisierten Auswertung von Informationen zu Asylsuchenden (z.B. Geschlecht, Alter, Familienzugehörigkeit, Aufenthaltsdauer, Asylstatus) in den Landeseinrichtungen sein. 2. Wie viele minderjährige Kinder und Jugendliche (6-18 Jahre), die in Landeseinrichtungen untergebracht sind, besuchen tatsächlich den Unterricht einer Regelschule? (Bitte nach Landesunterkünften und Herkunftsländern aufschlüsseln.) 3. Wie wird bei Kindern und Jugendlichen (6-18 Jahre), die in einer Landeseinrichtung untergebracht sind und die den Unterricht einer Regelschule besuchen, die Übernahme von Fahrtkosten zur Schule sichergestellt? 4. Wie viele minderjährige Kinder und Jugendliche (6-18 Jahre), die schon länger als sechs Monate in einer Landeseinrichtung untergebracht sind, besuchen keine Regelschule? (Bitte nach Landesunterkünften und Herkunftsländern aufschlüsseln und Flüchtlinge mit Prüfung gemäß Dublin-Verordnung gesondert aufführen.) Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 bis 4 gemeinsam beantwortet: Während des Aufenthalts in einer Landeseinrichtung besuchen Kinder und Jugendliche unabhängig von der Aufenthaltsdauer grundsätzlich keine Regelschule, da in dieser Zeit keine Schulpflicht besteht. Nach § 34 Absatz 6 des Schulgesetzes sind Kinder von Asylbewerbern, die einen Asylantrag gestellt haben, schulpflichtig, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind und solange ihr Aufenthalt gestattet ist. 5. Welche Beschulungskonzepte gibt es für Kinder (6-18 Jahre), die in einer Landeseinrichtung untergebracht sind und keine Regelschule besuchen? (Bitte angeben, in welchen Landeseinrichtungen diese Konzepte angewandt werden.) Der Landesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, Kindern und Jugendlichen Bildungsgrundlagen über die bereits bestehenden verpflichtenden Konzepte in allen Landeseinrichtungen hinaus zu ermöglichen. Insbesondere mit der Umsetzung des neuen Asylsystems werden entsprechende Maßnahmen und weiterführende Konzepte geprüft und umgesetzt werden müssen. Inwieweit und in welchem Umfang Bildungsangebote zu LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2925 3 realisieren sein werden, wird derzeit gemeinsam mit dem Ministerium für Schule und Bildung geprüft. Im Rahmen der in der Leistungsbeschreibung für die Betreuungsdienstleistung vorgegebenen Kinderbetreuung müssen in allen Aufnahmeeinrichtungen des Landes aktuell altersangemessene Angebote sowie Aktivitäten im motorischen Bereich durchgeführt werden. Durch spielerische Vermittlung eines Grundwortschatzes wird die Sprachkompetenz der Kinder gefördert. Der Auftragnehmer (Betreuungsdienstleister) hat hierfür ein pädagogisches Konzept zu erstellen, welches eine konfessionsneutrale Kinderbetreuung beinhaltet, die den unterschiedlichen Kulturen, Sprachen, Religionen und Erfahrungen der zu betreuenden Kinder Rechnung trägt und die Interessen verschiedener Altersgruppen berücksichtigt. Nach der aktuellen Leistungsbeschreibung müssen im Rahmen eines Freizeitkonzepts zudem allen Bewohnerinnen und Bewohnern Grundkenntnisse der deutschen Sprache und des Zusammenlebens in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der hier geltenden Verfassungswerte vermittelt werden. Dies gilt insbesondere auch für jugendliche Asylsuchende. Unabhängig davon finden in folgenden neun Landeseinrichtungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geförderte Erstorientierungskurse („Erstorientierung und Deutsch lernen für Asylbewerber“) statt, an denen in der Regel Jugendliche ab 16 Jahren teilnehmen können: ZUE Möhnesee, ZUE Meschede, ZUE Bad Driburg, ZUE Viersen, ZUE Düren, ZUE Euskirchen I, ZUE Euskirchen II, ZUE Schleiden, ZUE Wegberg.