LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2932 25.06.2018 Datum des Originals: 22.06.2018/Ausgegeben: 28.06.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1067 vom 18. Mai 2018 der Abgeordneten Arndt Klocke und Johannes Remmel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2675 Umgang mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu möglichen Fahrverboten Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit der Entscheidung vom 27. Februar 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht über die Zulässigkeit von Fahrverboten entschieden und somit eine verbindliche Rechtsgrundlage für Maßnahmen der Luftreinhalteplanung geschaffen. Damit wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 2016 rechtskräftig, welches das Land zur „schnellstmöglichen Einhaltung des über das Kalenderjahr gemittelten Grenzwertes für NO2 in Höhe von 40 µg/m³“ für das Stadtgebiet von Düsseldorf verpflichtet. Ministerpräsident Armin Laschet hat am 09.03.2018 in einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass er Fahrverbote als Maßnahmen der Luftreinhalteplanung als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig einstuft. Diese Haltung habe er die Bezirksregierungen „wissen lassen“. Wörtlich sagte der Ministerpräsident zur Einschätzung des BVG-Urteils und Fahrverboten: „…Politisch wollten wir sie ohnehin nicht, das steht im Koalitionsvertrag, jetzt halte ich sie unter diesem Aspekt auch für rechtswidrig, weil Verhältnismäßigkeit das leitende Prinzip sein soll. Wir haben diese Haltung auch die Bezirksregierungen wissen lassen, in den letzten Tagen, dass das die Auffassung der Landesregierung ist.“ Laut Aussage der Bezirksregierung Düsseldorf ist aber bislang keine entsprechende Weisung erfolgt. Dennoch ist fraglich, ob nach diesen Äußerungen des Ministerpräsidenten noch eine ergebnisoffene Prüfung zur Umsetzung des Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf in der zuständigen Behörde stattfinden kann. Da der Ministerpräsident sowohl Fahrverbote als auch die verbrauchergerechte Hardware- Nachrüstung ausschließt und die bisher vorgestellten Maßnahmen der Landesregierung nicht ausreichen, um die Gesundheit der Menschen zu schützen und die Einhaltung der Grenzwerte kurzfristig sicher zu stellen, stellt sich die Frage, wie die Luftreinhalteziele aus Sicht der Landesregierung kurzfristig erreichbar sind und welche Maßnahmen sie dafür ergreift. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2932 2 Der Ministerpräsident hat die Kleine Anfrage 1067 mit Schreiben vom 22. Juni 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, dem Minister für Verkehr und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen beantwortet. 1. Auf welcher fachlich juristischen Grundlage aus dem fachlich zuständigen Ministerium für immissionsrechtliche Fragen hat der Ministerpräsident sich seine Meinung in Bezug auf Fahrverbote „…jetzt halte ich sie unter diesem Aspekt auch für rechtswidrig“ gebildet? Meine Meinungsbildung erfolgte auf Grundlage der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2018 sowie der fachlichen und juristischen Berichterstattung über Ausführungen des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht bei der Urteilsverkündung. 2. Hat die Landesregierung – das zuständige Fachministerium und/oder die Staatskanzlei – zur Bewertung des BVG-Urteils gutachterliche Expertise und Unterstützung eingeholt? 3. Liegt der Aussage des Ministerpräsidenten in der Pressekonferenz vom 9.3.2018 eine schriftliche juristische Aussage durch eine Vorlage aus der Staatskanzlei vor? Die Fragen 2. und 3. werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung hat zur Bewertung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 außerhalb der Begleitung des Gerichtsverfahrens durch die von ihr beauftragten Rechtsanwälte keine gutachterliche Expertise oder Unterstützung eingeholt. Eine schriftliche juristische Aussage durch Vorlage aus der Staatskanzlei lag der zitierten Aussage nicht zugrunde. 4. Auf welche Weise hat die Landesregierung und der Ministerpräsident welche Auffassungen in Bezug auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die Bezirksregierungen wissen lassen? Die Ressorts der Landesregierung sowie die nachgeordneten Behörden pflegen einen regelmäßigen Austausch über die jeweiligen aktuellen Kenntnisstände sowie die rechtliche Bewertung dieser Kenntnisstände durch die Beteiligten, und zwar sowohl auf Arbeitsebene als auch im Rahmen turnusmäßiger Besprechungen mit den Regierungspräsidentinnen und dem Regierungspräsidenten. Gegenüber den für die Erstellung der Luftreinhaltepläne zuständigen Bezirksregierungen ist die Kommunikation der aktuellen Rechtsauffassung der Landesregierung im Rahmen von Dienstbesprechungen erfolgt. Im Rahmen eines turnusmäßigen Gesprächs von Umweltstaatssekretär Dr. Bottermann und den Regierungspräsidentinnen und dem Regierungspräsidenten am 8. März 2018 wurden u.a. auch die Sachstände zur Luftreinhaltung in verschiedenen Städten Nordrhein-Westfalens erörtert. Die dargelegte Rechtsauffassung der Landesregierung ist der Allgemeinheit unter anderem mit den Pressemitteilungen des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 27. Februar und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2932 3 14. März dieses Jahres bekannt gemacht worden. Zudem habe ich die Rechtsauffassung der Landesregierung in einer Unterrichtung gegenüber dem Landtag am 21. März 2018 erläutert. 5. Die Aussagen des Ministerpräsidenten „Wir haben diese Haltung auch die Bezirksregierungen wissen lassen, in den letzten Tagen, dass das die Auffassung der Landesregierung ist.“ legen nahe, dass der Ministerpräsident nach Artikel 55 der Verfassung des Landes NRW von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht hat und die fachliche Zuständigkeit für den Vollzug des Immissionsrechtes der zuständigen Fachministerin entzogen hat. Trifft dies zu? Nein.