LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/2962 28.02.2018 Datum des Originals: 28.06.2018/Ausgegeben: 03.07.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1102 vom 1. Juni 2018 des Abgeordneten Herbert Strotebeck AfD Drucksache 17/2738 Anzahl und Staatsangehörigkeit der Personen mit EU-Aufenthaltskarte in NRW Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) meldete am 29. Mai 2018 zum Thema EU- Aufenthaltskarte1: „Trotz interner Warnhinweise soll die Berliner Ausländerbehörde jahrelang Aufenthaltskarten für Nigerianer ausgefertigt haben – auf der Grundlage gefälschter Dokumente. […] Die inzwischen vor dem Berliner Landgericht angeklagte Bande wandte immer wieder den gleichen Trick an: Ein Paar, das sich als portugiesisch-nigerianisches Ehepaar ausgibt, erscheint in der Berliner Ausländerbehörde […]. Die Frau beantragt für den nigerianischen Mann eine "Aufenthaltskarte für Familienangehörige von Bürgern der EU", eine so genannte "EU-Aufenthaltskarte" - die sie auch bekommen. Die EU-Aufenthaltskarte bescheinigt dem Nigerianer das Recht auf Einreise und Aufenthalt in Deutschland. […] Die Eheurkunden wurden meistens zuvor in Nigeria gefälscht. Die deutschen Arbeitsverträge und Lohnbescheinigungen der portugiesischen "Ehefrau" wurden von einer ehemaligen Bordellbesitzerin in Berlin angefertigt, […].“2 Die Rheinische Post berichtete am 30. Mai: „Ein beträchtlicher Teil der in Berlin gemeldeten nigerianischen Staatsbürger soll sich so den Aufenthaltstitel illegal erschlichen haben.“ Nach RBB-Informationen stieg die Zahl der sogenannten EU-Aufenthaltskarten bundesweit um ungefähr 100 Prozent von 30.437 im Jahr 2014 auf 59.396 im Jahr 2017 (bis Oktober). In Berlin hatten im Jahre 2014 fast 3.000 Nicht-EU-Bürger eine solche EU-Aufenthaltskarte, im Jahr 2017 waren es 5.403. Diese Daten sind laut RBB „nur mit großer Mühe und unter Berufung auf das Presserecht von den zuständigen Behörden zu erfahren.“3 Der RBB hat 1 https://service.berlin.de/dienstleistung/324282/ 2 https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2018/05/berlin-auslaenderbehoerde-ignoriert-hinweisebetrug .html 3 Ebd. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2962 2 weitere, bisher unbeantwortete Fragen: „Doch woher kommen diese Menschen alle, und mit Partnern welcher EU-Länder sind sie verheiratet? Diese Frage konnte bis jetzt keine der zuständigen Behörde beantworten, obwohl der rbb zu diesem Thema zahlreiche Anfragen stellte.“4 Das Auswärtige Amt hat bereits im Jahre 2010 das Legalisationsverfahren für Dokumente aus Nigeria gestoppt. Dies bedeutet, dass die Richtigkeit aller Urkunden aus Nigeria grundsätzlich in Frage gestellt werden muss. Die Berliner Ausländerbehörde hat nach Bekanntwerden der Fälschungen nun begonnen, die entsprechenden Dokumente „besonders intensiv zu prüfen“.5 Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1102 mit Schreiben vom 28. Juni 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viele Nicht-EU-Bürger besitzen in NRW eine sogenannte EU-Aufenthaltskarte (bitte aufschlüsseln nach Anzahl von 2014 bis heute)? Die Statistik zum Ausländerzentralregister (AZR) weist hierzu für Nordrhein-Westfalen folgende Daten aus: Stand Aufenthaltskarten für Angehörige von Unionsbürgern (§ 5 Abs. 1 FreizügG/EU) Daueraufenthaltskarten für Angehörige von Unionsbür-gern (§ 5 Abs. 5 S. 2 FreizügG/EU) 31.12.2014 7.112 4.534 31.12.2015 9.115 5.074 31.12.2016 11.659 5.726 31.12.2017 14.094 6.239 30.04.2018 15.004 6.425 2. Aus welchen Ländern stammen die EU-Partner der mit EU-Aufenthaltskarte ausgestatteten Personen in NRW (bitte auf-schlüsseln nach Staatsangehörigkeit und Anzahl)? Da entsprechende Verknüpfungen der Daten von Personen im Besitz von Aufenthaltskarten für Nicht-EU-Bürger mit den Daten der Unionsbürger im AZR nicht vorgenommen werden können, ist eine Beantwortung dieser Frage nicht möglich. 3. Aus welchen Ländern stammen die mit einer EU-Aufenthaltskarte ausgestatteten Ausländer in NRW (bitte aufschlüsseln nach Staatsangehörigkeit und Anzahl)? Zur Beantwortung der Frage ist eine Sonderauswertung des Ausländerzentralregisters erforderlich. Auf Nachfrage hat das für die Registerführung zuständige Bundesamt für 4 Ebd. 5 Ebd. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/2962 3 Migration und Flüchtlinge (BAMF) mitgeteilt, dass eine entsprechende Auswertung des AZR derzeit nicht möglich ist. 4. Gibt es bei den Ausländerbehörden in NRW aktuell Erkenntnisse über Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von EU-Ausländerkarten? Verschiedene Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen haben im Zusammenhang mit der Prüfung der Freizügigkeitsberechtigung von drittstaats-angehörigen Ehegatten von Unionsbürgern über Einzelfälle berichtet, in denen der Verdacht des Missbrauchs der Freizügigkeit besteht. Diesen Fällen gehen die Ausländerbehörden nach und prüfen, ob die Voraussetzungen für das Bestehen eines Aufenthaltsrechts nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU vorliegen. 5. Stellen die Ausländerbehörden in NRW die Richtigkeit aller Urkunden aus Nigeria grundsätzlich in Frage? Aufgrund fehlender Urkundensicherheit wurde die Legalisation von öffentlichen Urkunden aus Nigeria durch das Auswärtige Amt im Mai 2000 eingestellt. Stattdessen erfolgt eine Überprüfung der nigerianischen Dokumente in Amts- bzw. Rechtshilfe für deutsche Behörden und Gerichte. Diese Überprüfung im Herkunftsland mit Hilfe von Kooperationsanwälten und nach Bewertung durch die Konsularbeamten soll als Entscheidungshilfe für die inländischen Behörden dienen.