LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3045 04.07.2018 Datum des Originals: 04.07.2018/Ausgegeben: 09.07.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1070 vom 18. Mai 2018 der Abgeordneten Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2678 Windenergieanlagen im Wirtschaftswald: Redet die Landesregierung ein Umweltschutzproblem herbei? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung möchte in Zukunft Windenergieanlagen im Wirtschaftswald nur noch in Ausnahmefällen zulassen. Dazu schlägt sie eine Änderung am Landesentwicklungsplan vor. Begründet wird dies damit, dass die Windenergienutzung auf Waldflächen nicht naturverträglich möglich sei. Bisher ermöglichen Regelungen im Landesentwicklungsplan und im Windenergieerlass in Nordrhein-Westfalen unter besonderen Voraussetzungen den Bau von Windenergieanlagen auf forstwirtschaftlich genutzten Flächen und nur wenn wichtige ökologische Funktionen des Waldes nicht beeinträchtigt werden. Ökologisch wertvolle Waldgebiete waren dabei schon immer tabu. Auch aus Sicht von Naturschutzverbänden ermöglichen die bestehenden Regelungen einen angemessenen Ausgleich zwischen Klima- und Naturschutz (vgl. Ausschussprotokoll 17/159). Die energie- und klimapolitischen Zielsetzungen des Landes NRW sind in puncto Ausbau der Erneuerbaren Energien und Reduktion von Treibhausgasemissionen ohne eine verantwortungsvolle Inanspruchnahme von Waldflächen nicht erreichbar. Daher ist es wichtig, einen aktuellen Überblick über die bisherige Nutzung von Waldflächen für Windenergie zu erhalten, ebenso wie eine Aufstellung durchgeführter Ausgleichsmaßnahmen. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 1070 mit Schreiben vom 4. Juli 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3045 2 Vorbemerkung der Landesregierung Zur Beantwortung der Fragestellungen der Kleinen Anfrage 1070 wurden aktuelle Zahlenangaben des administrativ auf der Grundlage des Landesforstgesetzes Nordrhein- Westfalen für Waldflächen in Nordrhein-Westfalen zuständigen Landesbetriebs Wald und Holz NRW herangezogen. Wald und Holz NRW erhebt in regelmäßigem Turnus zum 1. März und 1. September eines Jahres die jeweils aktuellen Daten zu laufenden Flächennutzungsplanungen der Kommunen bezüglich Windenergie, sowie zur Genehmigung des Baues von Windenergieanlagen (WEA) im Außenbereich i.V.m. § 4 Genehmigung von WEA nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Ein Vorhaben wird dann erfasst, wenn die untere Forstbehörde als Träger öffentlicher Belange in das Verfahren eingebunden wird. Eine zwingende Meldung, wann die WEA in Betrieb gehen, besteht nicht. Diese Ergebnisse werden jährlich mit der Fachagentur Windenergie an Land e.V. abgeglichen, die deutschlandweit Betriebsmeldungen der Bundesnetzagentur / Deutschen Windguard GmbH sammelt und pflegt. 1. Wie viele Windenergieanlagen, die bis zum Zeitpunkt der Anfrage errichtet wurden, stehen auf forstwirtschaftlich genutzten Flächen in NRW? (Bitte getrennt für alle Kreise und kreisfreien Städte angeben) Nach Angaben von Wald und Holz NRW werden mit Stand 31.12.2017 in Nordrhein-Westfalen 67 Windenergieanlagen im Wald betrieben. Weitere 12 Anlagen befinden sich im Bau. Bei 18 WEA ist der BImSchG-Antrag genehmigt, für 61 WEA wurde eine BImSchG-Genehmigung beantragt. Die getrennte Aufstellung nach Kreisen und Kreisfreien Städten ist als Anlage 1 beigefügt. Zur Beantwortung wird ergänzend auf die Vorbemerkung der Landesregierung hingewiesen. 2. Wie viele Hektar Wald sind für die Errichtung von Windenergieanlagen in forstwirtschaftlich genutzten Flächen abgeholzt worden? Im Falle der Genehmigung und der Errichtung von WEA im Wald werden die Fundamentfläche, die Kranstellfläche, die Kranauslegerfläche und Arbeitsbereiche forstrechtlich einer Waldumwandlung unterzogen. Sie verlieren somit den Status Wald im Sinne des Bundeswaldgesetzes. Für die oben genannten 67 WEA wurde insgesamt eine Fläche von 18,49 ha gerodet und somit umgewandelt. Dies entspricht einer durchschnittlichen Fläche von 0,28 Hektar je Windenergieanlage im Wald. Durch die bereits genehmigten und zur Genehmigung beantragten WEA (siehe Antwort zu Frage 1) entsteht ein weiterer Flächenanteil von rechnerisch rund 25 ha. Im Zuge der Errichtung von WEA im Wald werden gleichzeitig Flächen für Zuwegungen, Materiallager und Arbeitsbereiche benötigt. Deren Größe liegt bei durchschnittlich 0,35 ha bis 0,45 ha. Diese Flächen behalten ihren Waldstatus, werden nur befristet umgewandelt und nach Abschluss der Arbeiten rekultiviert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3045 3 3. Welcher Anteil davon wäre während der voraussichtlichen Betriebszeit der jeweiligen Windenergieanlagen von in der Regel 20 Jahren auch ohne die Errichtung der Anlagen geschlagen worden? Eine summarisch exakte Beantwortung dieser Fragestellung ist nur mit Betrachtung eines jeden Einzelfalles möglich. Die nachträgliche Betrachtung eines jeden Einzelfalls scheidet aber aus zeit- und verwaltungstechnischen Gründen aus. 4. Wie viele Hektar sind als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die Errichtung von Windenergieanlagen wieder aufgeforstet worden (bitte getrennt nach WEA im Wald und auf Freiflächen angeben)? Detailinformationen zu den in der Frage thematisierten Maßnahmen sind Inhalt der einzelnen Genehmigungsbescheide und können nicht ohne erheblichen Rechercheaufwand einzelanlagenweise oder getrennt nach Wald oder Freiflächen dargestellt werden. 5. Wie ist die ökologische Wertigkeit der Aufforstungen im Vergleich zu den vorher geschlagenen Flächen nach Ansicht der Landesregierung kurz-, mittel- und langfristig zu beurteilen? Der mit der Errichtung von Windenergieanlagen im Wald stets einhergehende Eingriff in das Ökosystem ist regelmäßig forst-, natur- sowie artenschutzfachlich zu bewerten sowie zu kompensieren. Durch die Kombination der hierdurch veranlassten Kompensationserfordernisse werden in der Regel diese Aufforstungen mit Laubholzmischbeständen ausgeführt, die nach einem anfänglichen Funktionsverlust mitteloder langfristig eine hohe ökologische Wertigkeit erwarten lassen. Im Wesentlichen lässt sich die Wertigkeit nur im konkreten Einzelfall und in Abhängigkeit der vorherigen Bewirtschaftung beurteilen. Eine nachgelagerte Bewertung oder ein Monitoring der Aufforstungsflächen erfolgen regelmäßig nicht. Die Errichtung von Windenergieanlagen – stellt auch im Wald und gerade in bewaldeten Höhenzügen – einen gewichtigen Eingriff in das Landschaftsbild dar. Windenergieanlagen aktueller Bauart beeinträchtigen das Landschaftsbild erheblich im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Dieser Eingriff kann im Regelfall nicht vollständig, sondern allenfalls teilweise durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert werden. Anlage 1: Auflistung der WEA nach Kreisen und Kreisfreien Städten Tabelle 1: Anzahl in Betrieb befindlicher WEA im Wald Kreis kreisfreie Stadt Anzahl WEA imWald Gültige Genehmigungen in Betrieb Euskirchen in Betrieb 10 Hochsauerlandkreis in Betrieb 3 Kreis Olpe in Betrieb 9 Siegen-Wittgenstein in Betrieb 22 Märkischer Kreis in Betrieb 3 Oberbergischer Kreis in Betrieb 2 Recklinghausen in Betrieb 3 Aachen Städteregion in Betrieb 7 Steinfurt in Betrieb 7 Wesel in Betrieb 1 Summe: in Betrieb 67 Tabelle 2: Anzahl im Bau befindlicher WEA im Wald mit gültiger Genehmigung nach BImSchG Kreis kreisfreie Stadt Anzahl WEA imWald Gültige Genehmigungen im Bau Siegen-Wittgenstein im Bau 3 Aachen Städteregion im Bau 4 Euskirchen im Bau 5 Summe: im Bau 12 Tabelle 3: Anzahl WEA im Wald mit gültiger Genehmigung nach BImSchG Kreis kreisfreie Stadt Anzahl WEA imWald Gültige Genehmigungen BImSchgenehmigt Ennepe-Ruhr-Kreis BIMSch genehmigt 1 Wesel BIMSch genehmigt 3 Aachen Städteregion BIMSch genehmigt 7 Siegen-Wittgenstein BIMSch genehmigt 7 Summe: BIMSch genehmigt 18 Tabelle 4: Anzahl WEA im Wald beantragte Genehmigung nach BImSchG Kreis kreisfreie Stadt Anzahl WEA imWald Genehmigungen nach BImSCHG beantragt Hochsauerlandkreis BIMSch beantragt 54 Märkischer Kreis BIMSch beantragt 3 Rhein-Sieg-Kreis BImSch beantragt 4 Summe: BImSch beantragt 61 Angaben basierend auf Informationen des Landesbetriebs Wald und Holz NRW aus Juni 2018