LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3046 04.07.2018 Datum des Originals: 04.07.2018/Ausgegeben: 09.07.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1072 vom 18. Mai 2018 der Abgeordneten Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2686 Windenergie im Wirtschaftswald vor dem Aus? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Aktivitäten der Landesregierung zur Fesselung der Windenergie schreiten weiter voran. Bisher ermöglichen Regelungen im Landesentwicklungsplan und im Windenergie-Erlass in Nordrhein-Westfalen unter besonderen Voraussetzungen den Bau von Windenergieanlagen auf forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Ökologisch wertvolle Waldgebiete waren dabei schon immer tabu. Durch die geplanten Änderungen im Landesentwicklungsplan wird den Kommunen der Eindruck vermittelt, es sei in Zukunft nur noch begrenzt möglich, Windenergieanlagen auf forstwirtschaftlich genutzten Flächen zu genehmigen. Faktisch werden die Kommunen auch in Zukunft Waldflächen bei der Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie in ihre Abwägung miteinbeziehen müssen, um gerichtsfeste Flächennutzungspläne erstellen zu können. Dass eine Behandlung aller Waldflächen als harte Tabuzone, in denen die Windenergienutzung ausgeschlossen ist, bei der Erstellung eines Plankonzeptes für die Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung rechtswidrig wäre, ergibt sich u.a. aus dem Urteil des OVG Münster zum Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Haltern am See (Urteil vom 22.9.2015, AZ: 10 D 82/13.NE). Aus dem Urteil des OVG Münster (Urteil vom 6.3.2018, AZ: 2 D 95/15.NE) gegen den Flächennutzungsplan der Stadt Bad Wünnenberg lässt sich zudem ableiten, dass weder generelle Verbote von Wind im Wald auf Ebene der Regionalplanung, noch die Formulierung im LEP von 1995, zu welcher die Landesregierung in Zukunft zurückkehren möchte, die Einstufung von Waldflächen als harte Tabuzonen rechtfertigen können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3046 2 Da die Landesregierung trotz Kenntnis dieser Urteile die Rückkehr der Formulierung im Landesentwicklungsplan von 1995 plant, liegt die Vermutung nahe , dass der Änderungsvorschlag im LEP weniger auf eine rechtssichere landesweit einheitliche Regelung abzielt, als vielmehr die Verunsicherung bei den beteiligten Akteuren erhöhen soll. Fakt ist: ohne die weiterhin abgewogene und verantwortungsvolle Inanspruchnahme von forstwirtschaftlichen Flächen werden Nordrhein-Westfalens Ausbauziele bei der Windenergie unerreichbar. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 1072 mit Schreiben vom 4. Juli 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Zur Beantwortung der Fragestellungen der Kleinen Anfrage 1072 wurden aktuelle Zahlenangaben des administrativ auf der Grundlage des Landesforstgesetzes Nordrhein- Westfalen für Waldflächen in Nordrhein-Westfalen zuständigen Landesbetriebs Wald und Holz NRW herangezogen. Wald und Holz NRW erhebt in regelmäßigem Turnus zum 1. März und 1. September eines Jahres die jeweils aktuellen Daten zu laufenden Flächennutzungsplanungen der Kommunen bezüglich Windenergie, sowie zur Genehmigung des Baues von WEA im Außenbereich i.V.m. § 4 Genehmigung von WEA nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Ein Vorhaben wird dann erfasst, wenn die untere Forstbehörde als Träger öffentlicher Belange in das Verfahren eingebunden wird. Eine zwingende Meldung, wann die WEA in Betrieb gehen, besteht nicht. Diese Ergebnisse werden jährlich mit der Fachagentur Windenergie an Land e.V. abgeglichen, die deutschlandweit Betriebsmeldungen der Bundesnetzagentur / Deutschen Windguard GmbH sammelt und pflegt. 1. Bei wie vielen Windenergieanlagen, die sich derzeit in Planung oder im Genehmigungsprozess befinden, handelt es sich um Windenergieanlagen auf forstwirtschaftlich genutzten Flächen? (Bitte getrennt für alle Kreise und kreisfreien Städte angeben) Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW berichtet entsprechend ihm vorliegender Daten (Stand 01.03.2018) zu laufenden Flächennutzungsplanungen der Kommunen bezüglich Windenergie sowie zur Genehmigung des Baues von Windenergieanlagen (WEA) im Außenbereich i.V.m. § 4 Genehmigung von WEA nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), dass sich 12 Anlagen mit BImSchG-Genehmigung im Bau befinden. Bei 18 WEA ist der BImSchG-Antrag genehmigt, für weitere 61 WEA wurde eine BImSchG-Genehmigung beantragt. Die getrennte Aufstellung nach Kreisen und Kreisfreien Städten ist als Anlage 1 beigefügt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3046 3 2. Wie viele gültige Genehmigungen nach BImSchG existieren derzeit für Windenergieanlagen auf forstwirtschaftlich genutzten Flächen? (Bitte getrennt für alle Kreise und kreisfreien Städte angeben) Zum 31.12.2017 befanden sich 67 WEA im Wald mit erteilter BImSchG-Genehmigung in Betrieb. Hinzu kommen die unter Antwort zu Frage 1 genannten bereits genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten WEA im Wald. Die getrennte Aufstellung nach Kreisen und Kreisfreien Städten ist als Anlage 1 beigefügt. 3. Welche Auswirkungen haben die von der Landesregierung geplanten Änderungen im Landesentwicklungsplan auf in Planung und im Genehmigungsprozess befindliche Windenergieanlagen auf forstwirtschaftlich genutzten Flächen? 4. Welche Schlussfolgerungen wird die Landesregierung aus den Urteilen zu den Flächennutzungsplänen der Stadt Haltern am See und der Stadt Bad Wünnenberg ziehen, insbesondere im Hinblick auf die geplante Änderung von Ziel 7.3-1 des Landesentwicklungsplans bzw. was empfiehlt die Landesregierung planenden Kommunen als Konsequenz daraus? Die Fragen 3 und 4, die im Sachzusammenhang stehen, können nicht abschließend beantwortet werden, da derzeit das Beteiligungsverfahren zur Änderung des Landesentwicklungsplans NRW (LEP) anhängig ist. Nach dessen Abschluss sind zunächst die eingegangenen Stellungnahmen auch im Lichte der erwähnten Urteile auszuwerten, bevor der LEP-Entwurf dem Landtag zur Zustimmung vorgelegt wird. 5. Welche Unterstützung bietet die Landesregierung den planenden Kommunen an, um in dem immer schwerer werdenden Planverfahren die richtigen Flächenbewertungen samt Ausschlüsse zu finden, damit eine möglichst hohe Rechtssicherheit gegeben ist? Am 23. Mai 2018 ist der geänderte Windenergie-Erlass in Kraft getreten. Seine Aufgabe ist es zu zeigen, welche planerischen Möglichkeiten bestehen, einen geordneten Ausbau der Windenergienutzung mit mehr Akzeptanz zu gestalten und Hilfestellung zur rechtmäßigen Einzelfallprüfung zu leisten. Der Erlass besitzt für alle nachgeordneten Behörden verwaltungsinterne Verbindlichkeit. Für die Gemeinden als Trägerinnen der Planungshoheit ist der Windenergie-Erlass Empfehlung und Hilfe zur Abwägung. Für Investitionswillige, sowie Bürgerinnen und Bürger zeigt er den Rechtsrahmen auf, gibt Hinweise zu frühzeitigen Abstimmungsmöglichkeiten mit den Behörden und trägt somit zur Planungs- und Investitionssicherheit bei.