LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3123 10.07.2018 Datum des Originals: 10.07.2018/Ausgegeben: 13.07.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1147 vom 12. Juni 2018 der Abgeordneten Eva Lux und Ibrahim Yetim SPD Drucksache 17/2860 Doppelte Staatsbürgerschaft – Was plant die Landesregierung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In seiner Rede auf der Veranstaltung „25 Jahre Brandanschlag in Solingen. Vielfalt schätzen – Rassismus ächten!“ am 28. Mai 2018 in Köln, sagte Minister Stamp, dass er die doppelte Staatsbürgerschaft für die 1. Generation der Gastarbeiter ermöglichen möchte. Zuvor hatte er sich bereits im Interview mit dem General-Anzeiger vom 20. November 2017 (http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/Joachim-Stamp-%E2%80%9EWirm %C3%BCssen-konsequenter-zur%C3%BCckf%C3%BChren%E2%80%9Carticle 3705332.html) für eine Änderung ausgesprochen. So antwortete er auf die Frage, wie seine Haltung zur doppelten Staatsbürgerschaft sei: „Ich werbe für einen pragmatischen Kompromiss: Wie in anderen modernen Einwanderungsländern sollten wir die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft einräumen. Aber sie sollte nicht über die Enkelgeneration hinaus vererbt werden.“ Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1147 mit Schreiben vom 10. Juli 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viele Menschen in Nordrhein-Westfalen haben in den Jahren 2016 und 2017 die doppelte Staatsbürgerschaft beantragt? Bitte auflisten nach den Herkunftsländern der Antragsteller und dem Ausgang des Beantragungsverfahrens. Antragszahlen werden statistisch nicht erfasst. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3123 2 Nach der amtlichen Einbürgerungsstatistik von IT NRW wurden in den Jahren 2016 und 2017 Personen aus den folgenden Hauptherkunftsländern unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eingebürgert (die jeweilige Gesamtzahl der Eingebürgerten ist in Klammern aufgeführt): 2016 2017 Polen 1.632 (1.632) 1.628 (1.628) Türkei 1.555 (5.052) 1.520 (4.425) Marokko 1.108 (1.108) 1.075 (1.075) Griechenland 1.019 (1.019) 1.006 (1.006) Irak 897 (1.234) 1.009 (1.334) Italien 759 (759) 912 (919) Iran 798 (798) 811 (811) Kosovo 753 (1.283) 767 (1.343) Syrien 702 (702) 808 (808) Vereinigtes Königreich 683 (684) 1.741 (1.741) Libanon 433 (433) 373 (373) Hierzu ist anzumerken, dass eine Reihe von ausländischen Staaten regelmäßig die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit verweigert, so dass in diesen Fällen stets Mehrstaatigkeit bei der Einbürgerung hinzunehmen ist. Betroffen sind z.B. Staatsangehörige aus Marokko, Syrien und dem Libanon (s. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Staatsangehörigkeitsgesetz). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass in der amtlichen Einbürgerungsstatistik unter „Fortbestand der Staatsangehörigkeit“ zum Teil auch Personen erfasst sind, die zum Zeitpunkt der Einbürgerung noch im Besitz ihrer Herkunftsstaatsangehörigkeit waren, da sie diese auf Grund der Vorgaben des ausländischen Staatsangehörigkeitsrechts erst später aufgeben konnten. Dies führt nach der Aufgabe der ausländischen Staatsbürgerschaft zu einer nachträglichen Verringerung der Zahl der eingebürgerten Personen mit mehrfacher Staatsangehörigkeit. Dieses betrifft insbesondere türkischstämmige Eingebürgerte, die nach dem Ergebnis einer Abfrage bei den Einbürgerungsbehörden in Nordrhein-Westfalen nur in geringer Zahl (2016: 216; 2017: 168) dauerhaft Mehrstaater bleiben. 2. Welche Vorstellung hat die Landesregierung von einer Reform der doppelten Staatsbürgerschaft? Bitte aufführen, für wen sie unter welchen Voraussetzungen gelten soll. 3. Plant die Landesregierung eine Initiative zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes für den Bundesrat? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3123 3 Die Landesregierung sieht die Notwendigkeit, die Lebensleistung der ersten Einwanderergeneration, sog. „Gastarbeiter-/ Vertragsarbeitergeneration“, bei der Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts stärker zu berücksichtigen. Bei der 13. Integrationsministerkonferenz (IntMK) am 15./16.März 2018 haben sich - auf Vorschlag von Nordrhein-Westfalen - die für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren dafür ausgesprochen zu prüfen, in wieweit bei der ersten Einwanderergeneration die Einbürgerung auch unter Beibehaltung ihrer Herkunftsstaatsangehörigkeit vorzunehmen ist. Die IntMK hat eine länderoffene Arbeitsgruppe eingerichtet, in der u.a. diese Fragestellung bearbeitet werden soll. Die Prüfung der Initiierung einer Bundesratsinitiative bleibt dem weiteren Fortgang vorbehalten. 4. Wann startet die im Koalitionsvertrag von CDU und FDP angekündigte Einbürgerungskampagne? Die konzeptionelle Planung einer effektiven Einbürgerungskampagne erfordert eine Bestandsaufnahme und Analyse verschiedener Aspekte. Hierzu zählen zum Beispiel die Definition von Zielgruppen, Kommunikationsstrategien und die Prüfung der Einbeziehung der Einbürgerungsbehörden. Die ersten Aktivitäten zur Vorbereitung der Kampagne haben bereits stattgefunden. So wurde z.B. ein Workshop über die Voraussetzungen zur Realisierung einer Kampagne mit kommunalen Praktikern aus diversen Einbürgerungsbehörden durchgeführt. 5. Wie viele Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft leben in NRW? Bitte aufschlüsseln nach der nicht-deutschen Staatsbürgerschaft Die tatsächliche Gesamtzahl der aktuell in Nordrhein-Westfalen lebenden Deutschen, die zugleich eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen, ist nicht bekannt. Da sie deutsche Staatsangehörige sind, werden sie nicht im Ausländerzentralregister geführt. Es ist auch nicht möglich, aus dem Melderegister die Zahl derjenigen abzurufen, die im Register mit mehreren Staatsangehörigkeiten geführt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3123 4 Zu der gestellten Frage liegen lediglich Zahlen aus dem Mikrozensus vor. Nach Auskunft von IT NRW wurden im Mikrozensus 2016 für Nordrhein-Westfalen die folgenden Zahlen zu Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit ermittelt: Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung in Nordrhein-Westfalen 2016 nach Staatsangehörigkeit Nordrhein-Westfalen Bevölkerung in 1 000 insgesamt 17 911 davon mit ausländischer Staatsangehörigkeit 2 179 deutsch 15 732 darunter mit doppelter Staatsangehörigkeit 499 darunter mit ausländischer Staatsangehörigkeit Polnisch 105 Türkisch 78 Russisch 67 Italienisch 28 Griechisch 18 Iranisch 16 Marokkanisch 16 Kasachisch (12) Spanisch (11) Niederländisch (9) Ergebnisse des Mikrozensus – Durch Umstellung auf eine neue Stichprobe sowie durch Sondereffekte im Kontext der Bevölkerungsentwicklung ist die Vergleichbarkeit der Mikrozensusergebnisse für das Berichtsjahr 2016 mit den Vorjahren eingeschränkt. Zeichenerklärung (nach DIN 55 301) "( )" Aussagewert eingeschränkt, da der Wert Fehler aufweisen kann