LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3167 12.07.2018 Datum des Originals: 03.07.2018/Ausgegeben: 17.07.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1110 vom 5. Juni 2018 der Abgeordneten Sonja Bongers und Stefan Zimkeit SPD Drucksache 17/2785 Sicherheitslage: Lässt die Landesregierung die Ruhrgebietsstädte allein? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die CDU hat in der letzten Legislaturperiode geplant Polizisten aus den Großstädten in ländliche Gebiete zu verlegen, um dort die Ordnungskräfte zu stärken. Anlässlich der Massenschlägerei auf der Marktstraße in Oberhausen stellt sich die Frage, ob die CDU und damit die Landesregierung zu Gunsten der ländlichen Landesteile von NRW, diese Verlagerung von Polizeikräften weiter verfolgt und damit die Sicherheitsarchitektur insbesondere in den Ruhrgebietsstädten schwächen will. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1110 mit Schreiben vom 3. Juli 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Bedeutung hat aus Sicht der Landesregierung die Sicherheitsarchitektur der Ruhrgebietsstädte? Die Sicherheitsarchitektur in Nordrhein-Westfalen und in den Ruhrgebietsstädten ist neben anderen ein Faktor, welcher Einfluss auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im urbanen Raum des Ruhrgebietes nimmt. Der behördenübergreifende Austausch, die Abstimmung und das konsequente Weiterentwickeln der Netzwerkarbeit durch Ordnungspartnerschaften mit anderen Behörden und Organisationen trägt diesem Umstand entsprechend Rechnung. Derzeitig gibt es allein in den Ruhrgebietsstädten über 180 von landesweit über 880 Ordnungspartnerschaften zwischen der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalens und anderen Partnern. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3167 2 Ziel dieser Ordnungspartnerschaften ist es, gemeinsam mit den Partnern, im Rahmen von auf die örtlichen Gegebenheiten abgestimmten Konzepten, sowohl präventiv zu agieren, als auch im Bereich von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten konsequent einzuschreiten, repressiv tätig zu werden und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nicht nur in den Ruhrgebietsstädten, sondern landesweit zu stärken. 2. Will die Landesregierung Polizisten aus den Großstädten in die ländlichen Gebiete verlegen? 3. Wird bei den zukünftig ausgebildeten Polizisten der Verteilungs-schlüssel zu Ungunsten der Großstädte verändert? Die Fragen 2 und 3 werden zusammenfassend wie folgt beantwortet: Das Ministerium des Innern strebt an, die Bedürfnisse aller 47 Kreispolizeibehörden (KPB) zu berücksichtigen und eine angemessene Kräfteverteilung auf alle KPB zu gewährleisten. Um auch zukünftig den zu erwartenden Anforderungen gerecht zu werden, wird daher die Notwendigkeit gesehen, die Anzahl der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten (PVB) im Land NRW zu erhöhen. Aus diesem Grund hat die Landesregierung beschlossen, die Einstellungszahlen für Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter auf 2.300 zu erhöhen und dieses Niveau bis zum Jahr 2022 aufrecht zu halten. Hierdurch wird sich voraussichtlich die Anzahl der PVB sukzessive in den nächsten Jahren bis 2024 von derzeit rund 40.000 auf über 41.000 erhöhen. Die Zahl der jungen Kommissarinnen und Kommissare kann natürlich nicht ad hoc erhöht werden, da sie erst nach Abschluss ihrer Ausbildung in drei Jahren zur Verfügung stehen. Es gilt daher den Zeitraum bis dahin nicht nur durch Zwischenlösungen zu überbrücken, sondern kurzfristig einen tatsächlichen Mehrwert für alle KPB zu erzielen. Daher werden den KPB zur Entlastung der bereits vorhandenen PVB bis zum Jahr 2022 jährlich 500, insgesamt also 2.500 Stellen für Regierungsbeschäftigte bereitgestellt. Die ersten 500 dieser Stellen sind den KPB bereits zugewiesen, die Stellenbesetzungen laufen. Durch die damit einhergehende Entlastung von Verwaltungsaufgaben können sich die PVB verstärkt auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen wird also insgesamt, ob im Ballungs- oder im ländlichen Raum, eine deutliche personelle Stärkung erfahren. 4. Welche Maßnahmen werden von Seiten der Landesregierung ergriffen, damit solche Vorfälle wie beispielsweise auf der Marktstraße in Oberhausen zukünftig nicht mehr vorkommen? Der Vorfall auf der Marktstraße ist auf innerfamiliäre Streitigkeiten eines syrisch-stämmigen Ehepaares zurückzuführen, welcher zu einer hohen Mobilisierung der jeweils beteiligten Familien führte. Bei den tatbeteiligten Personen bestehen keine einschlägigen Vorstrafen. Kriminalpolizeiliche Erkenntnisse, insbesondere im Hinblick auf Clankriminalität/Gewaltdelikte, liegen nach umfangreichen Ermittlungen der Fachdienststellen nicht vor. Die Einsatzwahrnehmung im vorliegenden Fall ist nicht zu beanstanden. Ein Personal- oder Kräftedefizit hat nicht bestanden. Der vorliegende Sachverhalt ist nicht geeignet, einen Bezug zur Personalsituation oder -verteilung herzustellen. Einsätze dieser Art lassen sich nicht im LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3167 3 Rahmen eines landesweiten Personalverteilungskonzeptes verhindern, sondern erfordern spezifisch zu planende Maßnahmen vor Ort. 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Sicherheitslage in Oberhausen? Der Begriff der „Sicherheitslage“ lässt sich messbar unter anderem anhand angezeigter Straftaten sowie Einsatz- und Verkehrsunfallzahlen darstellen. Nachfolgend sind die Anzahl der Straftaten insgesamt, des Wohnungseinbruchdiebstahl, der Einbruchkriminalität, der Gewaltkriminalität und der Straßenkriminalität im Bereich des Polizeipräsidiums (PP) Oberhausen seit dem Jahr 2015 dargestellt. Die Anzahl der Straftaten insgesamt ist um 5,45 Prozent und die des Wohnungseinbruchdiebstahls sogar um 35,03 Prozent zurückgegangen. Ebenso gingen die Fallzahlen bei der Gewaltkriminalität (-2,45 Prozent) und der Straßenkriminalität (-1,14 Prozent) zurück. Im bundesweiten Vergleich der Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern hat Oberhausen mit 16.470 Fällen die geringste Anzahl von Straftaten insgesamt. Ebenfalls aufgeführt sind die Anzahl der Einsätze im Bereich des PP Oberhausen. Diese sind in dem Betrachtungszeitraum um etwa 6 Prozent von 60.815 auf 57.071 zurückgegangen. Bei den Verkehrsunfallzahlen ist gemessen am Durchschnittswert der Verunglücktenhäufigkeitszahl (VHZ = Verunglückte je. 100.000 Einwohner) in den Jahren 2015 bis 2017 die Gefahr im PP Oberhausen bei einem Verkehrsunfall zu verunglücken im Vergleich zu strukturell ähnlichen Polizeibehörden sowie zur Gesamt-VHZ des Landes Nordrhein-Westfalen eher unterproportional einzustufen. Betrachtet man die Unfalllage des PP Oberhausen in Relation zur Landesentwicklung, sind keine besonderen Auffälligkeiten erkennbar. Die Anzahl der Verkehrsunfälle stieg sowohl landesweit, als auch im PP Oberhausen in den letzten drei Jahren kontinuierlich an. Anzahl und Entwicklung der Straftaten PP Oberhausen Straftat Bekanntgewordene Fälle 2015 2016 2017 Straftaten insgesamt 18.936 17.419 16.470 Wohnungseinbruchdiebstahl § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB 785 745 484 Einbruchkriminalität 1.401 1.461 956 Gewaltkriminalität 589 572 558 Straßenkriminalität 4 174 3 872 3 828 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3167 4 Anzahl und Entwicklung der Einsätze PP Oberhausen Jahr 2015 2016 2017 EZ Gesamt 60.815 59.473 57.071 Anzahl und Entwicklung der Verkehrsunfälle PP Oberhausen Im Ergebnis weist die Sicherheitslage im PP Oberhausen keine Problemstellungen auf, denen das PP unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht angemessen begegnen kann. KPB Oberhausen 2015 2016 2017 Anzahl Verkehrsunfälle gesamt 7.587 7.744 8.210 Anzahl Verkehrsunfälle mit Personenschaden 591 611 597 Einwohner gesamt 210.934 211.382 211.382 Verunglückte gesamt 731 749 747 Verletzte gesamt 730 748 747 Getötete gesamt 1 1 0 Schwerverletzte gesamt 71 84 75 Leichtverletzte gesamt 659 664 672 VHZ gesamt KPB 347 354 353 Einwohner Kinder (0 - 14 J.) 26.664 27.265 27.265 verunglückte Kinder 71 66 85 verletzte Kinder 71 66 85 getötete Kinder 0 0 0 VHZ Kinder (0 - 14 J.) KPB 266 242 312 Einwohner 15- bis 17-Jährige 6.153 6.060 6.060 verungl. 15- bis 17-Jährige 22 34 26 verletzte 15- bis 17-Jährige 22 34 26 getötete 15- bis 17-Jährige 0 0 0 VHZ 15- bis 17-Jährige KPB 358 561 429 Einwohner 18 - 24-Jährige 16.825 16.307 16.307 verunglückte 18 - 24-Jährige 118 121 108 verletzte 18 - 24-Jährige 118 121 108 getötete 18 - 24-Jährige 0 0 0 VHZ 18 - 24-Jährige KPB 701 742 662 Einwohner Senioren (ab 65 J.) 45.195 45.504 45.504 verunglückte Senioren 86 104 91 verletzte Senioren 85 104 91 getötete Senioren 1 0 0 VHZ Senioren (ab 65 J.) KPB 190 229 200 Unfallentwicklung