LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3222 19.07.2018 Datum des Originals: 19.07.2018/Ausgegeben: 24.07.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1169 vom 19. Juni 2018 der Abgeordneten Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2893 Schulleitungen an Bekenntnisgrundschulen – Besetzung mit zweierlei Maß? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ausdrücklich ist zu begrüßen, wenn für vakante Schulleitungsstellen gute Bewerberinnen und Bewerber gewonnen werden können. Genauso müssen alle Anstrengungen unterstützt werden, die Unterrichtsversorgung insgesamt zu sichern. Diese Fragestellungen haben auch bei der Verabschiedung des elften Schulrechtsänderungsgesetzes bei den Neuregelungen für die Bekenntnisgrundschulen in NRW eine wesentliche Rolle gespielt. Mit den definierten Ausnahmen von der konfessionellen Bindung von Lehrkräften reagierte der Landtag auf die Schwierigkeiten der Stellenbesetzungen bei Lehrkräften und stellvertretenden Schulleitungen. Damit muss nur noch die Schulleiterin oder der Schulleiter zwingend dem jeweiligen Bekenntnis angehören. In der seinerzeitigen Expertenanhörung wurden diese Regelungen als verfassungsrechtlich möglich angesehen, da mit der Schulleitung die konfessionelle Ausrichtung der Schule ausreichend gesichert sein kann. Eine Ausnahme auch bei Schulleitungen wurde dagegen als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen. Es stellt sich vielmehr dann die Frage, ob nicht eher eine Umwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule vorzunehmen ist, wenn die schulrechtlich vorgegebene Besetzung der Schulleitung an einer Bekenntnisgrundschule über längere Zeit nicht besetzt werden konnte. So heißt es in der Begründung zum Gesetz: „Ein Schulbekenntnis kann nur glaubwürdig vermittelt werden, wenn ihm die Schulleiterin oder der Schulleiter selbst angehört. Bei den anderen Lehrkräften einer Schule sind Ausnahmefälle denkbar, bei denen der Gesetzgeber hierauf nicht bestehen muss: Es kann vorkommen, dass LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3222 2 entweder eine Lehrerstelle allein mit einer bekenntnisfremden Lehrkraft besetzt werden kann oder aber Unterricht ausfallen muss. In diesem Fall entsteht ein Konflikt zwischen zwei Rechtsgütern, die das Verfassungsrecht beide gewährleistet: dem staatlichen Unterrichtsauftrag und der Bekenntnisschule. In solchen Fällen ist es notwendig, dem Unterrichtsauftrag den Vorrang einzuräumen.“ (Begründung zum 11. Schulrechtsänderungsgesetz, 16. Wahlperiode Drucksache 16/7544). Für die Bekenntnisgrundschulen sieht das Schulgesetz NRW damit klare Regeln für Lehrkräfte und Schulleitungen vor. §26 Absatz 6 lautet in seiner 2015 geänderten Fassung entsprechend: „§26 (6) In Schulen aller Schularten soll bei der Lehrereinstellung auf die Konfession der Schülerinnen und Schüler Rücksicht genommen werden. An Bekenntnisschulen müssen 1. die Schulleiterin oder der Schulleiter und 2. die übrigen Lehrerinnen und Lehrer dem betreffenden Bekenntnis angehören. Sie müssen bereit sein, im Sinne von Absatz 3 Satz 1 an diesen Schulen zu unterrichten und zu erziehen. Zur Sicherung des Unterrichts sind Ausnahmen von Satz 2 Nummer 2 zulässig.“ Nun haben sich in zwei Fällen von katholischen Grundschulen keine katholischen Bewerberinnen oder Bewerber für die Schulleitung gefunden, wohl aber evangelische. Beide Fälle liegen im Regierungsbezirk Münster. Im Fall der Josefschule Borken wurde mit Hinweis auf das Schulgesetz die Besetzung durch einen evangelischen Bewerber abgelehnt. Im Fall der Josefschule Gladbeck wurde jedoch eine evangelische Bewerberin als Schulleiterin akzeptiert. Das wirft Fragen nach der rechtlichen, verfassungsgemäßen Grundlage und der Gleichbehandlung auf. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1169 mit Schreiben vom 19. Juli 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche verfassungsgemäße, rechtliche Grundlage gibt es für die Besetzung der Stelle der Schulleiterin der katholischen Grundschule Josefschule in Gladbeck? 2. Wie wird der Verstoß gegen einheitliche Rechtsauffassung und -anwendung im Fall der Grundschule in Gladbeck begründet, da im Falle der Josefschule Borken eine solche Besetzung verweigert worden war? 3. In Gemeinschaftsschulen werden die Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen (§ 26 Absatz 2 SchulG). Wurde der Schulträger dahingehend beraten, ein Verfahren zur Umwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule seitens des Schulträgers einzuleiten und falls nein, warum nicht? 4. Wer hat die Bezirksregierung Münster veranlasst, die schulrechtlichen Vorgaben zu verlassen? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3222 3 Die Fragen 1 bis 4 werden im Gesamtzusammenhang beantwortet. Grundlage für die Stellenbesetzung von Schulleitungsstellen an Bekenntnisschulen ist § 61 Schulgesetz NRW in Verbindung mit § 26 Absatz 6 Schulgesetz NRW. Das Schulgesetz sieht Ausnahmen von der konfessionsgebundenen Stellenbesetzung für Lehrerinnen und Lehrer gemäß § 26 Absatz 6 Satz 4 Schulgesetz NRW zur Sicherung des Unterrichts vor. Die Bezirksregierungen als zuständige Schulaufsichtsbehörden haben die Aufgabe, im Rahmen dieser Rechtslage die Besetzungssituation auf potentielle zukünftige Konfliktlagen zu überprüfen und eine vorausschauende Personalplanung zu betreiben. Die Bestimmung der Schulart von Grundschulen gemäß § 27 Schulgesetz NRW und die normierten Verfahrensschritte für ein Umwandlungsverfahren sind den Schulträgern bekannt. Die Umwandung der Schulart, angestoßen durch den Schulträger gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 b) Schulgesetz NRW, ist eine ernsthaft zu prüfende Maßnahme, wenn eine konfessionsadäquate Lehrerversorgung der Schule nicht mehr zu gewährleisten ist. 5. Wie wird das Schulrecht jetzt verfassungsgemäß angepasst, um überall im Land die Besetzung von Schulleitungsstellen an Bekenntnisgrundschulen, staatliche Schulen in kommunaler Trägerschaft, unabhängig von der konfessionellen Bindung mit guten Schulleiterinnen und Schulleitern möglichst schnell besetzen zu können? Die Landesregierung plant keine Gesetzesinitiative zur Änderung der verfassungsrechtlichen und der schulgesetzlichen Regelungen zu den Bekenntnisschulen.