LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3228 19.07.2018 Datum des Originals: 19.07.2018/Ausgegeben: 24.07.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1125 vom 12. Juni 2018 der Abgeordneten Verena Schäffer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2827 Ausweitung des Unterbindungsgewahrsams – was passiert nach einem Monat? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung will mit dem von ihr vorgelegten „Gesetz zur Stärkung der Sicherheit in Nordrhein-Westfalen - Sechstes Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen“ (Drucksache 17/2351) für eine deutliche zeitliche Ausweitung des Unterbindungsgewahrsams sorgen. Gefährder sollen bis zu einem Monat in präventivpolizeilichen Gewahrsam festgehalten werden können (§ 38 Absatz 2 Nr. 1 des Gesetzentwurfs). Der Landesregierung schwebt vor, binnen dieser Zeit ausländische Gefährder abschieben zu können. Allerdings sind laut Auskunft der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage 136 (Drucksache 17/419) 64 Prozent der Gefährder in Nordrhein- Westfalen deutsche Staatsangehörige (Seite 4). Wie mit Personen nach Ablauf der längst möglichen Gewahrsamsdauer zu verfahren ist, die entweder vorläufig nicht abgeschoben werden können oder gar nie abgeschoben werden können, etwa weil sie deutsche Staatsangehörige sind, steht nicht fest. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1125 mit Schreiben vom 19. Juli 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet. 1. Wie viele der derzeit Nordrhein-Westfalen zugeordneten Gefährder sind vollziehbar ausreisepflichtig? Mit Stand vom 14. Juni 2018 sind sieben ausländische Gefährder vollziehbar ausreisepflichtig. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3228 2 2. In wie vielen Fällen von den aktuell ausreisepflichtigen Gefährdern geht die Landesregierung davon aus, dass sie diese innerhalb eines Monats abschieben kann? Der Wegfall eines Hindernisses für die Rückführung lässt sich in der Regel zeitlich nicht monatsgenau vorhersehen. Dies gilt insbesondere für die verbindliche Klärung der Rückführungsbereitschaft der Herkunftsstaaten. Es wird systematisch und fortlaufend in Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen des Bundes geprüft, ob es Möglichkeiten gibt, das Rückführungshindernis zu beseitigen. 3. In welchen Kreispolizeibehörden gibt es für in präventiv-polizeilichem Gewahrsam Verwahrte ein Angebot für Maßnahmen mit dem Ziel der Deradikalisierung und Gewaltprävention? 4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass verwahrte Gefährder nach ihrer Entlassung aus dem Polizeigewahrsam nicht weniger gefährlich sein werden als bei ihrer Einlieferung, wenn es keinerlei Angebote mit dem Ziel der Deradikalisierung und Gewaltprävention während der Gewahrsamsdauer gegeben hat? 5. Plant die Landesregierung, entsprechende Programme zur Deradikalisierung und Gewaltprävention zu entwickeln? Die Fragen 3 bis 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Zur Abwehr von Gefahren im Sinne des Polizeigesetzes können unterschiedliche Maßnahmen in Betracht gezogen werden, die vor allem unter der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes umgesetzt werden. Daher ist der Unterbindungsgewahrsam lediglich als eine Maßnahme zu nennen, die im Zuge der Verhältnismäßigkeitsprüfung umgesetzt werden könnte. Zur Deradikalisierung und allgemeinen Gewaltprävention bieten sich in diesem Zusammenhang die bewährten Präventions- und Aussteigerprogramme an. Für den Bereich Rechtsextremismus handelt es sich um das Aussteigerprogramm „Spurwechsel“ sowie für den Bereich Islamismus um das Aussteigerprogramm Islamismus (API). Die dafür notwendigen Ressourcen und Strukturen hat der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz in den letzten Jahren auf- und ausgebaut. Die bereits bestehenden Aussteigerprogramme werden derzeit um den Bereich Linksextremismus erweitert. Des Weiteren zielt die Kleine Anfrage in ihrer Vorbemerkung auf den Gesetzesentwurf der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, konkret auf den § 38 Absatz 2 Nr. 1 des Polizeigesetzes Nordrhein-Westfalen ab. Die Planungen zum Unterbringungsgewahrsam sind Bestandteil eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens. Hierzu wurden am 7. Juni 2018 vor dem Landtag Sachverständige angehört. Die Landesregierung will dem Abschluss der laufenden Auswertung der Sachverständigenanhörung nicht vorgreifen.