LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 30.07.2018 Datum des Originals: 27.07.2018/Ausgegeben: 02.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1253 vom 4. Juli 2018 des Abgeordneten Alexander Langguth FRAKTIONSLOS Drucksache 17/3083 Hebammenarbeit – Erster Schritt ins Leben und wichtige Begleitung für Mutter und Kind Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 01.07.2018 ist die Haftpflichtversicherung für freiberuflich in der Geburtshilfe tätige Hebammen auf € 8.174 per anno gestiegen. Die betroffenen rund 2.600 freiberuflichen Hebammen begleiten 21 Prozent aller Geburten in Deutschland1, als Beleghebamme, in Geburtshäusern und zu Hause. Nur wenige Versicherer bieten Berufshaftpflicht mit Geburtshilfe an. Von gleich drei Seiten nimmt die Belastung für den Berufsstand der Geburtshelfer zu. Die Zahl der Kliniken mit eigenen Hebammenstationen geht jährlich zurück. Die Versorgung wird dadurch ausgedünnt. Neben dem Abbau von Arbeitsplätzen verschlechtert sich auch die Bezahlung . Die Vergütungen für festangestellte und freiberufliche Hebammen halten nicht Schritt mit der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Den Betroffenen bleibt somit weniger Geld für notwendige Ausgaben übrig. Zu den unvermeidbaren Kostenpunkten zählt die Berufshaftpflichtversicherung 2. Dass freiberuflich tätige Hebammen berufshaftpflichtversichert sein müssen, ist gesetzlich vorgeschrieben . Der Zwang zur Versicherung bedeutet auch einen Zwang, entsprechende Beiträge jedes Jahr zahlen zu müssen. Einen Ausweg bietet höchstens der Vergleich verschiedener Anbieter von Berufshaftpflichtversicherungen. Allerdings ist die Zahl der Anbieter insgesamt überschaubar. 1 www.hebammenverband.de/aktuell/nachricht-detail 2 www.testsieger-berichte.de; Berufshaftpflicht: Hebammen 2017 weiter unter Druck LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 2 Zur finanziellen Entlastung der Hebammen wurde der Sicherstellungszuschlag eingeführt, wird jedoch vom Hebammenverband nur als Zwischenlösung gesehen. Nach Aussage der Bundesregierung wurden von Juli 2015 bis April 2018 rund 20,56 Mio. Euro Zuschlag an die Hebammen ausgezahlt. Jedoch deckt er wohl nur die Hälfte der Kosten ab, da der Eigenanteil der Hebammen mit jeder Erhöhung der Haftpflichtversicherung steigt und die Beantragung mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden ist3. Am 20./21.06.2018 tagten die Gesundheitsminister der Länder in Düsseldorf u.a. zu diesem Thema. Die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder haben die Bundesregierung aufgefordert, ein Gutachten zur Versorgungssituation mit Hebammenhilfe in Auftrag zu geben. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1253 mit Schreiben vom 27. Juli 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Frist hat sich die Landesregierung für die Erstellung des Gutachtens gesetzt ? Mit dem Beschluss der 91. Gesundheitsministerkonferenz am 20. und 21. Juni 2018 haben die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit das Bundesministerium für Gesundheit aufgefordert, eine Evaluation der Wirksamkeit des Sicherstellungszuschlags zum Ausgleich der Berufshaftpflichtversicherung für Hebammen in Auftrag zu geben, um der Frage nachzugehen, ob das derzeitige Verfahren geeignet ist, über das Niveau des Sicherstellungszuschlags die steigenden Haftpflichtprämien aufzufangen. Damit handelt es sich um eine Zuständigkeit auf Bundesebene (Bundesministerium für Gesundheit ). Eine Frist für die Erstellung der Evaluation wurde nicht gesetzt. 2. Hat die Landesregierung alternative Übergangslösungen für NRW als „Notfallplan“ erarbeitet? Seit dem 1. Juli 2015 gibt es auf Grundlage des Gesetzes zur Weiter-entwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz) mit dem § 134a Abs. 1b SGB V eine Regelung zum Ausgleich der steigenden Berufshaftpflichtversicherungsprämien für freiberuflich geburtshilflich tätige Hebammen. Das Berechnungsmodell zur Ermittlung des Sicherstellungszuschlags ist im Hebammenhilfevertrag geregelt. Die Ermittlung des Sicherstellungszuschlags für die Haftpflichtprämie erfolgt auf Grundlage der ganzjährigen Haftpflicht-prämie des entsprechenden Versicherungsjahres abzüglich bestimmter Beträge (u.a. für Privatversicherte/Selbstzahler). Dadurch steigt der Sicherstellungszuschlag bei steigenden Haftpflichtprämien dynamisch mit an. Es sind keine alternativen Übergangslösungen für NRW geplant. Die Ergebnisse der Evaluation des Sicherstellungszuschlags sind abzuwarten. 3. Wie und wann plant die Landesregierung eine Veränderung der Fallpauschalen für die Geburtshilfe als Investition in eine qualitativ gute Hebammenarbeit? Das Fallpauschalensystem zur Abrechnung allgemeiner Krankenhaus-leistungen wird in erster Linie über das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) geregelt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3284 3 Bei Fehlsteuerungen sind insbesondere die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene angehalten , diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen, um so beispielsweise eine Veränderung der Fallpauschalen zu erwirken. Grundsätzlich handelt es sich beim Fallpauschalen-System um ein komplexes System, das in seiner Gesamtheit und mit allen Wechsel-wirkungen betrachtet werden muss. Wie umfassend derartige Frage-stellungen sind, zeigen die aktuellen Diskussionen im Zuge der Herausnahme der Kosten des Pflegepersonals aus dem bisherigen Fallpauschalensystem. 4. Zu wann plant die Landesregierung die Errichtung eines Haftpflichtfonds, damit die Kosten auf mehrere Schultern verteilt werden und so die finanzielle Belastung der Hebammen verringert? Die Einrichtung eines Haftpflichtfonds ist nicht vorgesehen. Mit Einführung des Sicherstellungszuschlags sollte das Problem der steigenden Versicherungsprämien und die finanzielle Belastung der Hebammen entschärft werden. Ob die Regelung zum Sicherstellungs-zuschlag geeignet ist, wird durch die anstehende Evaluation überprüft .