LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3286 30.07.2018 Datum des Originals: 27.07.2018/Ausgegeben: 02.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1243 vom 4. Juli 2017 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/3073 Wie gestaltet sich die Wettbewerbssituation der nordrhein-westfälischen Ferkelzucht? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die aktuell aufkommende Diskussion um eine Weiterentwicklung der Ferkelzuchtbetriebe in Richtung Tierwohl rückt seitens der Betriebe selbst auch die Frage nach deren Zukunftsfähigkeit in den Fokus. Beispielsweise läuft zum 1. Januar 2019 die befristete Übergangsregelung nach § 21 Absatz 1 des Tierschutzgesetzes, Regelung zur betäubungslosen Ferkelkastration, aus. Trotz einer längeren Umstellungszeit und der Beratung über verschiedene Möglichkeiten, scheint eine für alle Beteiligten gerechte Lösung noch nicht gefunden. Eine Konsequenz von Prozessen wie diesem – so die Betriebe - ist die Verlagerung der Ferkelzucht ins Ausland, nicht nur innerhalb Europas, sondern in die ganze Welt. Daher gilt es sich einen Überblick über den aktuellen Stand der nordrhein-westfälischen Ferkelzucht zu verschaffen. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1243 mit Schreiben vom 27. Juli 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie hat sich die Anzahl von Betrieben der Ferkelaufzucht und Schweinemast in den vergangenen 20 Jahren in Nordrhein-Westfalen entwickelt? Die Entwicklung der Betriebe mit Sauenhaltung und Schweinemast geht aus der beigefügten Aufstellung (Anlage) hervor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3286 2 2. Wie haben sich die Ferkelimporte nordrhein-westfälischer Schweinemastbetriebe aus dem Ausland in den vergangenen 20 Jahren entwickelt? Zur Herkunft von Ferkeln liegen keine Daten der Agrarstatistik vor. Hilfsweise können zur Beantwortung der Frage Auswertungen verschiedener Marktbeobachtungsstellen herangezogen werden (Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI), Zentrale Markt- und Preisinformationsgesellschaft GmbH (ZMP)), die jedoch nur für die Bundesebene und nicht über einen Zeitraum von 20 Jahren vorliegen. Danach kann der Bedarf deutscher Betriebe an Ferkeln nur zu rund 80 % durch das inländische Angebot abgedeckt werden. Die bestehende Lücke wird durch innergemeinschaftliche Verbringung von Ferkeln v.a. aus Holland und Dänemark geschlossen, wobei im geringen Umfang auch Ferkel aus Belgien und Frankreich nach Deutschland verbracht werden. Importe aus Drittländern sind nicht relevant. Insgesamt hat sich die Zahl der im Binnenmarkt nach Deutschland verbrachten Ferkel von 2005 bis 2011 verdoppelt und ist danach mit ca. 10 Mio. Ferkeln pro Jahr bis 2015 gleich geblieben. Ab dem Jahr 2016 stieg die Zahl der verbrachten Ferkel wieder an. In 2017 wurden rund 11,5 Mio. Tiere nach Deutschland verbracht. 3. Was sind die Gründe für die unter 1 und 2 aufgeführte Entwicklung? Die Gründe sind komplex. So gehört die Sauenhaltung und Ferkelaufzucht zu einem sehr arbeits- und zeitintensiven Betriebszweig, der Kosten verursacht, die durch die Erlöse vielfach nur knapp gedeckt werden können. Um ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften, reagieren die Betriebe oft mit Bestandsaufstockungen und Spezialisierung. Hinzu kommen steigende Anforderungen an die Haltung hinsichtlich Management und Tiergesundheit sowie des Tier- und Umweltschutzes, die mit Kosten und Investitionen verbunden sind. Betriebe, die diese Anforderungen nicht erfüllen können, geben die Sauenhaltung auf. In der Summe führen diese Umstände zu einem stetig fortschreitenden Strukturwandel. Die verbleibenden Betriebe mit Sauenhaltung können den Bedarf an Ferkeln für die Schweinemast nicht decken. Zudem ist festzustellen, dass die Sauenhaltung in den Herkunftsländern der nach Deutschland verbrachten Ferkel ein hohes Maß an Spezialisierung aufweist, wodurch die Ferkel auf dem Markt in großen Mengen und vergleichsweise kostengünstig angeboten werden. 4. Aus welchen Betrieben und Regionen bzw. Herkunftsländern beziehen die Schweinemastbetriebe in NRW ihre Jungtiere für die Aufstallung? Wie in der Antwort zu Frage 2 erläutert, liegen zu den Ferkelherkünften keine Daten der Agrarstatistik vor. Es kann daher auch hier nur auf Auswertungen verschiedener Marktbeobachtungstellen zurückgegriffen werden, die sich auf die Ebene des Bundes beziehen. Danach werden neben den aus EU-Mitgliedstaaten verbrachten Tieren auch Ferkel aus Niedersachsen und den neuen Bundesländern in nordrhein-westfälischen Schweinemastbetrieben aufgestallt. Weitere Differenzierungen hinsichtlich Regionen und Anzahl der Tiere sind nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3286 3 5. Wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass in deutschen Schweinemastbetrieben ab dem 01.01.2019 ausschließlich Ferkel aufgestallt werden, die den deutschen Bestimmungen (Vollnarkose) entsprechend kastriert worden sind? Im Tierschutzgesetz wird unter § 5 Absatz 1 Satz 1 geregelt, dass mit Schmerzen verbundene Eingriffe am Tier nur unter Betäubung erfolgen dürfen. Ausgenommen davon ist gemäß § 21 Absatz 1 des Gesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2018 das Kastrieren von unter acht Tage alten männlichen Schweinen. Ab dem 01.01.2019 besteht ein Betäubungsgebot für die Kastration von Ferkeln. Hinsichtlich der Frage eines akzeptierten Verfahrens besteht noch weiterer fachlicher Beratungsbedarf (vergl. Vorlage 17/771). Darüber hinaus gibt es keine weiteren rechtlichen Vorgaben. Die Landesregierung strebt eine europarechtliche Harmonisierung der für diesen Bereich anzuwendenden Vorschriften an. Anlage Entwicklung der Anzahl von Betrieben mit Sauenhaltung und Schweinemast in Nordrhein-Westfalen Auswertung der Ergebnisse der Repräsentativerhebungen der Agrarstatistik jeweils zum 3. November durch Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT NRW): Betriebe mit Haltung von… Jahr Schweinen insgesamt Mastschweine Zuchtsauen 1999 20.324 - 8.922 2000 19.106 - 8.003 2001 17.337 - 7.424 2002 16.369 - 7.105 2003 15.929 - 6.541 2004 14.603 - 5.642 2005 14.330 - 5.941 2006 12.917 - 5.034 2007 12.595 - 4.931 2008 11.055 - 4.310 2009 10.699 - 3.907 2010 8.397 7.074 3.387 2011 8.006 6.633 3.033 2012 8.468 6.971 2.818 2013 8.227 6.631 2.520 2014 8.042 6.633 2.367 2015 7.799 6.232 2.256 2016 7.380 5.980 2.070 2017 7.300 5.850 1.990 20181) 7.120 5.610 1.960 Die Anzahl der Betriebe mit Mastschweinen wurde in den Jahren 1999 bis 2009 nicht gesondert erfasst. Die Vergleichbarkeit der Zahlen über den Zeitraum von 20 Jahren ist möglicherweise durch veränderte Abschneidegrenzen der einzelnen Erhebungen eingeschränkt. 1) vorläufiges Ergebnis Mai 2018.