LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3298 31.07.2018 Datum des Originals: 30.07.2018/Ausgegeben: 03.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1230 vom 29. Juni 2018 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD Drucksache 17/2996 Jede zweite Abschiebung scheitert. Was unternimmt die Landesregierung dagegen? Vorbemerkung der Landesregierung Laut einem Bericht von RTL-Aktuell 1 vom 24.05.18 scheitert derzeit bundesweit jede zweite Abschiebung. Demnach konnten im ersten Quartal 2018 5.548 Personen abgeschoben werden . In 4.752 Fällen scheiterte die Abschiebung aus unterschiedlichen Gründen. In 75 Fällen haben dabei Piloten eines Linienfluges die Beförderung verweigert. Da der Pilot für die Sicherheit seiner Fluggäste verantwortlich ist, lässt sich dieses Vorgehen nachvollziehen. Die Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage 984 (Drucksache 17/2646) 2 hat ergeben , dass sich zum Stichtag 31.03.18 70.865 ausreisepflichtige Personen in NRW aufhielten. Der Bericht an den Integrationsausschuss über den Sachstand des staatlichen Asylsystems (Vorlage: 17/796) hat ergeben, dass im ersten Quartal 2018 1.631 Personen abgeschoben wurden. 2017 waren es insgesamt 6308 Personen. Auch wenn NRW im Vergleich der Bundesländer bei der Abschiebequote besser abschneidet, besteht hier noch Verbesserungsbedarf . Laut zahlreichen Zeitungsberichten kommt es zu Warnungen über bevorstehende Abschiebungen durch verschiedene Organisationen. Genannt werden kann hier beispielhaft Pro Asyl. Aus anderen Bundesländern sind Fälle bekannt, die bei der Verhinderung der Abschiebung auf eine Unterstützung des Flüchtlingsrates hinweisen. 1 https://www.rtl.de/cms/jede-zweite-abschiebung-scheitert-4166961.html 2 https://www.landtag.nrw.de/Dokumentenservice/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument /MMD17-2646.pdf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3298 2 Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, äußerte sich am 12.05.18 gegenüber der Tageszeitung „Bild“ wie folgt über die „Anti-Abschiebe-Industrie3 “: „Eine unsägliche Allianz von Zwangsideologen und Partikularinteressen [versucht durch] Klagewellen Abschiebungen zu verhindern und die Durchsetzung des Rechtsstaates zu sabotieren. Diese Allianz arbeitet nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden. […] Die Anti-Abschiebe-Industrie nutzt die Mittel des Rechtsstaates, um ihn durch eine bewusst herbeigeführte Überlastung von innen heraus zu bekämpfen. […] Es wird in Kauf genommen , dass jede nicht vollziehbare Abschiebung die Integrationsfähigkeit unseres Landes weiter gefährdet – und im Falle von kriminellen Asylbewerbern auch unsere Bevölkerung direkt beeinträchtigt. Wer die Abschiebung von kriminellen Flüchtlingen mit Klagen verhindern will, stellt den Schutz der Täter über den Schutz der Bürger. […] Wir brauchen die im Koalitionsvertrag vereinbarten zusätzlichen Stellen in der Justiz und außerdem ein Schnellverfahren für die Abschiebung von kriminellen Asylbewerbern.“ Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 1230 mit Schreiben vom 30. Juli 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet. 1. Wie viele geplante Abschiebungen konnten seit 2015 in Nordrhein-Westfalen nicht durchgeführt werden? (bitte auflisten je Jahr und 2018 für das erste Quartal) 2. Welche Gründe (z.B. kurzfristig erteilte ärztliche Atteste) waren dafür verantwortlich ? (bitte auflisten nach Jahr und Anzahl der jeweiligen Fälle) Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Zu geplanten Abschiebungen liegen der Landesregierung keine statistischen Zahlen vor. Für die Aussetzung von Abschiebungen kann es im Übrigen die unterschiedlichsten Gründe geben (z.B. gesundheitliche Gründe, Flugausfall, gerichtliche Verfügungen, Widerstandshandlungen, Transportverweigerung durch den Flugzeugführer etc.). Eine Erfassung derartiger Sachverhalte durch die Ausländerbehörden findet nicht statt und würde zum Teil subjektiven Bewertungen unterliegen. Eine Antwort im Sinne der Fragestellung ist der Landesregierung vor diesem Hintergrund nicht möglich. 3. Welche Organisationen sind der Landesregierung bekannt, die vor bestehenden Abschiebungen gewarnt haben, somit also den Vollzug geltenden Rechts verhindert haben? (Bitte Organisationen und Anzahl der jeweiligen Fälle auflisten.) 4. Mit welchen Maßnahmen geht die Landesregierung gegen die unterschiedlichen Formen der Abschiebeverhinderung vor? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Abschiebungstermine dürfen den Betroffenen vorab nicht benannt werden (§ 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG). Insbesondere bei der Vorbereitung von Chartermaßnahmen ist jedoch eine Vielzahl von Akteuren in die Planungen eingebunden, so dass es immer wieder vorkommt, dass 3 https://www.bild.de/politik/inland/alexander-dobrindt/abschiebe-saboteure-versuchen-unsere -gerichte-zu-ueberrennen-55673846.bild.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3298 3 Termine bereits im Vorfeld bekannt werden. Die Verbreitung einer einmal öffentlich gewordenen Chartermaßnahme – sei es über soziale Medien oder auf anderen Wegen – ist dann nicht zu verhindern. So werden Rückführungsmaßnahmen nach Afghanistan häufig von Flüchtlingsunterstützerinitiativen im Vorfeld bekannt gemacht; diese Information aber auch von überregionalen Medien verbreitet. Soweit die rechtlichen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, kann der Vollzug der Abschiebung auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung im Wege der Abschiebungshaft oder des Ausreisegewahrsams gesichert werden.