LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3316 01.08.2018 Datum des Originals: 31.07.2018/Ausgegeben: 06.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1256 vom 25. Juni 2018 der Abgeordneten Iris Dworeck-Danielowski AfD Drucksache 17/3086 Führte Ignoranz und Nichtbehandlung der Probleme zum Delta in der Pflege? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut Deutschem Institut für angewandte Pflegeforschung in Köln werden bis 2021 rund 100.000 zusätzliche Stellen in der Pflege in Deutschland geschaffen, davon allein die Hälfte in der Altenpflege. Weiterhin wird gefordert, die Vergütungen des Altenpflegepersonals um bis zu 30% zu erhöhen, damit das Gehaltsniveau der Krankenpflege erreicht werde. Zwar seien sehr viel mehr Menschen in der Pflege beschäftigt, jedoch arbeiten nicht einmal mehr 30% aller Pfleger in Vollzeit. Somit existiert, nach weiteren Berechnungen, ein Delta von rund 60.000 Vollzeitstellen. Mit Sicht auf NRW als das einwohnerreichste Bundesland lässt sich ableiten, dass ein enormer Handlungsbedarf besteht. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1256 mit Schreiben vom 31. Juli 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Pläne verfolgt die Landesregierung, um das entstehende Delta des Mangels an Pflegepersonal zu schließen? 2. Wie möchte die Landesregierung den Beruf der Pflege attraktiver machen, um mehr Menschen für die Auswahl des Berufs zu motivieren? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3316 2 Um die pflegerische Versorgung in Nordrhein-Westfalen sicherzustellen und die Pflegeberufe attraktiver zu gestalten, nimmt die Landesregierung seit längerem eine erhebliche Stärkung der Ausbildungen in den Pflegeberufen vor. In der Altenpflegeausbildung ist in den vergangenen Jahren durch die Einführung eines Umlageverfahrens die Steigerung der Ausbildungs-plätze um über 80 Prozent gelungen. In den Aus-bildungen zur Gesundheits- und Krankenpflege und zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflege konnte ein Aufwuchs bisher nicht festgestellt werden. Auf Betreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein- Westfalen (MAGS) haben deshalb das MAGS, die Krankenhausgesellschaft Nordrhein- Westfalen und die gesetzlichen Krankenkassen vereinbart, dass die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden sollen, um eine erhebliche Steigerung der Auszubildendenzahlen in den Berufen der Krankenpflege zu ermöglichen. Das MAGS hat sich mit der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-West-falen und den gesetzlichen Krankenkassen in Nordrhein-Westfalen darauf verständigt, dass allen geeigneten Interessentinnen und Interessenten kurzfristig ein Ausbildungsplatz in den Krankenpflege-berufen in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt werden soll. Gemeinsam wurde bekräftigt, dass eine Steigerung der Ausbildungs-zahlen in der Gesundheits- und Krankenpflege und in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege möglichst schon im Herbst 2018 gelingen soll. Im kontinuierlichen Austausch sollen mögliche Hürden für die Steige-rung der Ausbildungszahlen identifiziert und durch pragmatische Lösungen abgebaut werden. Die Finanzierung aller (zusätzlichen) Ausbildungsverhältnisse erfolgt genauso wie die Finanzierung der bisher abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse. Die vorgenannten Akteure haben ein gemeinsames Schreiben an die Geschäftsführungen der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen und die Schulleitungen der Kranken- und Kinderkrankenpflegeschulen in Nord-rhein-Westfalen verschickt. Darin wurden die Vertreterinnen und Vertreter der Krankenhäuser gebeten, mehr Ausbildungsverträge abzuschließen. Gleichzeitig wurden alle Vertreterinnen und Vertreter der Schulen in den Berufen der Krankenpflege gebeten, eine Steigerung der Ausbildungskapazität bereits zum Herbst 2018 umzusetzen. Die Landesregierung möchte die Pflege als Profession deutlich stärken. Mit dem Pflegeberufegesetz ist hier auf Bundesebene ein entscheiden-der Schritt gemacht worden. Durch das Gesetz werden die bislang getrennt voneinander ausgebildeten Bereiche Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege ab Januar 2020 zu einer gemeinsamen Ausbildung zusammengefasst. Wir brauchen eine attraktive Pflegeaus-bildung, damit sich genügend Menschen für diesen anspruchsvollen Beruf entscheiden. Nordrhein-Westfalen wird hier mit gutem Beispiel vorangehen und das Gesetz konsequent umsetzen. Die Umsetzung ist ein wesentlicher Schwerpunkt der Pflegepolitik des Landes Nordrhein-Westfalen. In diesem Kontext kommt auch der Stärkung der Fachseminare für Altenpflege eine besondere Bedeutung zu. Die Landesregierung setzt sich intensiv dafür ein, dass die vielfach als nicht auskömmlich angesehene Schulkostenpauschale in diesem so wichtigen Ausbildungs-bereich erhöht wird, um gute Ausbildungsbedingungen auch für die Zukunft tragfähig gestalten zu können. Bei der Umsetzung der Pflegeberufereform wird die Landesregierung auch die hochschulische Pflegeausbildung weiter vorantreiben und unterstützend begleiten. Denn hochschulische LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3316 3 Ausbildungen eröffnen vielfältige Karrierewege und leisten einen entscheidenden Beitrag zur Fachkräftesicherung. Für die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden Versorgungsstruktur mit pflegerischen Leistungen werden gut ausgebildete Fachkräfte benötigt. Den komplexer werdenden Anforderungen im Gesundheits-wesen kann nur dann wirksam begegnet werden, wenn ein Teil der in den Gesundheitsfachberufen Tätigen eine hochschulische Ausbildung durchläuft. Aus diesem Grund wurden seit dem Jahr 2010 landesweit an sieben Hochschulstandorten in Nordrhein-Westfalen insgesamt elf Modell-studiengänge in den Pflege- und Gesundheitsfachberufen genehmigt. Fünf dieser Modellstudiengänge sind dem pflegerischen Bereich zuzuordnen. Mit der Novellierung der Rechtsgrundlagen für die Durchführung von Modellvorhaben schafft die Landesregierung die Voraussetzungen, um auch neue Modellstudiengänge genehmigen zu können. Hierzu wurden das Gesundheitsfachberufeweiterentwicklungsgesetz geändert (Drucksache 17/2113) und eine neue Verordnung über die Durch-führung von Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Berufe in der Alten- und Krankenpflege, in der Hebammenkunde, der Logopädie, der Ergotherapie und der Physiotherapie erarbeitet (Drucksache 17/2624, Vorlage 17/782 Neudruck). Ein wichtiger Faktor für die Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufs ist darüber hinaus die Höhe der Vergütung der Beschäftigten in den Pflegeberufen. Damit auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in nicht-tarifgebunden Einrichtungen angemessen entlohnt werden, hat die Bundesregierung mit den Pflegenovellen der letzten Jahre dafür gesorgt, dass tarifentsprechende Vergütungen auch in den Pflegesatzverhandlungen für nicht-tarifgebundene Einrichtungen geltend gemacht werden können. Die Kostenträger sind daher verpflichtet, Tariflöhne in den Vergütungs-verhandlungen anzuerkennen. Die Landesregierung begrüßt die bundeseinheitliche Regelung und unterstützt den Bund bei seinen Bestrebungen, den Pflegesektor zu stärken. 3. Welche Maßnahmen möchte die Landesregierung einleiten, um wieder mehr Pflegekräfte für Arbeit in Vollzeit zu gewinnen? Gesamtversorgungsverträge können dazu beitragen, mehr Vollzeitstellen zu schaffen. Hierdurch können den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern individuelle und flexible Arbeitszeiten in verschiedenen Settings angeboten und somit eine Vollzeitbeschäftigung auf Wunsch ermöglicht werden. Ob und inwieweit von einem Gesamtversorgungsvertrag Gebrauch gemacht wird, liegt in der Eigenverantwortung der Leistungsanbieter und Kostenträger. Das MAGS hat sich bereits in verschiedenen Gesprächen mit den Vertreterinnen und Vertretern der Pflegekassen dafür eingesetzt, dass mehr flächendeckende Gesamtversorgungsverträge in Nordrhein-Westfalen geschlossen werden. Zur Erhöhung der Einheitlichkeit und Transparenz stimmt das Ministerium derzeit mit den Pflegekassen die Formulierung der Voraussetzungen für den Abschluss von Gesamtversorgungsverträgen in Nordrhein-Westfalen ab. Diese sollen anschließend Interessierten zur Verfügung gestellt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3316 4 4. Gibt es Bestrebungen, Maßnahmen wie zum Beispiel die Produktionsschule NRW mit sozialen Berufsfeldern, wie Altenpflegehelfer, Betreuungs- und Pflegeassistent, zu verbinden? Das Programm Produktionsschule.NRW läuft zum 31. August 2018 aus und wird ab dem 1. September 2018 durch das Programm Werkstattjahr abgelöst. Im Rahmen der Produktionsschule.NRW sollten junge Menschen durch einen produktionsorientierten Ansatz, die Verbindung von Arbeiten und Lernen in betriebsähnlichen Strukturen an den Arbeits- und Ausbildungsmarkt herangeführt werden. Hierbei konnten Produktionsschul-Maßnahmen schon immer auch im Berufsfeld Gesundheit und Soziales, Pädagogik, das auch die Pflegeberufe umfasst, angeboten werden. Das neue Programm Werkstattjahr wird den produktionsorientierten Ansatz beibehalten, weist aber eine höhere Betriebsorientierung und Betonung betrieblicher Praxisphasen auf. Auch im Werkstattjahr wird es möglich sein, das Berufsfeld Gesundheit und Soziales, Pädagogik anzubieten. Im welcher Zahl künftig Werkstattjahr-Maßnahmen im Berufsfeld Gesundheit und Soziales, Pädagogik durchgeführt werden, hängt von der Nachfrage dieses Berufsfeldes durch die zuweisenden Agenturen für Arbeit und Jobcenter vor Ort ab. Darüber hinaus werden die Berufsfelder Gesundheit und Soziales in den Praxisphasen der Beruflichen Orientierung im Rahmen von „Kein Abschluss ohne Anschluss“ in vielfältiger Form abgebildet. Aktuell wird eine Intensivierung auf dem Feld der trägergestützten Angebote geprüft.