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kleineAnfragen
LANDTAG NORDRHEIN
-
WESTFALEN
17
. Wahlperiode
Drucksache
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3338
02.08.2018
Datum des Originals:
01.08.2018
/Ausgegeben:
07.08.2018
Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein
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Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des
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Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884
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Westfalen unter
www.landtag.nrw.de
Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage
1218 vom
14. Juni 2018
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Drucksache
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2980
Welche Erfolge kann die Wegweiser
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Anlaufstelle
Bielefeld/Herford vorweisen?
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Die Antwort auf die kleine Anfrage „Kosten und Nutzen des Präventionsprogramms gegen
gewaltbereiten Salafismus
Wegweiser“ (Drucksache 17/1454) hat ergeben, dass die Weg-
weiser
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Anlaufstelle Bielefeld/Herford im Jahre 2017 (Stand 01.12.2017) mit 132.550 Euro ge-
fördert wurde. Der prozentuale Anteil der Personalkosten betrug zu diesem Zeitpunkt 56 %.
Seit 2014 gab es
insgesamt in NRW 4.600 Beratungen und 1.600 Sensibilisierungsmaßnah-
men. Die Anzahl der erfolgreichen Beratungsfälle konnte von der Landesregierung nicht ge-
nannt werden. Ziel ist es, die Erfolge des Programms genauer zu durchleuchten
am Beispiel
der Wegw
eiser
-
Anlaufstelle Bielefeld/Herford.
Der Minister des Innern
hat die Kleine Anfrage 1218 mit Schreiben vom 1. August 2018 na-
mens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Das Präventionsprogramm „Wegweiser
Gemeinsam gegen
gewaltbereiten Salafismus“ ist
im Jahr 2014 mit drei Modellvorhaben gestartet und wird sukzessive ausgebaut.
Zum Zwecke der Steuerung des Wegweiser
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Programms durch das Ministerium des Innern
sind die Träger vertraglich verpflichtet, jedes Quartal Kennza
hlen zum Anfrageaufkommen und
zur Auslastung der Anlaufstellen an das Ministerium des Innern zu übermitteln (Quartalszah-
len).
Die Träger aller Anlaufstellen sind zudem vertraglich verpflichtet, fortlaufend anonymisierte
detaillierte Zahlen für eine umfang
reiche Datenanalyse im Rahmen einer künftigen, extern zu
vergebenden Evaluation zu erheben und vorzuhalten. Die durch die Träger erhobenen Daten
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werden zur Wahrung der Vertraulichkeit der Beratungsarbeit ausschließlich an den Auftrag-
nehmer der Evaluation ü
bermittelt. Die Beauftragung der Evaluation wird derzeit vorbereitet.
Folglich liegen die in dieser Kleinen Anfrage abgefragten Daten der Landesregierung nicht
vollumfänglich vor. Insofern verweist die Landesregierung auf die Evaluationsergebnisse, wel-
ch
e nach ihrer Fertigstellung kommuniziert werden.
1.
Wie ist die Personalentwicklung der Wegweiser
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Anlaufstelle Bielefeld/Herford?
Derzeit steht allen Wegweiser
-
Anlaufstellen ein Personalkontingent von zwei Haushaltsstellen
(Vollzeit) zur Verfügung. Die
Stellen können mit zwei oder
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je nach Teilzeit
-
mehreren Bera-
terinnen/Beratern besetzt werden. Die jeweiligen Träger und das Ministerium des Innern als
finanzierende und koordinierende Stelle verfolgen das Ziel diese Stellen schnellstmöglich und
dauerhaf
t zu besetzen. Die tatsächliche Stellenbesetzung hängt von verschiedenen Faktoren
ab, unter anderem der aktuellen Bewerbungslage.
Am Wegweiser
-
Standort Bielefeld/Herford sind die Stellen aktuell zu 100% besetzt.
2.
Wie viele Beratungsanfragen hatte
die Anlaufstelle Bielefeld/Herford seit ihrer Er-
öffnung? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln)
Entsprechend des breiten Ansatzes von Wegweiser (siehe hierzu Beantwortung von Frage 4),
ergeben sich Anfragen aus unterschiedlichen Situationen und vor verschieden
sten Hintergrün-
den. Dabei handelt es sich um Gespräche mit Personen aus dem sozialen Umfeld der/des
Betroffenen und allgemeinen Anfragen (zum Beispiel zum Thema Islamismus oder Salafismus
und seinen Erscheinungsformen, Vortragsanfragen, Anfragen zu Veranst
altungen oder Pres-
seanfragen). Sie erreichen die Beraterinnen und Berater auf unterschiedlichen Kommunikati-
onswegen.
Das gesamte Wegweiser
-
Programm verzeichnete nach den dem Innenministerium übermittel-
ten Quartalszahlen (siehe hierzu die Ausführungen in
der Vorbemerkung) seit seinem Start
über 12.000 solcher Anfragen.
Am Standort Bielefeld/Herford waren es zum Ende des ersten Quartals 2018 über 300 Bera-
tungsanfragen seit dem Start der Anlaufstelle am 01.04.2017.
3.
Wie viele Beratungsgespräche pro Fal
l finden im Durchschnitt statt? (Bitte auf-
schlüsseln nach Art der Beratung, z.B. Elternberatung, Betroffenenberatung usw.)
4.
Welche Maßnahmen zur Deradikalisierung bzw. zur Prävention werden angeboten?
Die Fragen 3 und 4 werden wegen des engen Sachzusam
menhangs zusammen beantwortet.
Das Wegweiser
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Programm bietet niedrigschwellige und den örtlichen Gegebenheiten ange-
passte Beratungs
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und Unterstützungsangebote. Diese umfassen die individuelle Beratung
von Betroffenen und all derjenigen, die mit potentiel
l Betroffenen in Schule, Ausbildung, Beruf
oder Freizeit zu tun haben, allgemeine Informationsvermittlung an mittelbar Betroffene sowie
allgemeine Sensibilisierungsarbeit.
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Das Ziel der Beratung ist es, Handlungssicherheit und Sensibilität im Umgang mit de
m The-
menspektrum auf
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und auszubauen sowie konkrete Unterstützung, Beratung und Hilfestellung
zu bieten.
Wie in der Vorbemerkung dargelegt, liegen der Landesregierung keine Daten zur Anzahl von
Beratungsgesprächen pro Fall und Anlaufstelle vor.
Durchschnittswerte haben in der Präventionsarbeit keine Aussagekraft, da diese die Arbeit an
den jeweiligen Standorten nicht adäquat abbilden. Jeder Radikalisierungsprozess und eine
darauf bezogene Beratung ist ein Einzelfall. Jedwede Beratung stellt einen
Prozess dar, des-
sen Dauer und Intensität individuell auf die Bedürfnisse entweder des Anfragenden oder
des/der Betroffenen, seine Kenntnislage, seine Lebenswelt, sein soziales Umfeld und die vor-
gefundenen Problemlagen ausgerichtet ist. Folglich sind die e
rforderliche Anzahl an Bera-
tungsgesprächen, der Teilnehmerkreis dieser Gespräche und der Aufwand für die jeweiligen
Gespräche von Fall zu Fall sehr unterschiedlich.
Ein Durchschnittwert vernachlässigt auch die Mehrwerte einzelner Gespräche für die Teilne
h-
mer. So können Gespräche mit dem sozialen Umfeld am Anfang einer Beratung nicht nur
Einschätzungshilfen im konkreten Fall bieten, sondern darüber hinaus bei Multiplikatoren für
die Zukunft Handlungssicherheit im Umgang mit Jugendlichen in vergleichbaren S
ituationen
schaffen. Daher lassen Durchschnittswerte also keine Rückschlüsse auf die Nachhaltigkeit der
Beratung zu.
5.
Wie viele junge Menschen konnten aufgrund der Beratung von der Zuwendung zum
Salafismus bzw. einer anderen Radikalisierung abgehalten
oder zu einer Abwen-
dung bewegt werden?
Da Prävention immer darauf abzielt künftige unerwünschte Entwicklungen zu verhindern, ist
diese prozessorientiert zu betrachten.
In einer wissensbasierten Präventionsarbeit mit Betroffenen ist es bereits ein großer
und po-
sitiver Schritt, Jugendliche bzw. ihr soziales Umfeld frühestmöglich bezogen auf ihre Bedarfs-
situationen zu erreichen und einen Unterstützungsprozess zu initiieren. Nach den derzeitigen
Erkenntnissen aus der Wegweiser
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Arbeit gelingt dieser positive
Schritt in einer überwiegenden
Anzahl der Beratungsfälle (80
-
90%). In diesen Fällen wurde das für eine Beratung und Zu-
sammenarbeit notwendige Vertrauen geschaffen. Dies ist dann die Basis, um sich Schritt für
Schritt verschiedenen Situationen und Problem
lagen zu nähern, Zielvereinbarungen mit
der/dem Jugendlichen zu treffen und diese konsequent umzusetzen. Dabei werden alternative
tragfähige Lebenspläne entwickelt und gegebenenfalls zuständige örtliche Netzwerkpartner
verantwortlich mit eingebunden.
Dar
über hinaus ist die Zusammenarbeit mit der/dem Jugendlichen auf Langfristigkeit angelegt,
um nachhaltig wirken zu können. Sie geht über die aktuelle Beratungs
-
und Lebensphase hin-
aus. Selbst wenn etwa keine weiteren Gespräche mehr terminiert werden, weil d
urch die Be-
ratung ein konkretes Problem gelöst wurde oder die/der Jugendliche ihre/seine Lebenspläne
ändert, wird der Kontakt der Beraterinnen und
Beratern zu der/dem Jugendlichen so gehalten, dass die aktive Arbeit bei Bedarf wieder auf-
genommen werden k
ann.