LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3351 07.08.2018 Datum des Originals: 01.08.2018/Ausgegeben: 10.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1229 vom 29. Juni 2018 der Abgeordneten Sigrid Beer und Matthi Bolte-Richter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2995 (Neudruck) Wie hat die Landesregierung den einstimmigen Beschluss des Landtags zur Stärkung der Informatik an allen Schulen umgesetzt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Landtag hat am 06.04. des vergangenen Jahres den einstimmigen Beschluss gefasst, die Informatik an allen nordrhein-westfälischen Schulen zu stärken. Grundlage des Beschlusses war ein Antrag der Piratenfraktion sowie ein Änderungsantrag von SPD, Grünen und Piraten. Der Beschluss wurde ohne Gegenstimme bei Enthaltung der CDU gefasst. Im Beschluss wird festgestellt: „Die Vermittlung von Kompetenzen für das Leben und Lernen in der digitalen Welt ist Querschnittsaufgabe aller Fächer im Sinne einer zeitgemäßen Allgemeinbildung. Das Fach Informatik hat einen hohen Stellenwert, um darüber hinaus die Kenntnisse im Bereich der Informatik weiter zu vertiefen.“ Die Fachgruppe Informatische Bildung Nordrhein-Westfalen in der Gesellschaft für Informatik, bezeichnet „Informatik ist die Bezugswissenschaft sowohl für die digitale Bildung wie auch für die Entwicklung der Medienkompetenz und für den Übergang von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft.“ (Stellungnahme 16/3815) Die Landesregierung wurde schließlich aufgefordert, wirksame Maßnahmen zur Stärkung des Fachs Informatik zu ergreifen. Dabei wurden verschiedene Handlungsfelder aufgeführt: Lehrerausbildung , Lehramtszugangsverordnung, Zusatzqualifikationen und Qualifikationserweiterungen , Beratung und Weckung des Interesses von Schülerinnen und Schülern am Lehramt Informatik. Schließlich sollte das Projekt „Informatik an Grundschulen“ mit dem Ziel fortgeführt werden, die verbindliche Aufnahme von Lerninhalten der informatischen Allgemeinbildung in den Unterricht der Grundschulen vorzubereiten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3351 2 Das Projekt wird mit drei Modulen von Einrichtungen der Hochschulen Aachen, Wuppertal und Paderborn in Zusammenarbeit mit Schulen durchgeführt. Auf der Website der RWTH Aachen findet sich der Hinweis: „Die Materialien werden ab Januar 2018 auf der Webseite des Schulministeriums zum Download zur Verfügung stehen. Wir dürfen dieses leider im Vorfeld nicht rausgeben. “Der Link führt auf die Projektseite des Ministeriums, die am Ende auf die Projektseiten der Hochschulen rückverweist. Beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben auf Grundlage der Erfahrungen nun einen Entwurf für einen Kompetenzrahmen für informatische Bildung im Primarbereich erstellt, der als Beilage der Gesellschaft für Informatik e.V. zur Zeitschrift LOG IN erscheinen wird. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1229 mit Schreiben vom 1. August 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen wird zukünftig den Erwerb von Anwendungskompetenzen, Medienkompetenzen und einer informatischen Grundbildung in der digitalen Welt durch die sukzessive Überarbeitung aller Lehrpläne für die Primarstufe und die Sekundarstufe I systematisch curricular verankern – dabei geht es auch um neue fachliche Kompetenzanforderungen und Lernprozesse , die sich aus dem Einsatz digitaler Medien in den Unterrichtsfächern ergeben. Im Ergebnis geht es um zukunftsfähige Kompetenzen für das Lernen und Leben in der digitalen Welt. Als Grundlage dafür hat Nordrhein-Westfalen im Jahr 2017 nach einem breiten Arbeitsprozess mit Wissenschaft und medienpädagogischer Fachperspektive den Medienkompetenzrahmen NRW entwickelt. Dieser trägt der im Dezember 2016 beschlossenen Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ Rechnung, die länderübergreifende verbindliche Anforderungen an das Lehren und Lernen in der digitalen Welt beschreibt. Somit ist der Medienkompetenzrahmen NRW auf nationale und internationale Entwicklungen abgestimmt und ermöglicht mit seinen sechs Kompetenzbereichen und insgesamt 24 Teilkompetenzen systematische Medienbildung von der Primarstufe bis zum Ende der Schulpflichtzeit. Besonders hervorzuheben ist, dass mit dem Kompetenzbereich „Problemlösen und Modellieren “ die Basis für eine informatische Grundbildung für alle Schülerinnen und Schüler gelegt wird. Die Schulen sind aufgefordert, gegebenenfalls notwendige Aktualisierungen ihrer Medienkonzepte auf Grundlage des neugefassten Medienkompetenzrahmens NRW bis zum Ende des Schuljahres 2019/2020 abzuschließen. 1. Wie ist der Umsetzungsstand des Beschlusses des Landtags vom 06.04.2017 zur Stärkung der Informatik an allen Schulen in NRW hinsichtlich der Lehrerausbildung und der Lehramtszugangsverordnung? Zu der Forderung des Ausbaus der Kapazitäten für die Lehramtsstudiengänge für das Fach Informatik wird darauf hingewiesen, dass (mit Ausnahme des Studienstandortes Münster) zum Wintersemester 2017/2018 der Studiengang für das Fach Informatik für die verschiedenen Schulformen an den Hochschulen zulassungsfrei war und damit allen Studieninteressierten ein Studienplatz in NRW angeboten werden konnte. Zu den Kombinationsregelungen für das Fach Informatik wurde die Landesregierung mit dem Landtagsbeschluss vom 6. April 2017 zu einer Überprüfung im Rahmen der Berichterstattung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3351 3 an den Landtag nach § 1 Abs. 3 LABG aufgefordert. Dieser Aufforderung wird die Landesregierung in dem gesetzlich vorgesehenen Berichtszeitraum nach Beteiligung u.a. der Hochschulen nachkommen. 2. Wie ist der Umsetzungsstand hinsichtlich Zusatzqualifikationen und Qualifikationserweiterungen ? Im Schuljahr 2017/18 wurden in den Bezirksregierungen Arnsberg, Münster und Köln Qualifikationserweiterungen , so genannte Zertifikatskurse für Informatik für die Sekundarstufen I und II mit folgenden Teilnehmerzahlen angeboten: Sekundarstufe I Düsseldorf: 20 Arnsberg: 19 Münster: 15 Köln: 15 Sekundarstufe II Düsseldorf: 20 Arnsberg: 19 Münster: 14 Köln: 18 Ziel der Weiterbildung in den Zertifikatskursen ist es, unbefristet tätigen Lehrkräften, die für die Erteilung des Unterrichts im Fach Informatik keine Lehrbefähigung verfügen, die erforderliche Unterrichtsqualifikation zu vermitteln. Die Zertifikatskurse sind kompetenzorientiert angelegt und führen nach erfolgreicher Teilnahme zu einer entsprechenden unbefristeten Unterrichtserlaubnis. Voraussetzung für die Erteilung sind regelmäßige Teilnahme, engagierte und qualifizierte Mitarbeit in den Veranstaltungen sowie der Nachweis der geforderten fachlichen, fachdidaktischen und methodischen Kompetenzen im Rahmen der Veranstaltungen. 3. Wie ist der Umsetzungsstand hinsichtlich der Lehrergewinnung? Im Kalenderjahr 2016 sind landesweit 87 Lehrerinnen und Lehrer für das Fach Informatik eingestellt worden, davon 38 Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger (43,7 %), im Kalenderjahr 2017 waren es 50 Einstellungen, davon 23 Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger (46,0 %). Im Kalenderjahr 2018 sind landesweit bisher 41 Lehrerinnen und Lehrer, davon 13 Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger (31,7 %), eingestellt worden (Stand 06.07.2018). Es ist Ziel, die zur Verfügung stehenden freien und besetzbaren Stellen für das Fach Informatik mit ausgebildeten Lehrkräften mit einer Lehramtsbefähigung zu besetzen. Dafür werden alle zur Verfügung stehenden Ausschreibungs- und Listenverfahren genutzt. Für nicht besetzte Stellen wird versucht, Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger im Rahmen der Ausschreibungsverfahren zu gewinnen, die in der Regel einen Hochschulabschluss besitzen und sich verpflichten, an der entsprechenden Qualifizierung teilzunehmen. In der seit April 2018 laufenden Informations-, Werbe- und Imagekampagne für mehr Lehrkräfte wird gezielt für die Aufnahme eines Lehramtsstudiums in den MINT-Fächern geworben. In unterschiedlichen Kanälen werden junge Menschen angesprochen, sich auf der Webseite LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3351 4 www.lehrer-werden.nrw oder www.lehrerin-werden.nrw über den Beruf zu informieren. Schon auf der Startseite gibt es eine Verlinkung zum MINT-Bereich unter www.lehrer-werden .nrw/chancen/mint-lehrkraft/. 4. Wie ist der Umsetzungsstand hinsichtlich der Weiterentwicklung des Projektes Informatik an Grundschulen? 5. Welche weiteren Schritte sind hinsichtlich der Verankerung informatischer Bildung im Primarbereich vorgesehen? Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die im Projekt Informatik an Grundschulen (IaG) erarbeiteten Module „Digitale Welt“, „Ich habe ein Geheimnis!“ und „Wie funktioniert ein Roboter?“ wurden in den Korrespondenzschulen unterrichtlich erprobt und auf Grundlage der Erfahrungen beim Einsatz überarbeitet. Die Materialien zu den Modulen (Unterrichtsmaterialien, Lehrerhandreichungen und Schulungskonzepte ) werden zum Beginn des Schuljahres 2018/19 allen interessierten Schulen über die Projektseite IaG.nrw.de im Bildungsportal zur Verfügung gestellt. Das Projekt Informatik an Grundschulen soll im Schuljahr 2018/19 fortgesetzt werden mit dem Ziel, die verbindliche Integration informatischer Bildung im Primarbereich weiter vorzubereiten. Arbeitsschwerpunkte können dabei die Weiterentwicklung des technikfreien Modulkonzepts um einen optionalen Einsatz von Informatiksystemen sowie die Erarbeitung von Anregungen und Beispielen zur Umsetzung des Medienkompetenzrahmens NRW im Modulkontext sein. Darüber hinaus wird im Projektkontext die Wirksamkeit informatischer Bildung in der Grundschule auch wissenschaftlich evaluiert. Die Ergebnisse sollen am Ende des Jahres 2018 vorliegen . Darüber hinaus wurde bereits im Schuljahr 2017/18 in dem Kooperationsprojekt von der Universität zu Köln, der Deutschen Telekom Stiftung und des Schulministeriums für einen modernen Sachunterricht mit den Schwerpunkten Naturwissenschaften und Technik (NAWITAS) weiteres Unterrichtsmaterial zur Erreichung der im Medienkompetenzrahmen NRW formulierten Kompetenzen erarbeitet. Die Materialien werden ab dem Schuljahresbeginn 2018/19 fortlaufend auf der Projektwebsite https://nawitas.uni-koeln.de veröffentlicht. Im Projekt NAWITAS werden auch in den kommenden drei Jahren weitere Themen zum digitalen Lernen im Sachunterricht erarbeitet. Zudem werden künftig auch im Rahmen des Projekts PIKAS, in dem die Universität Dortmund, die Deutsche Telekom Stiftung und das Schulministerium kooperieren, im kommenden Schuljahr informatische Module im Kontext des Mathematikunterrichts an Grundschulen erarbeitet und auf der Projekthomepage https://pikas.dzlm.de allen Lehrkräften angeboten. Alle entwickelten Materialien stehen ebenso den Medienberaterinnen und Medienberatern sowie den Moderatorinnen und Moderatoren in den Kompetenzteams zur Verfügung und können landesweit in der Lehrerfortbildung eingesetzt werden. Im Kontext des Masterplans Grundschule soll zu Beginn des Schuljahres 2018/19 eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden, der neben Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitsebene im Schulministerium auch Vertreterinnen und Vertreter der drei oben genannten Projekte sowie der Medienberatung angehören sollen. Ziel ist die Beförderung eines intensiven fachlichen Austausches zu der Frage, wie informatische Bildung nachhaltig und verbindlich in der Grundschule verankert werden kann. Die Arbeitsgruppe soll hierzu Vorschläge erarbeiten und auch LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3351 5 die erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrkräfte in den Blick nehmen. Im Kontext des Masterplans Grundschule sollen alle Lehrpläne für die Grundschule überarbeitet und unter Berücksichtigung der Anforderungen des Medienkompetenzrahmens NRW aktualisiert werden , um in allen Fächern der Grundschule auch den Bereich der informatischen Bildung zu integrieren.