LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3360 07.08.2018 Datum des Originals: 03.08.2018/Ausgegeben: 10.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1238 vom 3. Juli 2018 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/3068 Welche Daten liegen den Feststellungen des Verfassungsschutzberichtes 2017 zur Entwicklung der Gewalt im Hambacher Forst zugrunde? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der jüngst vorgestellte Verfassungsschutzbericht 2017 des Landes Nordrhein-Westfalen widmet sich erneut in einem eigenen Kapitel der gewalttätigen Protestszene im Hambacher Forst. Dabei wird festgestellt, dass in der ersten und zu Beginn der zweiten Jahreshälfte 2017 eine überwiegend konstante Personenanzahl im mittleren zweistelligen Bereich im Hambacher Forst anzutreffen war. Seit dem zweiten Skill-Sharing-Camp im Oktober 2017 sei es jedoch zu einem „sprunghaften personellen Zulauf von Personen“ gekommen, so dass man bis Ende des Jahres 2017 von einer Vervierfachung der autonomen Szene (ca. 150 Personen) ausgehe . Seit September 2017 sei neben Gewaltanwendungen gegen Personal oder Sachen auch eine zunehmende Gewalteskalation gegen Polizeikräfte feststellbar. Im Bericht heißt es: „Diese Entwicklung führte unter anderem auch zur Abwanderung einzelner alteingesessener, weniger gewaltbereiter aber kommunikationsbereiter Personen, deren ideologischer Fokus wohl eher dem Themengebiet Klima- und Umweltschutz zuzurechnen ist.“ Die vor Ort festgestellten Personen würden überwiegend nicht aus dem Rheinland oder aus NRW, sondern aus dem restlichen Bundesgebiet sowie dem europäischen Ausland stammen. Der Verfassungsschutzbericht stellt auch die funktionellen und organisatorischen Verbindungen zu den Aktionstagen von „Ende Gelände“ dar: „Zwischen der Besetzerszene des Hambacher Forstes und Ende Gelände war während der ersten Aktionstage eine Verquickung feststellbar : Besetzer agierten als Vortragende beim Klimacamp sowie bei Kleingruppenaktionen (z.B. Baggerbesetzung im Tagebau Inden). Im Zuge der zweiten Aktionstage anlässlich der Weltklimakonferenz (COP 23) in Bonn im November waren ebenfalls Kontakte zwischen Besetzern und Verantwortlichen von Ende Gelände feststellbar, und es kam zu direkter logistischer Unterstützung der Massenaktion am Tagebau Hambach.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3360 2 Neben einer zunehmenden europaweiten, internationalen Vernetzung gebe es eine lokale Vernetzung u.a. mit Bürgerinitiativen, Einrichtungen oder Einzelunterstützern. Der Verfassungsschutzbericht widmet diesen „logistischen Rahmenbedingungen“ besonderes Augenmerk, da „ohne externe Unterstützung und Solidaritätsmaßnahmen eine wirkliche autonome Besetzung nicht aufrecht zu erhalten wäre.“ Der Innenminister hat die Kleine Anfrage 1238 mit Schreiben vom 3. August 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. 1. Wie viele bzw. welche Straftaten sind im Berichtszeitraum ausgehend von der autonomen Besetzerszene im Hambacher Forst festzustellen gewesen? Für das Berichtsjahr 2017 wurden im Verfassungsschutzbericht 164 Straftaten mit Bezug zum „Hambacher Forst“ ausgewiesen. Die autonome Besetzerszene im Hambacher Forst ist als heterogen und wechselnd zu bezeichnen, eine Zugehörigkeit zu dieser Szene ist nicht Gegenstand statistischer Erfassung. Insoweit liegen zur Zugehörigkeit von Personen zur autonomen Besetzerszene keine validen Daten vor. 2. Welche bzw. wie viele Delikte sind speziell zum Nachteil der eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten festzustellen gewesen? 50 Straftaten können dem Unterthema „Polizei“ zugeordnet werden, die folgenden Delikten zuzuordnen sind: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 113 StGB Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte gem. § 114 StGB Hausfriedensbruch gem. § 123 StGB Landfriedensbruch gem. § 125 StGB Beleidigung gem. § 185 StGB Körperverletzung gem. § 223 StGB Gefährliche Körperverletzung gem. § 224 StGB Sachbeschädigung gem. § 303 StGB Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel gem. § 305a StGB Gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr gem. § 315 StGB Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gem. § 315b StGB Störung öffentlicher Betriebe gem. § 316b StGB Verstoß gegen das Versammlungsgesetz 3. Bei welchen der registrierten Straftaten konnten jeweils erfolgreiche Ermittlungen, erfolgte Strafanzeigen bzw. gerichtliche Verurteilungen herbeigeführt werden? Zu jeder der von der Polizei registrierten Straftaten wurde eine Strafanzeige gefertigt. Im Jahre 2017 konnten durch die Ermittlungskommission Hambach 62 Tatverdächtige ermittelt werden. Teilweise richtete sich gegen diese Personen ein Tatverdacht wegen mehrerer Straftaten innerhalb des Jahres 2017. Wann die Verfahren bei den jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften eingegangen sind, ob gegen die Tatverdächtigen Anklage erhoben und ob Verurteilungen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3360 3 ergangen sind, lässt sich nur durch eine Sonderauswertung von Hand feststellen. Dies ist in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Welche Konsequenzen hat die Abwanderung einzelner, alteingesessener, weniger gewaltbereiter aber kommunikationsbereiter Personen für das Kommunikationsund Einsatzkonzept der Polizei? Die Abwanderung einzelner alteingesessener, weniger gewaltbereiter aber kommunikationsbereiter Personen wird nicht zu einer Abkehr von der bewährten Einsatzstrategie der Polizei Aachen führen. Diese sieht einerseits nach wie vor einen intensiven Dialog und Kommunikation zu allen relevanten Beteiligten vor. Gegen erkannte Straftäter und Störer wird die Polizei Aachen andererseits hingegen auch zukünftig konsequent einschreiten. 5. Welche Bürgerinitiativen und Einrichtungen sind als logistische Unterstützer der autonomen Waldbesetzerszene identifiziert (bitte Institutionen einzeln aufführen)? Die logistische Unterstützung der Waldbesetzerszene erfolgt nach Erkenntnissen der Landesregierung durch verschiedene lokale Institutionen und Akteure. Zu den zumindest partiell von Linksextremisten beeinflussten Gruppierungen / Einrichtungen gehören „Ende Gelände Ortsgruppe KÖLN“, „Ende Gelände Ortsgruppe AACHEN“, „Hambi Support KÖLN“, „Werkstatt für Aktionen und Alternativen DÜREN“, „ausgeCO2hlt“ und „Grüner Finger Rheinland“. Zu den übrigen Gruppierungen / Einrichtungen gehören „BUND NRW“, „Buirer für Buir“, „Klimavernetzung Ruhr“ und „Hambi Support AACHEN“.