LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3380 08.08.2018 Datum des Originals: 03.08.2018/Ausgegeben: 13.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1251 vom 4. Juli 2018 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/3081 Wie verändert sich die Wettbewerbslage der Aluminium-Industrie in NRW nach der Trump-Sanktionspolitik für Importe in die USA? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die US-Administration hat beschlossen, den Import von Aluminium aus der EU mit zehn Prozent zu verzollen. Die Branche geht davon aus, dass der Export von deutschem Aluminium in die USA im Jahr 2018 um circa sieben Prozent und im Jahr 2019 um circa 20 Prozent zurückgehen wird. Zudem besteht die berechtige Sorge, dass es zu Marktverschiebungen kommen wird, die etwa durch Schutzzölle für Staaten wie China entstehen könnten. Alleine aus China könnten 2019 über 110.000 Tonnen an Aluminiumprodukten auf andere Märkte umgeleitet werden, die eigentlich für den US-Markt vorgesehen waren. Die Unberechenbarkeit Trumps, die jeweiligen Streitigkeiten mit Russland und China, die EU-internen Differenzen machen die komplizierte Situation deutlich, weil die Aluminimumindustrie als globale Industrie von allen diesen Entwicklungen besonders betroffen ist. Zudem ist die Aluminiumindustrie auf preisgünstige Energie angewiesen. Im Lichte der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ besteht bei den Vertretern der Aluminimumindustrie die berechtigte Sorge, dass ein frühzeitiges Aussteigen aus der Braunkohleverstromung zu weiteren Energie- Kostensteigerungen führen wird. Allein für die Aluminiumhütten und Aluminiumwalzwerke in NRW wird bei einer Substitution von Braunkohlestrom durch Gasstrom von 20-40% höheren Stromkosten ausgegangen, was Kostensteigerungen von ca. 150 Mio. Euro pro Jahr bedeuten kann. Die Branche sieht die Verlässlichkeit in ihre Investitionsplanung dadurch angegriffen, dass nun politisch verlässliche Strompreise durch den genehmigten Tagebaubetrieb bis ca. 2045 aufgegeben werden könnten. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 1251 mit Schreiben vom 3. August 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3380 2 1. Wie hat die Landesregierung Interventionsmöglichkeiten bei der Bundesregierung genutzt, um US-Zölle auf Import von Aluminium aus NRW zu verhindern? Die Landesregierung unterstützt die Positionen der Europäischen Union und der Bundesregierung im Hinblick auf die Bewertung der US-Zölle. Die Zuständigkeit der Europäischen Union erfordert diesbezüglich ein koordiniertes gemeinsames Auftreten. Die Landesregierung hat sich öffentlich bereits frühzeitig im Interesse des Aluminiumstandorts Nordrhein-Westfalen positioniert und diese Standpunkte bei vielen Gesprächen – auch mit Vertreterinnen und Vertretern der Bundesregierung – geäußert. In der Aktuellen Viertelstunde im Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung am 7. März 2018 zum Thema „Welche Auswirkungen hat der Protektionismus der USA auf den Stahlund Aluminiumstandort NRW?“ habe ich im Landtag die Position der Landesregierung dargestellt. Die Landesregierung war zudem maßgeblich an der Erstellung der gemeinsamen Erklärung der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder unter der Überschrift „Für einen partnerschaftlichen fairen Freihandel“ aus Anlass ihres Treffens in Brüssel am 15. März 2018 beteiligt. Die Landesregierung wird sich weiterhin – auch gegenüber der Bundesregierung – für freien, regelbasierten und fairen Welthandel einsetzen und entsprechende Initiativen unterstützen. Zuletzt geschah dies im Hinblick auf die US-Zölle auf Aluminium durch Beschluss im Rahmen der Europaministerkonferenz vom 28. Juni 2018 sowie die Befassung der Wirtschaftsministerkonferenz am 27./28. Juni 2018. 2. Wie hat die Landesregierung - im Rahmen ihrer zahlreichen konsularischen Gespräche - direkt mit Vertretern der USA Position zur Aluminium- Sanktionspolitik bezogen? Am 17. Mai 2018 hat Ministerpräsident Armin Laschet in Begleitung von Minister Dr. Stephan Holthoff-Pförtner den neuen Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika, S.E. Richard A. Grenell, im Landeshaus zu einem Antrittsbesuch empfangen. Botschafter Richard A. Grenell wurde vom US-Generalkonsul in Düsseldorf, Michael R. Keller, begleitet. Der Ministerpräsident warnte in dem Gespräch mit dem Botschafter vor den möglichen Folgen der durch die US-Regierung erwogenen US-Zölle auf Aluminium- und Stahlprodukte aus Europa. In diversen bilateralen Gesprächen auf Arbeitsebene mit Vertreterinnen und Vertretern u.a. des US-Generalkonsulats in Düsseldorf wurden gemeinsame Werte und Ziele betont sowie die Position der Landesregierung deutlich gemacht. 3. Mit welchen Auswirkungen durch die US-Zölle auf die Aluminimumindustrie in NRW rechnet die Landesregierung? Zwischen Deutschland und den USA besteht eine intakte und gesunde intra-industrielle Handelsstruktur für Aluminiumprodukte. Die Wertschöpfungsketten sind stark miteinander verbunden. Die Aluminiumindustrie geht davon aus, dass in 2019 der Aluminiumexport von Deutschland in die USA um 20 Prozent zurückgehen wird. Noch drastischer werden die umgeleiteten Importe aus China und Russland auf Deutschland wirken. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3380 3 Die konkreten Auswirkungen für Deutschland und Nordrhein-Westfalen werden von verschiedenen Faktoren abhängen. Hierzu zählen insbesondere die konkreten Absprachen anderer Staaten mit den USA (insbesondere Kanada, Südkorea, Brasilien), welche aufgrund der möglichen überschüssigen Volumina aus diesen Staaten die Umlenkungseffekte zu den hiesigen Märkten beeinflussen. Die Auswirkungen solcher Umlenkungseffekte werden dann wiederum maßgeblich von der Wirksamkeit der angekündigten Maßnahmen der EU abhängen. Im Hinblick auf mögliche zollbedingte Beeinträchtigungen des US-amerikanischen Absatzmarktes für hiesige Unternehmen sind zudem ggf. von US-Seite gewährte potentielle produktspezifische Ausnahmen für nordrhein-westfälische Hersteller zu berücksichtigen. Letztlich hat die Einführung eines 10-prozentigen Zollsatzes Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette. 4. Welche Maßnahmen möchte die Landesregierung ergreifen, um die Aluminimumindustrie in NRW zu unterstützen? Die Landesregierung steht aufgrund der Bedeutung der Aluminiumindustrie im steten Austausch mit den Unternehmen und den zuständigen Verbänden GDA und WV Metalle. Dabei werden die Interessen der Unternehmen entsprechend berücksichtigt, damit der Standort der Aluminiumindustrie erhalten bleibt. Die Landesregierung unterstützt den dreiblättrigen Ansatz der Europäischen Union aus WTO- Konsultationsverfahren, maßvollen und zielgerichteten Gegenzöllen sowie bei Bedarf Maßnahmen gegen die Folgen von Handelsumlenkungen. Zu den diesbezüglichen Aktivitäten der Landesregierung wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. 5. Wie will die Landesregierung u.a. in der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ gewährleiten, dass auch zukünftig eine wettbewerbsfähige Stromversorgung für Aluminimumindustrie in NRW gesichert bleibt? Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ soll u.a. einen Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung, einschließlich eines Abschlussdatums erarbeiten. Ein vorzeitiger Kohleausstieg zum Erreichen der Klimaschutzziele wird nur möglich sein, wenn Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Strompreise erhalten bleiben sowie Strukturbrüche in den betroffenen Regionen vermieden werden können. Daher setzt sich die Landesregierung im Rahmen ihrer Handlungsmöglichkeiten in der Kommission dafür ein, dass die Auswirkungen einer möglichen vorzeitigen Reduzierung der Kohleverstromung auf die energieintensive Wirtschaft in hinreichendem Maße berücksichtigt und unverhältnismäßige Belastungen vermieden werden. Zudem setzt sie sich dafür ein, dass ein Stresstest für die Versorgungssicherheit, der bereits im Koalitionsvertrag auf Bundesebene angelegt ist, zeitnah bei der Bundesnetzagentur umgesetzt wird und nicht erst – wie vorgesehen – ab 2019. Ein vorzeitiger Kohleausstieg könnte durch den Wegfall des kostengünstigen Energieträgers Braunkohle zu steigenden Strompreisen führen und mittelbar auch Arbeitsplätze in der energieintensiven Industrie gefährden. Deshalb wird die Landesregierung sich weiterhin dafür einsetzen, dass die notwendigen Entlastungen (u.a. EEG-Umlage, Netzentgelte) für die energieintensive Industrie erhalten bleiben.