LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3416 14.08.2018 Datum des Originals: 13.08.2018/Ausgegeben: 17.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1291 vom 12. Juli 2018 der Abgeordneten Stefan Engstfeld, Arndt Klocke und Johannes Remmel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/3191 Trassenvarianten Eiserner Rhein: Fühlt sich die Landesregierung noch an die Beschlüsse des Landtags gebunden? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Realisierung der Schienenstrecke ‚Eiserner Rhein‘ von Antwerpen bis Mönchengladbach ist für Nordrhein-Westfalen unverzichtbar, um die erheblich wachsenden Gütermengen aus dem Überseehandel, die in den belgischen Häfen Zeebrügge und Antwerpen umgeschlagen werden, abwickeln zu können. Dabei geht es nicht nur um den Import von Waren, sondern vor allem um den weltweiten Export von NRW-Wirtschaftsgütern. In der Sitzung des Landtags am 28. September 2011 haben sich alle Fraktionen des Landtages (Drs. 15/2895) bei drei Enthaltungen einstimmig dafür ausgesprochen, die Möglichkeit einer Realisierung des Eisernen Rheins auf einer Trasse entlang der Autobahn 52 gegenüber dem Bund zu verhandeln. Damit wurde ein von allen Fraktionen getragener Beschluss des Landtages vom November 2007 bestätigt (Drs. 14/5579 Neudruck). Zum Bundesverkehrswegeplan 2030 wurde seitens des Landes NRW entsprechend eine „A52-Variante“ angemeldet. Der Bund seinerseits präferierte aus Kostengründen dagegen die Umsetzungen der sogenannten „Historischen Trasse“, die nach Überzeugung des Landtags aufgrund von Anwohnerschutz und unter Umweltgesichtspunkten nicht zu unterstützen ist und auch nicht umsetzbar erscheint. Der heutige Fraktionsvorsitzende und damalige verkehrspolitische Sprecher der FDP, Christof Rasche MdL, machte in seiner Rede (Plenarprotokoll 15/42) deutlich: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3416 2 „Der Eilantrag ist wichtig, weil wir uns für die A52-Trasse entscheiden müssen. Denn wir haben alle vernommen, welche Bewegung es beim Bund gibt. (…) Wir wollen eine realisierbare Trasse. Da gibt es nur eine Möglichkeit: die A52-Trasse.“ Entsprechend war bisher davon auszugehen, dass sich die jeweiligen Landesregierungen an dieses eindeutige Votum des Landtags pro A52-Trasse gebunden fühlen. Im März 2018 besuchte Herr Verkehrsminister Wüst die Niederlande und Belgien. In der begleitenden Pressemitteilung der Staatskanzlei vom 08.03.2018 wurde wie folgt auf eine Machbarkeitsstudie „3RX - Alternative Rhein-Ruhr-Gleisanschlüsse“ aus Dezember 2017 verwiesen : „Verkehrsminister Wüst und sein Kollege Weyts waren sich einig, dass nach Vorliegen des so genannten 3RX-Gutachten der flämischen Regionalregierung für eine Schienenverbindung zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Hafen Antwerpen jetzt die nächsten Schritte erfolgen müssen. Gemeinsam fordern sie die Einrichtung einer Arbeitsgruppe aus Vertretern der Nationalregierungen Belgiens, der Niederlande und Deutschlands unter Beteiligung der betroffenen Regionen zur Umsetzung der 3RX-Studie.“ Eine dem Landtagsbeschluss entsprechende explizite Forderung nach einer A52-Trasse des Eisernen Rheins lässt sich dieser Pressemitteilung nicht entnehmen. Gleiches gilt auch für den aktuellen CDU/FDP-Antrag (Drs. 17/3017) „Nordrhein-Westfalen in Europa III: Grenzüberschreitende Mobilität ausbauen“, in dem eine solche Forderung nicht enthalten ist. Der Verkehrsminister hat die Kleine Anfrage 1291 mit Schreiben vom 13. August 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung will Nordrhein-Westfalen als führenden Logistikstandort in Deutschland stärken und ausbauen. Dazu sollen die grenzüberschreitenden Schienenverbindungen für den Gütertransport verbessert werden. Aufgrund der in Zukunft weiter stark ansteigenden Seefrachtverkehre und der Expansion insbesondere der Überseehäfen Rotterdam und Antwerpen ist Nordrhein-Westfalen als Ziel-, Quell- und Transitland der wachsenden Güterverkehre in besonderem Maße auf leistungsfähige Hinterlandanbindungen angewiesen. Dabei ist der Hafen Antwerpen nach dem Rotterdamer Hafen der zweitwichtigste der ZARA- Überseehäfen für Nordrhein-Westfalen. Vor allem für den Hafen Duisburg sowie die Chemieund Stahlindustrie ist die Anbindung des Hafens Antwerpen an das nordrhein-westfälische Hinterland von großer Bedeutung. Mit dieser Schienenverkehrsverbindung kann es gelingen, in Zukunft mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Um dem Wohl der Allgemeinheit und den Verkehrsbedürfnissen gemäß Art. 87 e des Grundgesetzes Rechnung zu tragen, finanziert der Bund entsprechend § 8 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes Neubau-, Ausbau- und Ersatzinvestitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes. Die Verbindung zwischen dem Hafen Antwerpen und dem Ruhrgebiet ist somit - auf deutscher Seite – eine Bedarfsplanmaßnahme in der Zuständigkeit des Bundes. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3416 3 1. Fühlt sich die Landesregierung weiter an den einstimmigen Beschluss des Landtags Drs.15/2895 in Sachen Eiserner Rhein – d.h. an der Zielvariante einer A52- Trasse –gebunden? 2. Falls nein: Welche Umsetzungsvariante des „Eisernen Rheins“ bevorzugt die Landesregierung ? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Schieneninfrastrukturverbindung zwischen dem Hafen Antwerpen und dem Ruhrgebiet ist eine Bedarfsplanmaßnahme des Bundes. Entsprechend hat das Land Nordrhein-Westfalen die A52-Variante am 25. März 2013 zum Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030) angemeldet . Im September 2014 hat der Bund Überlegungen zu einem sogenannten „Dritten Weg“ öffentlich gemacht. Dabei handelt es sich um die Ausbaustrecke D/NL – Kaldenkirchen – Viersen – Rheydt-Odenkirchen. Der BVWP 2030 und das nachfolgende Bundesschienenwegeausbaugesetz aus 2016 weisen von den drei Trassenvarianten lediglich den „Dritten Weg“ (Vordringlicher Bedarf seit Oktober 2017) aus. Die Historische Trasse sowie die A52-Lösung haben sich bereits früh im mehrstufigen Bewertungsverfahren für den BVWP 2030 als unwirtschaftlich erwiesen und haben damit derzeit keine Realisierungschancen. 3. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die A52-Trasse laut den vorliegenden Berechnungen der 3RX-Machbarkeitsstudie sowohl in der „Kosten/Nutzen -“ als auch in der „Sozialen-Kosten/Nutzen-Analyse“ gegenüber den Varianten „3RX“ und „Historische Trasse“ als Vorzugsvariante anzusehen ist? Im Januar 2015 hat die flämische Regionalregierung die Initiative einer räumlichen, technischen und wirtschaftlichen Machbarkeitsstudie gestartet. Die Studie wurde Mitte Januar 2018 beendet. Im Ergebnis zeigt die sozioökonomische Nutzen-Kosten-Analyse für alle drei Varianten kein ausreichendes Ergebnis für die Relation über alle drei Staaten (Belgien, Niederlande und Deutschland). Da der BVWP 2030 lediglich für die Ausbaustrecke D/NL – Kaldenkirchen – Viersen – Rheydt- Odenkirchen ein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis von 2,0 ausweist, kann derzeit nur diese Variante verfolgt werden. Hierbei ist hinzuzufügen, dass nur in der Verbindung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs und des Güterverkehrs eine Chance für einen Streckenausbau entsteht. Danach lässt sich ein Ausbau für die vom Land Nordrhein-Westfalen und mehreren Kommunen gewünschten Städteverbindungen zwischen Düsseldorf und Eindhoven im Schienenpersonenverkehr nur dann gesamtwirtschaftlich rechtfertigen, wenn die Strecke auch für den Schienengüterverkehr zu den ZARA-Häfen genutzt werden kann. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3416 4 4. Mit welchen Ergebnissen sind Untersuchungen bezüglich einer möglichen zusätzlichen Kapazitätsproblematik und Anwohnerbelastung durch neuinduzierte Zuund Abgangsverkehre auf vorhandenen Strecken durch die Umsetzung der verschiedenen Varianten des Eisernen Rheins durchgeführt worden? (Bitte für die bereits bestehenden Strecken im Bereich bis mindestens Duisburg/Ruhrgebiet bzw. bis zur südlichen Grenze NRWs) Zuständig hierfür ist der Bund. Eine etwaige Untersuchung ist nicht bekannt. Das Land jedenfalls hat keine Untersuchungen bezüglich einer möglichen zusätzlichen Kapazitätsproblematik und Anwohnerbelastung durch neuinduzierte Zu- und Abgangsverkehre auf vorhandenen Strecken durch die Umsetzung der verschiedenen Varianten des Eisernen Rheins durchgeführt . 5. Mit welchen infrastrukturellen Maßnahmen sollen die zusätzlichen Kapazitäts- und Lärmproblematiken durch die genannten Varianten auf den bereits bestehenden Strecken im Vor- und Nachlauf zum Eisernen Rhein aufgefangen werden? Vor der Aufnahme von Planungen für infrastrukturelle Maßnahmen strebt das Bundesverkehrsministerium eine Ressortvereinbarung zwischen den Verkehrsministerien in Deutschland , den Niederlanden und Belgien und nachfolgend einen Staatsvertrag zum Bau der Maßnahme an. Danach kann der Vorhabenträger mit der Planung beginnen und entsprechende Aussagen treffen.