LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3432 20.08.2018 Datum des Originals: 17.08.2018/Ausgegeben: 23.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1200 vom 27. Juni 2018 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/2947 Eingeführte Förderhöchstgrenze im Programm „Dorferneuerung 2018“ ist schädlich für die Entwicklung des ländlichen Raums! Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 14.03.2018 wurde vom neu zugeschnittenen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen der geänderte Programmentwurf „Dorferneuerung 2018“ veröffentlicht. Darin stellt die Landesregierung selbst fest: „Die ländlichen Räume in Nordrhein-Westfalen mit ihren zahlreichen Dörfern und dörflich geprägten Kommunen sind Lebens- und Wirtschaftsräume für nahezu die Hälfte der Einwohner des Landes. Obwohl im EU-Vergleich auf nationaler Ebene und innerhalb von Nordrhein-Westfalen relativ gute Entwicklungsdaten mit hoher Lebensqualität und geringer Arbeitslosigkeit zu messen sind, zeichnen sich kritische Trends ab, die die Gemeinden und Regionen vor Herausforderungen stellen werden. Die nach der Neuressortierung der Landesregierung dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung zugewiesenen Mittel der Dorferneuerung haben das Ziel, im Rahmen integrierter ländlicher Entwicklungsansätze die ländlichen Räume in ihren dörflichen bzw. ortsteilspezifischen Siedlungsstrukturen als Lebens-, Arbeits-, Erholungs- und Naturräume zu sichern und zu entwickeln.“1 Vor dem Hintergrund dieser durchaus korrekt dargestellten Analyse des Status Quo und der Prognose der bevorstehenden Herausforderungen für den ländlichen Raum, erscheint eine im Rahmen der Änderung des Programms von Frau Ministerin Scharrenbach eingeführte Obergrenze für Fördervorhaben von zukünftig maximal 250.000 Euro geradezu lachhaft. 1 https://www.mhkbg.nrw/ministerium/presse/pressemitteilungsarchiv/pm2018/pm20180314a/ENT- WURF__Dorferneuerungsprogramm2018.pdf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3432 2 Nicht nur, dass die eingeführte Obergrenze für Fördervorhaben die zukünftige Entwicklung des ländlichen Raums in massiver Weise bremst. Sie dreht auch die langfristigen Planungen der Kommunen auf den Kopf, die selbstverständlich bereits Projekte zur Förderung des ländlichen Raums im Rahmen des Programms „Dorferneuerung“ zur Umsetzung vorbereitet haben und durchbricht damit jedwede Planungssicherheit für Kommunalverwaltungen und Kommunalpolitik . Das Programm, in dem laut Entwurf für 2018 rund 12,25 Mio. Euro bereitstehen, führt durch die nun eingeführte maximale Förderhöhe sämtliche Entwicklungspotenziale des ländlichen Raums ad absurdum und sorgt dafür, dass gerade der ländliche Raum in NRW erneut zurückgeworfen wird. Diese Entwicklung ist im Rahmen der von der Landesregierung getroffenen Prognose, dass dörflich geprägte Kommunen Lebens- und Wirtschaftsraum für nahezu die Hälfte der Einwohner des Landes sind, nicht nachvollziehbar und rückschrittlich. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 1200 mit Schreiben vom 17. August 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Finanzen und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung 1. Wie setzt sich die Gesamtfördersumme in Höhe von rund 12,25 Mio. Euro des Förderprogramms „Dorferneuerung 2018“ zusammen? (Bitte aufgeschlüsselt nach Land, Bund, EU) Die in Kapitel 08 700 Titelgruppen 63 und 73 veranschlagte Gesamtfördersumme in Höhe von 12,25 Mio. Euro setzt sich aus Kassenmitteln (3,6 Mio. Euro Bundesmitteln, 2,4 Mio. Euro Landesmitteln) und Verpflichtungsermächtigungen (3,75 Mio. EUR Bundesmittel, 2,5 Mio. EUR Landesmittel) zusammen. Die genannten Zahlen sind dem Haushaltsplan 2018 des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein- Westfalen zu entnehmen. EU-Mittel kommen nicht zum Einsatz. 2. Welche Gründe hat die Landesregierung für die Einführung einer Grenze von 250.000 Euro maximalen Fördervolumens zur Förderung des ländlichen Raums? Die Förderung erfolgt ausschließlich innerhalb der im nordrhein-westfälischen Programm „Ländlicher Raum 2014 – 2020“ definierten Gebietskulisse „Ländlicher Raum“ in Orten und Ortsteilen bis zu 10.000 Einwohner. Dieser definierten Gebietskulisse folgen auch die Maßnahmen aus dem „Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 2017 bis 2020 für den Förderbereich 1 „Integrierte ländliche Entwicklung“, Maßnahme 4.0 „Dorfentwicklung“. Fördergrundsätze und -richtlinien müssen nach dem Verständnis der Landesregierung gegenüber den Antragsberechtigten klar und transparent sein. Die genannte Summe in Höhe von 250.000 Euro entspricht der gelebten Verwaltungspraxis der Vorgängerregierung. Einen Überblick über den Stand von Förderhöhen aus den damaligen Haushaltskapiteln ist abrufbar (PDF-Seiten 7 bis 12) unter: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3432 3 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV16-4994.pdf Darüber hinaus hat eine Ex-Post-Bewertung des früheren nordrhein-westfälischen Programms „Ländlicher Raum 2007 – 2013“ ergeben, dass die durchschnittlichen förderfähigen Gesamtkosten für Maßnahmen der Dorferneuerung bei den Gemeinden je Projekt rund 107.565 Euro betragen haben. Mit der klaren und transparenten Nennung des Umfangs und der Höhe der Zuwendung in Höhe von 250.000 Euro für Maßnahmen von Gemeinden (65 %) wird die durchschnittliche Zuwendungshöhe der Jahre 2007 – 2013 um mehr als das Zweifache übertroffen. 3. Wie schätzt die Landesregierung ganz konkret die Chancen für die Umsetzung der bereits geplanten Dorfentwicklungskonzepte für die in meinem Landtagswahlkreis liegenden Dörfer Stolberg-Mausbach und Stolberg-Werth ein? Für das Programmjahr 2018 liegen dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen keine Förderanträge aus den beiden Dörfern Stolberg-Mausbach und Stolberg-Werth vor. Eine Einschätzung zur Umsetzung von Maßnahmen aus den beiden benannten Entwicklungskonzepten kann daher nicht vorgenommen werden. 4. Wie wirkt sich die Obergrenze des Förderprogramms konkret auf die übrigen, in meinem Landtagswahlkreis liegenden Kommunen Eschweiler, Roetgen, Simmerath und Monschau aus? (Bitte einzeln je Kommune antworten) Für die Kommunen Eschweiler, Roetgen, Simmerath und Monschau liegen dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen für das Programmjahr 2018 keine Förderanträge vor, insofern kann keine konkrete Auswirkung festgestellt werden. Die für Simmerath bereits bewilligten Fördermittel sind von der Förderhöchstgrenze nicht betroffen. 5. Hat die Landesregierung – falls ja, wie – bei der Entwicklung des Programms „Dorferneuerung 2018“ sowie der Festsetzung der betraglichen Obergrenze auch die betroffenen Kommunen beteiligt? Zur Wahrnehmung der Aufgabenfelder der Dorferneuerung hat der Haushaltsgesetzgeber im Einzelplan 08 für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung die Mittel bereitgestellt. Die Festsetzung von Förderhöchstgrenzen liegt im Verantwortungsbereich des zuständigen Ministeriums und bedarf nicht der vorherigen Erörterung durch die möglicherweise betroffenen Kommunen. Mit dem Entwurf des Aufstellungserlasses zum Dorferneuerungsprogramm 2018 wurden die Bezirksregierungen über die Förderhöchstgrenze informiert. Als zuständige Prüf- und Bewilligungsbehörden haben die Bezirksregierungen die mit dem Entwurf des Aufstellungserlass festgesetzten Förderschwerpunkte und -höchstgrenzen an die Kommunen kommuniziert und die Kommunen bei der Antragsstellung beraten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3432 4 Folgendes Antrags- und Förderverfahren wurde zur Erstellung des Dorferneuerungsprogramms 2018 umgesetzt: Die Antragstellung erfolgt durch die Kommune bei der jeweils zuständigen Bezirksregierung . Für jede Maßnahme ist ein einzelner Förderantrag zu stellen; reicht eine Kommune mehrere Anträge ein, sind die Anträge durch die Kommune zu priorisieren. Die Beratung sowie Prüfung der Förderfähigkeit der eingereichten Anträge erfolgt durch die Bezirksregierungen. Die Bezirksregierungen übermitteln dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen einen Programmvorschlag mit den beantragten Maßnahmen. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein -Westfalen entscheidet auf Basis der Programmvorschläge der Bezirksregierungen über die beantragten Dorferneuerungsmaßnahmen und gibt das Dorferneuerungsprogramm bekannt. Damit wurde das bisherige Verfahren, welches sich bei den Bewilligungsbehörden und Gemeinden sowie Gemeindeverbänden etabliert hat, fortgesetzt.