LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3436 20.08.2018 Datum des Originals: 17.08.2018/Ausgegeben: 23.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1293 vom 16. Juli 2018 der Abgeordneten Marlies Stotz SPD Drucksache 17/3193 Fördermittelvergabe nach „Gutsherrinnenart“: Will Heimatministerin Scharrenbach die Fördermittelvergabe an Bürgermeister*innen delegieren? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie der Tageszeitung „Der Patriot“ vom 21. Juni 2018 zu entnehmen ist, machte die Heimatministerin Ina Scharrenbach bei einem Ortstermin in Geseke-Ehringhausen Förderzusagen für Projekte im Rahmen des Förderprogrammes „Dorferneuerung 2018“, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht beantragt worden waren. Seit einigen Monaten beunruhigen widersprüchliche Informationen über Förderprogramme des Landes zur dörflichen Entwicklung und Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume die Menschen vor Ort. Am Beispiel der Stadt Geseke im Kreis Soest offenbart sich die Konzeptlosigkeit der neuen Landesregierung in Sachen Förderung des ländlichen Raumes einmal mehr. Nach sinnvollen Stärke-Schwäche-Analysen und durchdachten Ideen in den Ortsteilen – vor allem mit viel Herzblut durch die Bürgerschaft entwickelt – scheint es im neuen Heimatministerium bislang keinerlei transparentente und nachvollziehbare Förderkriterien zu geben, wie man künftig eine zukunftsweisende Dorfentwicklung sicherstellen will. Das führt nachvollziehbar zu großer Enttäuschung bei den vielfach sehr engagierten Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Das Vertrauen in staatliches Handeln wird mit einem derartig spontanen Handeln ohne jedwede Grundlage jedenfalls nicht gestärkt. So wird Ministerin Scharrenbach in dem Presseartikel vom 21. Juni 2018 zitiert „Ein Projekt werden Sie bekommen. Welches, das müsse der Bürgermeister entscheiden, sagte sie in die schockstarre Runde.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3436 2 Derzeit bemühen sich in Geseke gleich zwei Ortsteile um Landesförderung für zukunftsweisende Dorfentwicklungsprojekte. Förderanträge waren zum Zeitpunkt des Besuches der Ministerin nicht von der Stadt Geseke auf den Weg gebracht worden, da bis dato immer noch keine Kriterien für die Landesförderung vom Ministerium Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung vorliegen. Die inzwischen eingeführte Förderhöchstgrenze im Programm „Dorferneuerung 2018“ von zukünftig maximal 250. 000 Euro erscheint vor dem Hintergrund der mangelhaften Vergabepraxis wie eine zusätzliche Strafe für die engagierten Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden. Die Ministerin für Heimat, Kommunales; Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 1293 mit Schreiben vom 17. August 2018 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung 1. Auf welcher Grundlage hat Ministerin Scharrenbach die Förderung eines Projektes , das noch gar nicht beantragt worden war, in Geseke-Ehringhausen zugesagt? 3. Nach welchen Förderkriterien vergibt das Land künftig Fördermittel zur Stärkung dörflicher Strukturen? Die Fragen 1 und 3 werden zusammen beantwortet: Zur Stärkung dörflicher Strukturen hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen im März 2018 den Entwurf eines Aufstellungserlasses zur Förderung von Maßnahmen der Dorferneuerung veröffentlicht. Der Entwurf des Aufstellungserlasses 2018 benennt die Fördergegenstände und dient als Grundlage zur Entscheidung der Förderfähigkeit von Dorferneuerungsmaßnahmen in diesem Kalenderjahr. Die Förderung erfolgt ausschließlich innerhalb der im nordrhein-westfälischen Programm „Ländlicher Raum 2014 – 2020“ definierten Gebietskulisse „Ländlicher Raum“ in Orten und Ortsteilen bis zu 10.000 Einwohner. Dieser definierten Gebietskulisse folgen auch die Maßnahmen aus dem „Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ für den Zeitraum 2017 bis 2020 für den Förderbereich 1 „Integrierte ländliche Entwicklung“. Die Zuwendung wird in Form der Anteilsfinanzierung mit Höchstbetragsregelung gewährt. Der Fördersatz für Gemeinden und Gemeindeverbände beträgt 65 %. Der Fördersatz für Maßnahmen Privater beträgt 35 %. Die Höhe der Zuwendung beträgt grundsätzlich für Maßnahmen der Gemeinden höchstens 250.000 Euro und für Maßnahmen Privater höchstens 50.000 Euro. 2. Wie wirkt sich die Obergrenze des Förderprogramms konkret auf die in meinem Landtagswahlkreis 120/ Kreis Soest II liegenden Kommunen aus? Die Landesregierung hat derzeit keine Erkenntnisse, ob und falls ja, in welchem Umfang sich die Förderhöchstgrenze von 250.000 Euro für Gemeinden und Gemeindeverbände auf die im Landtagswahlkreis 120/ Kreis Soest II befindlichen Kommunen auswirkt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3436 3 Die genannte Förderhöchstgrenze von 250.000 Euro entspricht der gelebten Verwaltungspraxis der vergangenen Jahre. Ein Überblick über den Stand von Förderhöhen aus den damaligen Haushaltskapiteln ist der LT-Drs. 16/4994 zu entnehmen. Eine Ex-Post-Bewertung des nordrhein-westfälischen Programms „Ländlicher Raum 2007 – 2013“ hat ergeben, dass die durchschnittlichen förderfähigen Gesamtkosten für Maßnahmen der Dorferneuerung bei den Gemeinden je Projekt rund 107.565 Euro betragen haben. Mit der klaren und transparenten Nennung des Umfangs und der Höhe der Zuwendung in Höhe von 250.000 Euro für Maßnahmen von Gemeinden wird die durchschnittliche Zuwendungshöhe der Jahre 2007 – 2013 um mehr als das Zweifache übertroffen. 4. Wie will die Ministerin sicherstellen, dass zukünftige Antragsteller sich auf transparente und klar nachvollziehbare Förderkriterien verlassen können? 5. Wie erklärt sich die spontane Aussage der Ministerin, die Vergabe von Fördermitteln dem Bürgermeister der Kommune übertragen zu wollen? Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet: Die für die Bewilligungen zuständigen Bezirksregierungen wurden Anfang Juli vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen gebeten, für das laufende Haushaltsjahr Programmvorschläge auf Basis des Entwurfs des Aufstellungserlasses 2018 zur Förderung von Maßnahmen der Dorferneuerung zu erarbeiten. Damit wurde das bisherige Verfahren, welches sich bei den Bewilligungsbehörden und Gemeinden sowie Gemeindeverbänden etabliert hat, fortgesetzt. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen entscheidet auf Grundlage der Programmvorschläge der Bezirksregierungen über die Förderung der beantragten Dorferneuerungsmaßnahmen und gibt diese anschließend bekannt. Auf diese Weise wird ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren umgesetzt. Die konkreten Förderkriterien sind dem Entwurf des Aufstellungserlasses zu entnehmen. Sollte eine Kommune mehrere Dorferneuerungsmaßnahmen für ein Programmjahr beantragen , so obliegt es der Kommune, der zuständigen Bewilligungsbehörde eine entsprechende Priorisierung der Maßnahmen mitzuteilen. Das zuständige Ministerium legt anschließend im Rahmen seiner Entscheidungshoheit fest, welche der von der Kommune priorisierten Maßnahmen der Dorferneuerung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Gesamtfördersumme gefördert werden kann. Durch dieses Verfahren wird sichergestellt, dass die Planungshoheit der Kommunen nicht berührt wird. Eine Aussage derart, dass die Entscheidungskompetenz für die Vergabe von Fördermitteln auf Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Kommunen im ländlichen Raum übertragen werden soll, habe ich nicht getätigt.