LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3463 27.08.2018 Datum des Originals: 23.08.2018/Ausgegeben: 30.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1313 vom 23. Juli 2018 der Abgeordneten Verena Schäffer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/3240 Razzia in Dortmunder Kulturzentrum „Langer August“ Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie durch Medienberichterstattung bekannt wurde, sollen am Mittwochabend, den 4. Juli 2018 durch die Polizei Dortmund und das Landeskriminalamt NRW Räume im Kulturzentrum „Langer August“ durchsucht und Gegenstände beschlagnahmt worden sein (https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/kritik-an-polizei-nach-razzia-in-dortmund- 100.html, https://www.ruhrnachrichten.de/Staedte/Dortmund/Cybercrime-Razzia-im-linken- Kulturzentrum-in-der-Dortmunder-Nordstadt-1301421.html). An der Durchsuchung gibt es Kritik. Die Polizei soll Räume von mehreren Vereinen durchsucht haben, die von dem zugrundeliegenden Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Köln nicht umfasst gewesen sein sollen. Der Durchsuchungsbeschluss soll sich laut Medienberichterstattung nur auf die „Geschäftsräume [...] des Vereins Wissenschaftsladen Dortmund e.V.“ beschränkt haben (https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/kritik-an-polizei-nach-razziain -dortmund-100.html). Wie berichtet wird, sollen Zeuginnen und Zeugen gesehen haben, dass Beamtinnen und Beamte der Polizei auch in Vereinsräume anderer Gruppen eindrangen und dort ein Netbook und andere Gegenstände beschlagnahmten. Das Protokoll der Beschlagnahmung soll als Dienststelle die Polizei Dortmund ausweisen. (https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/kritik-anpolizei -nach-razzia-in-dortmund-100.html) Der Polizeieinsatz soll auf Veranlassung französischer Behörden der Beschlagnahmung eines Servers des Wissenschaftsladens mit sensiblen Dokumenten zu einem französischen Atomkraftwerk und vier französischen Gefängnissen gedient haben. Der Verein stellt Serverplätze zur Verfügung, die für jeden zu mieten sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3463 2 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1313 mit Schreiben vom 23. August 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet. 1. Aus welchem Grund wurde die Durchsuchung am 4. Juli 2018 durchgeführt? Die Durchsuchung am 4. Juli 2018 erfolgte wegen des Tatverdachts des Ausspähens von Daten und Datenveränderung gemäß §§ 202a, 303a StGB gegen Unbekannt auf Grundlage zweier Beschlüsse des Amtsgerichts Köln vom selben Tag, gerichtet auf Beschlagnahme (506 Gs 1436/18) und Durchsuchung (506 Gs 1435/18). Die vorgenannten Beschlüsse wurden durch die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein -Westfalen (ZAC NRW) aufgrund einer durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz übermittelten Europäischen Ermittlungsanordnung der Staatsanwaltschaft Paris erwirkt. Die Europäische Ermittlungsanordnung zielte auf die Sicherstellung von in Frankreich entwendeten und auf einer nach den Ermittlungen der französischen Behörden über einen Server des „Wissenschaftsladens Dortmund e. V.“ gehosteten Internetseite angebotene Daten eines Anbieters spezialisierter Planungsleistungen u. a. für Kernkraftanlagen. Aus Sicht der französischen Behörden war die Offenlegung der Daten geeignet, die nationale Sicherheit Frankreichs zu gefährden. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Durchsuchung von Räumen anderer Vereine bzw. Gruppen in dem Kulturzentrum vor dem Hintergrund, dass sich der zugrundeliegende Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Köln ausschließlich auf die Räumlichkeiten des Wissenschaftsladen e.V. bezogen haben soll? Die Räumlichkeiten des betreffenden Gebäudes waren einzelnen Nutzern nicht zuzuordnen, vor Ort anwesende Personen kooperierten nicht. Da auch sonst keine Hinweise auf den gesuchten Raum erlangt werden konnten, wurden alle in Frage kommenden Räume betreten, aber nicht durchsucht. Eine Durchsuchung eines anderen Raumes als des durch die Beschlüsse abgedeckten Geschäftsraums des Wissenschaftsladens erfolgte nicht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3463 3 3. Welche Gegenstände wurden bei der Durchsuchung aus welchen Räumen des Kulturzentrums beschlagnahmt? (Bitte Gegenstände getrennt nach Räumen auflisten.) Im Rahmen der Durchsuchung wurden folgende Gegenstände sichergestellt: Gegenstände Auffindeörtlichkeit Betreten/ Durchsuchen Rechts-grundlage Sicherstellung/ Beschlagnahme Rechts-grundlage Smartphone, Samsung, weiß EG, Treppenhaus Betreten § 103 StPO § 43 S.1 Nr. 2 PolG NRW (Eigentumssiche - rung) Server (ECO Server ), S/N 1009769 mit der Aufschrift „Gehäuse 1“ 3. OG, Serverraum Durchsuchung § 103 StPO §§ 94/98 StPO Aktenordner „Konto 2018“ 3. OG, Servervorraum Durchsuchung § 103 StPO §§ 94/98 StPO Aktenordner „Konto 2017“ 3. OG, Servervorraum Durchsuchung § 103 StPO §§ 94/98 StPO Aktenordner „Verträge “ 3. OG, Servervorraum Durchsuchung § 103 StPO §§ 94/98 StPO Aktenordner „Verein “ 3. OG, Servervorraum Durchsuchung § 103 StPO §§ 94/98 StPO USB-Stick, 4GB, Transcend „10.2“ 3. OG, Serverraum Durchsuchung § 103 StPO §§ 94/98 StPO Notebook, Medion Akoya, P6638, MSN 30015147, mit Netzteil, schwarz 1. OG rechts, 1. Raum Betreten § 103 StPO § 43 S.1 Nr. 2 PolG NRW (Eigentumssiche - rung) externe USB- Festplatte, WD, S/N WX51EC40R85Z 1. OG rechts, 1. Raum Betreten § 103 StPO § 43 S.1 Nr. 2 PolG NRW (Eigentumssiche - rung) Karton mit Plakaten der Kampagne „DO1404 - keine homezone für Nazis “ 1. OG rechts, 2. Raum Betreten § 103 StPO § 108 StPO (Zufallsfund) zwei Kartons der Kampagne „Naziwatch “ 1. OG rechts, 2. Raum Betreten § 103 StPO § 108 StPO (Zufallsfund) Notebook der Marke Acer 1. OG rechts, 2. Raum Betreten § 103 StPO § 108 StPO (Zufallsfund) Die zur Eigentumssicherung gem. § 43 PolG NRW sichergestellten Gegenstände wurden zwischenzeitlich wieder an den Eigentümer ausgehändigt. Die gem. § 108 StPO als Zufallsfunde sichergestellten Gegenstände standen nach Bewertung der eingesetzten Polizeibeamten erkennbar in Zusammenhang mit einem beim Polizeipräsidium Dortmund geführten Strafverfahren. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3463 4 4. Sind die Räume des durchsuchten Kulturzentrums Gegenstand von Überwachungsmaßnahmen ? Zu etwaigen verdeckten Maßnahmen von Polizei und Verfassungsschutz nimmt die Landesregierung öffentlich keine Stellung. 5. Wie war die Polizei NRW an der Durchsuchung beteiligt? (Ich bitte u.a. um Darstellung des Auftrags der Polizei und der eingesetzten Personalstärke der betreffenden Behörden.) Im Hinblick auf den Auftrag verweise ich auf die Antwort zu Frage 1. Durch die Polizei Nordrhein-Westfalen wurden insgesamt 47 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen, des Polizeipräsidiums Dortmund sowie des Polizeipräsidiums Bochum eingesetzt.