LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3465 27.08.2018 Datum des Originals: 24.08.2018/Ausgegeben: 30.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1353 vom 2. August 2018 des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD Drucksache 17/3342 Prä- und Postexpositionsprophylaxe – Ein weiterer Schritt im Kampf gegen das Humane Immundefizienz-Virus Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) soll in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgenommen werden. Das hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) am 20.07.2018 erklärt. Weiterhin kündigte er im Vorfeld des Aidskongresses an, „dass Menschen mit einem erhöhten Infektionsrisiko einen gesetzlichen Anspruch auf ärztliche Beratung, Untersuchung und Arzneimittel zur Präexpositionsprophylaxe erhalten“. Das Vorhaben soll noch in diesem Monat auf den Weg gebracht werden. Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) könnten etwa 10.000 Menschen in Deutschland PrEP in Anspruch nehmen. Die Kosten bezifferte das Ministerium auf 50 Euro je Patient und Monat. Bereits 2016, als das Medikament erstmals auf dem deutschen Markt zugelassen wurde, hatte der GKV-Spitzenverband betont, dass PrEP zwar als Therapie GKV-Leistung sei, als Prävention sähen die Kassen allerdings keine Rechtsgrundlage für eine Kostenübernahme durch die GKV. Die Kassen wiesen auch darauf hin, dass der Gesetzgeber Arzneimittel, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht – wie etwa der Behandlung erektiler Dysfunktionen oder der Steigerung der sexuellen Potenz – von der Versorgung ausgeschlossen habe. Die Finanzierung von Arzneimitteln, die dazu dienen, die Ausübung sexueller Aktivitäten zu ermöglichen, obliege in der Arzneimittelversorgung der Eigenverantwortung der Versicherten. Neben der Präexpositionsprophylaxe, welche einen vorbeugenden Charakter hat, existiert die sogenannte Postexpositionsprophylaxe (PEP). Hierbei handelt es sich um eine Therapie, welche nach einem „HIV Risikokontakt“ zum Einsatz kommt. Hier werden folgende Szenarien unterschieden: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3465 2 - PEP im beruflichen Umfeld, typischerweise Nadelstichverletzungen: Kostenübernahme erfolgt über die Berufsgenossenschaft - PEP im privaten Umfeld bei Gewaltopfern: Kostenübernahme erfolgt im Rahmen der Notfallversorgung - PEP nach privater Exposition, typischerweise ungeschützter Geschlechtsverkehr Jedoch bieten ausschließlich spezialisierte Krankenhäuser und Arztpraxen die Postexpositionsprophylaxe an, darüber hinaus sind Betroffene häufig aufgrund der unsicheren Kostenübernahme abgeschreckt. Hier muss Klarheit geschaffen werden, um Betroffenen schnellstmöglich kompetente Hilfe zukommen zu lassen. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1353 mit Schreiben vom 24. August 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Das BMG schätzt die Zahl der potentiellen Anspruchsberechtigten der PrEP Therapie in Deutschland auf 10.000. Von welchen Zahlen geht die Landesregierung für Nordrhein Westfalen aus? Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage „Finanzierung der Praexpositionsprophylaxe bei HIV (PrEP)“ (BT-Drucksache 19/3581) darauf hin, dass sich die Zahl der an der Einnahme der Präexpositionsprophylaxe (PrEP) interessierten Personen nicht valide schätzen lässt. Die erwähnten 10.000 Menschen sind von PrEP-Nutzern in Frankreich (7.000) abgeleitet. Daraus abgeleitet können für Nordrhein-Westfalen 2.000 interessierte Personen geschätzt werden. 2. Wie schätzt die Landesregierung die gesetzliche Lage bezogen auf die Kostenübernahme der Präexpositionsprophylaxe ein? Die Landesregierung teilt die Einschätzung der Bundesregierung, dass bisher keine ausreichende Rechtsgrundlage im Fünften Buch Sozial-gesetzbuch (SGB V) für die Erstattung der Praexpositionsprophylaxe besteht (siehe Antwort der Bundesregierung zu der erwähnten Kleinen Anfrage, BT-Drucksache 19/3581, Fragen 5 und 8). 3. Für den Fall, dass eine Kostenübernahme durch die GKV nicht zustande kommt und unter Berücksichtigung der aus Frage 1 resultierenden Schätzungen: Wie hoch ist der Betrag, der durch Gesundheitsminister Spahn geforderten Therapie in NRW? Die Bundesregierung schätzt die jährlichen Kosten des Arzneimittels auf rund 600 Euro, die jährlichen Kosten für Diagnostik, ärztliche Beratung und Therapiebegleitung auf rund 170 Euro pro Person (siehe Antwort der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage: BT-Drucksache 19/3581, Frage 2). Basierend auf dieser Berechnung können die jährlichen Kosten in Nordrhein-Westfalen auf 1,54 Mio. € geschätzt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3465 3 4. In welchen Einrichtungen und für welche Zielgruppen wird in Nordrhein Westfalen eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) nach HIV-Risikokontakt angeboten? Die Postexpositionsprophylaxe (PEP) wird gemäß den Deutsch-Öster-reichischen Leitlinien zur Postexpositionsprophylaxe der HIV-Infektion (update 2018) der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) (AWMF-Register-Nr.: 055-004) durchgeführt. Im Rahmen der leitliniengerechten Durchführung wird nicht zielgruppenspezifisch, sondern ereignisabhängig die Notwendigkeit der Behandlung mit einer PEP bewertet. Im Rahmen von beruflichen Expositionen führen der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin bzw. Einrichtungen mit einer berufsgenossenschaftlichen Zulassung die Postexpositionsprophylaxe (PEP) durch. Bei einer privaten Exposition sind dies HIV-Schwerpunktärztinnen und -ärzte sowie Kliniken mit einer HIV-Schwerpunktbehandlung. 5. Die Frage nach der im Rahmen der HIV-PEP entstehenden Kosten entscheidet sich vorrangig nach der Art des Risiko-kontakts (z.B. Kostenübernahme der PEP nach beruflicher Exposition durch Gesetzliche Unfallversicherung). Wie erfolgt die Kostenübernahme der HIV-PEP nach privater Exposition? Im Falle einer privaten Exposition werden die Kosten für die leitlinien-gerechte Durchführung der PEP von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet; siehe Pressemitteilung Nr. 13/2018 des Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß § 91 SGB V (G-BA) vom 17. April 2018: https://www.g-ba.de/institution/presse/pressemitteilungen/741/ )