LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3476 27.08.2018 Datum des Originals: 24.08.2018/Ausgegeben: 30.08.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1305 vom 19. Juli 2018 der Abgeordneten Verena Schäffer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/3223 Anwendung der „Kooperationsvereinbarungen ‚Respekt‘“ im Kreis Düren Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zwischen der Kreispolizeibehörde Düren und verschiedenen Gemeinden des Kreises wurden Ende des vergangenen Jahres sogenannte Kooperationsvereinbarungen Respekt geschlossen . Ziel dieser Kooperationsvereinbarungen soll es sein, „respektloses“ Verhalten gegenüber Polizeibeamtinnen und -beamten sowie Beschäftigten der Verwaltung zurückzudrängen. Gemäß der Vereinbarung sollen Amtsträgerinnen und Amtsträger, die ein ihrem Empfinden nach „respektloses Verhalten“ erlebt haben, den Sachverhalt sowie die persönlichen Daten der sich „respektlos“ verhaltenen Personen festhalten und über eine behördeninterne Ansprechstelle an eine zentrale Stelle bei der Kreispolizeibehörde Düren übermitteln. Die Behörden sollen die Polizei auch über in Sachen Respekt getroffene Maßnahmen informieren. Die zentrale Stelle der Polizei soll die Daten auf Nachfrage an andere „Kooperationspartner“ übermitteln . Durch die Weitergabe der Daten soll ein kreisweites Lagebild über Personen, die sich „respektlos “ oder gewalttätig gegenüber Amtsträgern und Amtsträgerinnen verhalten, erstellt werden . Der Polizei soll ermöglicht werden, Maßnahmen gegen erfasste Personen durchzuführen. Des Weiteren sollen sich Beschäftigte der Verwaltungen in den Gemeinden und im Kreis, die Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern haben, besser auf Termine mit bei der zentralen Stelle registrierten Personen vorbereiten können. Darüber hinaus findet sich in den Kooperationsvereinbarungen der Hinweis, dass durch die Informationen „sichergestellt“ werde, in Fällen von „relevante[m] Verhalten“ „die Gewährung von Leistungen und die Eignung für Berechtigungen “ prüfen zu können. Laut Antwort der Landesregierung auf meine vorangegangene Kleine Anfrage 1068 (Drucksache 17/2676) soll die Rechtsgrundlage für die Übermittlung dieser Daten von Stellen der Verwaltungen der Gemeinden bzw. des Kreises an die Polizei § 24 Nr. 11 des Ordnungsbehördengesetzes NRW in Verbindung mit § 30 Absatz 1 oder Absatz 2 des Polizeigesetzes NRW LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3476 2 bzw. für die Übermittelung der Daten von der Polizei an die öffentlichen Stellen § 28 Absatz 1 oder Absatz 2 des Polizeigesetzes NRW sein. Aus dem Bericht der Landesregierung an den Innenausschuss vom 24. Juni 2018 (Vorlage 17/937) geht des Weiteren hervor, dass eine rechtliche Prüfung der Kooperationsvereinbarung durch das Innenministerium nicht stattgefunden hat. Auch die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit wurde nicht in die Erstellung der Kooperationsvereinbarung eingebunden. Der Kontakt mit sich „respektlos“ verhaltenden Personen ist für Amtsträger und Amtsträgerinnen ohne Zweifel sehr belastend. Es ist jedoch fraglich, dass die Kooperationsvereinbarungen ein geeignetes Mittel zum Schutz der Beschäftigten sind, wenn die auf ihrer Grundlage getroffenen Maßnahmen ohne eine entsprechende rechtliche Grundlage erfolgen. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1305 mit Schreiben vom 24. August 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Wie definiert die Landesregierung „respektloses Verhalten“ gegenüber Polizeibeamtinnen und -beamten und Beschäftigten der Verwaltung? Die Kooperationsvereinbarung definiert respektloses Verhalten, als Verhalten gegenüber Amtsträgern, das darauf abzielt, deren Menschenwürde oder Amtsautorität zu verletzen bzw. deren Handeln zu verhindern oder zu erschweren. Werden Straftaten gegen Leib und Leben, Beleidigungen, Bedrohungen oder Nötigungen gegenüber Amtsträgern verübt, kann nach der Kooperationsvereinbarung regelmäßig von mangelndem Respekt ausgegangen werden. Die Landesregierung schließt sich dieser Definition an. 2. Wie viele Fälle von sich „respektlos“ verhaltenden Personen wurden der Kreispolizeibehörde Düren bisher gemeldet? (Bitte nach Kreis bzw. Gemeinde, konkretem Vorwurf und Datum der Meldung aufschlüsseln.) Der Kreispolizeibehörde Düren wurden bisher durch die Kooperationspartner insgesamt 34 Fälle respektlosen Verhaltens gemeldet: Stadt Düren (17 Fälle) 03.11.2017 Bedrohung 20.11.2017 Beleidigung 22.11.2017 Bedrohung 08.12.2017 Hausfriedensbruch 08.12.2017 Bedrohung 08.12.2017 Hausfriedensbruch 16.02.2018 Bedrohung 19.02.2018 Beleidigung 28.02.2018 Beleidigung 12.03.2018 Beleidigung 13.04.2018 Beleidigung 14.05.2018 Beleidigung, Bedrohung, Sachbeschädigung 07.05.2018 Beleidigung 16.05.2018 Bedrohung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3476 3 29.06.2018 Beleidigung 10.07.2018 Körperverletzung, Sachbeschädigung 20.07.2018 Üble Nachrede Stadt Jülich (11 Fälle) 30.10.2017 Behinderung Gerichtsvollzieher 06.11.2017 Bedrohung 06.11.2017 Hinweis auf Reichsbürger 19.02.2018 Beleidigung, Bedrohung 19.02.2018 Beleidigung, Sachbeschädigung 04.04.2018 Bedrohung, Beleidigung 27.04.2018 Bedrohung 27.04.2018 Bedrohung, Beleidigung 30.05.2018 Erpressung, Bedrohung 30.05.2018 Hinweis auf Reichsbürger 25.06.2018 Beleidigung Gemeinde Kreuzau (2 Fälle) 14.11.2017 Bedrohung, versuchte Körperverletzung 28.02.2018 Beleidigung Gemeinde Hürtgenwald (2 Fälle) 05.04.2018 Bedrohung, Beleidigung, versuchte Körperverletzung 12.07.2018 Beleidigung Gemeinde Nörvenich (1 Fall) 19.06.2018 Bedrohung, Beleidigung, Sachbeschädigung Gemeinde Vettweiß (1 Fall) 06.06.2018 Bedrohung, Beleidigung, versuchte Körperverletzung 3. Auf welcher Rechtsgrundlage beruht die Prüfung relevanten Verhaltens im Hinblick auf die Gewährung von Leistungen der öffentlichen Verwaltung an erfasste Personen und die Feststellung der Eignung für Berechtigungen? Die beteiligten Kommunen wenden die Kooperation vornehmlich als Maßnahme der Gewaltprävention und Gefahrenabwehr an. Soweit die Kreispolizeibehörde Düren die von anderen Behörden übermittelten Daten dazu nutzt, die Zuverlässigkeit einer betroffenen Person auf dem Gebiet des Waffenrechts zu überprüfen , liegt eine Zweckänderung vor. Die Rechtsgrundlage dafür ergibt sich aus § 23 Abs. 1 S. 2 Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen (PolG NRW), siehe auch die Verwaltungsvorschrift 23.12 zu § 23 PolG NRW. Die Ermächtigung für die Überprüfung der Zuverlässigkeit ergibt sich aus § 5 Abs. 5 Waffengesetz. Die Gewährung von Leistungen der öffentlichen Verwaltung an erfasste Personen und die Feststellung der Eignung für Berechtigungen richtet sich nach den jeweiligen spezialgesetzlichen Vorschriften. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3476 4 4. Bei wie vielen der unter Frage 2 erfassten Personen wurde die Gewährung von Leistungen und die Feststellung der Eignung für Berechtigungen geprüft? Die Kreispolizeibehörde Düren hat alle Personen, die im Kontext der Kooperationsvereinbarung erfasst wurden, im Hinblick auf vorliegende waffenrechtliche Berechtigungen überprüft. Da die Personen nicht im Besitz waffenrechtlicher Berechtigungen waren, wurde die Eignung für waffenrechtliche Berechtigungen bisher in keinem Fall geprüft. Auch die Kommunen führten bisher keine Überprüfung im Hinblick auf die Gewährung von Leistungen und/oder eine Feststellung der Eignung von Berechtigungen durch. 5. Sind nach Auffassung der Landesregierung die Datenübermittlungen zwischen der Kreispolizeibehörde Düren und den Behörden im Kreis sowie die Speicherung der Daten im Sinne der Kooperationsvereinbarung von den dort genannten Rechtsgrundlagen erfasst, obwohl nach der Definition von respektlosem Verhalten in der Kooperationsvereinbarung auch Verhalten erfasst wird, das unterhalb des Gefahrenabwehrbereichs liegt, und Behörden Daten erhalten können, die nicht für die Gefahrenabwehr zuständig sind? Nach den genannten Rechtsnormen ist die Datennutzung nur zur Erfüllung der jeweiligen behördlichen Aufgaben zulässig. Eine Nutzung der Daten darf für den Bereich der Polizei daher nur zum Zweck der Gefahrenabwehr und/oder Strafverfolgung stattfinden. Diese Prüfung ist jeweils im konkreten Einzelfall vorzunehmen. Es wird kein Verhalten erfasst bzw. übermittelt, welches unterhalb des Gefahrenabwehrbereichs liegt. Bei den Kooperationspartnern handelt es sich ausschließlich um die Kreisverwaltung sowie die Städte und Gemeinden des Kreises Düren. Ihnen allen obliegen die behördliche Gewaltprävention und die Gefahrenabwehr.