LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3513 31.08.2018 Datum des Originals: 31.08.2018/Ausgegeben: 05.09.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1263 vom 6. Juli 2018 des Abgeordneten Johannes Remmel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/3097 Welche Position vertritt die Landesregierung zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission für ein nachhaltiges Finanzwesen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Als Reaktion auf die weltweiten Bemühungen zur Förderung einer nachhaltigeren Wirtschaft hat die Europäische Kommission jüngst drei Verordnungsvorschläge vorgelegt: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen (COM(2018) 353 final), Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Offenlegung von Informationen über nachhaltige Investitionen und Nachhaltigkeitsrisiken sowie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/2341 (COM(2018) 354 final) und Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/1011 in Bezug auf Referenzwerte für CO2-arme Investitionen und Referenzwerte für Investitionen mit günstiger CO2-Bilanz (COM(2018) 355 final). Diese Vorschläge sind Teile einer umfassenden Initiative der Europäischen Kommission für eine nachhaltige Entwicklung. Es soll ein EU-Rahmen geschaffen werden, „der die Aspekte Umwelt, Soziales und Governance (Environment Social Governance – ESG) in den Mittelpunkt des Finanzsystems stellt, um den Übergang der EU-Wirtschaft zu einer umweltfreundlicheren und widerstandsfähigeren Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Um Investitionen in Anbetracht der Treibhausgasemissionen, Ressourcenverknappung und Arbeitsbedingungen nachhaltiger zu gestalten, sollten bei Investitionsentscheidungen ESG-Faktoren berücksichtigt werden.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3513 2 Die ESG-Aspekte sollen in allen Bereichen in den Investitions- und Beratungsprozess integriert werden. „Dadurch soll gewährleistet werden, dass alle Finanzmarktteilnehmer (…), Versicherungsvertreiber und Anlageberater, die von ihren Kunden oder Begünstigten damit beauftragt werden, in ihrem Namen Investitionsentscheidungen zu treffen, ESG-Aspekte in ihre internen Prozesse integrieren und ihre Kunden davon in Kenntnis setzen. Um Investoren darüber hinaus Instrumente für den Vergleich des CO2-Fußabdrucks verschiedener Investitionen an die Hand zu geben, werden mit den genannten Vorschlägen neue Referenzwert-Kategorien eingeführt: Referenzwerte für CO2-arme Investitionen (low carbon benchmarks) und Referenzwerte für Investitionen mit günstiger CO2-Bilanz (positive carbon impact benchmarks). Durch diese Vorschläge, die sich gegenseitig ergänzen, dürften Investitionen in nachhaltige Projekte und Vermögenswerte in der gesamten EU erleichtert werden.“ Vorgeschlagen werden dazu „einheitliche Kriterien für die Feststellung, ob eine Wirtschaftstätigkeit ökologisch nachhaltig ist“ und der Weg hin zu einem „einheitlichen EU- Klassifizierungssystem (…), anhand dessen festgestellt wird, welche Wirtschaftstätigkeiten als nachhaltig gelten. Dies (…) würde dazu beitragen, die Anlagestrategien auf Wirtschaftstätigkeiten auszurichten, die tatsächlich zur Erreichung der Umweltziele beitragen und gleichzeitig die sozialen und Governance-Mindeststandards einhalten.“ Damit würde die Europäische Union zum Leitmarkt für nachhaltige Finanzprodukte werden. Die Kommission hat viele Forderungen des Europäischen Parlaments aufgenommen. Es besteht aber noch Verbesserungspotenzial. Dieses muss durch konkrete Vereinbarungen im Trilog ausgeschöpft werden, worauf der Bundesrat mit einer progressiven Stellungnahme für ein zukunftssicheres Finanzwesen Einfluss nehmen kann. Gleichzeitig kann NRW mit eigenen Entscheidungen zu mehr Nachhaltigkeit im Finanzwesen beitragen. Das Land unterstützt bereits aktiv nachhaltige Anlageentscheidungen. Die Anlagerichtlinien für den zum 1. Januar 2017 errichteten Pensionsfonds des Landes wurden gemäß Beschluss des Landtags entsprechend der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes aufgestellt und bereits vier Mal wurde eine Nachhaltigkeitsanleihe ausgegeben. Doch auch darüber hinaus besteht noch Potenzial das Land dauerhaft zum Spitzenreiter eines nachhaltigen Finanzwesens zu machen. Der Minister der Finanzen hat die Kleine Anfrage 1263 mit Schreiben vom 31. August 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, der Ministerin für Heimat und Kommunales, Bau und Gleichstellung, der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz sowie dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung die genannten Vorschläge der Europäischen Kommission für nachhaltige und CO2-arme Investitionen? Bei der Umsetzung wird darauf zu achten sein, dass neben ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit auch finanzielle Nachhaltigkeit und Finanzmarktstabilität berücksichtigt werden. Außerdem sollte zusätzlicher Verwaltungsaufwand vermieden werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3513 3 2. Welchen konkreten Punkten dieser Vorschläge steht die Landesregierung negativ kritisch oder ablehnend gegenüber? Die Landesregierung vertritt hier eine differenzierte Haltung. Es muss gewährleistet sein, dass der zusätzliche Verwaltungsaufwand in angemessenem Verhältnis zu den erreichbaren Zielen steht. Die zu erarbeitenden Kriterien für die Identifizierung von ökologisch nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeiten und nachhaltigen Finanzierungen müssen handhabbar und zielführend sein. In seinem Beschluss vom 27.4.2018 (Drs. 67/18) hat der Bundesrat bereits darauf hingewiesen, dass bei der Festlegung eines an Nachhaltigkeitszielen ausgerichteten Regulierungsrahmens die Verhältnismäßigkeits- und Proportionalitätsgrundsätze zu beachten sind, insbesondere mit Blick auf die Belange von kleinen und mittleren Instituten. Ebenso muss bei Informationspflichten gegenüber Anlegern die Verständlichkeit gewährleistet sein. 3. Wird sich die Landesregierung im Bundesrat dafür einsetzen, dass sich die Bundesländer gegenüber der deutschen Bundesregierung und der Europäischen Kommission für ein nachhaltiges Finanzwesen aussprechen? Ja. Die Landesregierung hat sich bereits bei der Befassung des Bundesrates mit dem „Aktionsplan – Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ (BR-Drs. 67/18) erfolgreich hierfür eingesetzt und wird das auch weiterhin tun. 4. Hat die Landesregierung eigene zusätzliche Anregungen und Ideen für ein noch nachhaltigeres Finanzwesen? Die Landesregierung unterstützt das Bemühen der Europäischen Union um Standardisierung und Zertifizierung nachhaltiger Finanzprodukte und nimmt mit den Nachhaltigkeitsanleihen aktiv an der Weiterentwicklung dieses Marktsegments teil. Die Landesregierung sieht generell in der Stärkung des Vorsorgegedankens einen wichtigen Beitrag zu einem nachhaltigen Finanzwesen. Das gilt auch und besonders für den Bereich der Altersvorsorge. Daher hat der Pensionsfonds Nordrhein-Westfalen für die Landesregierung wieder eine hohe Priorität. 5. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um öffentliche Investitionen in Nordrhein-Westfalen an nachhaltigen Kriterien auszurichten? Die Nachhaltigkeitsstrategie für Nordrhein-Westfalen setzt die Impulse der globalen Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und die in ihr enthaltenen 17 internationalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) der Vereinten Nationen auf Landesebene um. Sie wird derzeit weiterentwickelt.