LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3541 05.09.2018 Datum des Originals: 05.09.2018/Ausgegeben: 10.09.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1363 vom 7. August 2018 des Abgeordneten Sven Wolf SPD Drucksache 17/3390 Was tut die Landesregierung gegen den Fachkräftemangel im Bergischen Land? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In Remscheid werden derzeit 1456 Arbeitskräfte gesucht, das sind 309 Stellen oder 26,9 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Firmen in Remscheid und im Bergischen Städtedreieck brauchen länger, um passendes Personal zu finden. So dauert es nach Angaben der Arbeitsagentur Wuppertal Solingen Remscheid aktuell im Schnitt 120 Tage um eine Stelle zu besetzen und damit 33 Tage mehr als im vergangenen Jahr. Sie wertet dies als ein Zeichen dafür, dass nicht mehr in allen Berufen der große Fachkräftebedarf gedeckt werden kann. Die Herausforderung sei es, qualifiziertes Personal für diesen Bedarf zu finden und auszubilden. Besonders gesucht werden in Remscheid nach Angaben der Arbeitsagentur Fachkräfte in den Bereichen Objekt-, Werte-, Personenschutz, Metallbearbeitung, Lagerwirtschaft, Maschinenbau-, Betriebstechnik, Verkauf, Schleifende Metallbearbeitung, Kranführung/ Bedienung Hebeeinrichtungen, Metallbearbeitung, elektrische Betriebstechnik sowie Büro-, Sekretariatskräfte. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1363 mit Schreiben vom 5. September 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3541 2 1. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung im letzten Jahr ergriffen, um den Fachkräftemangel im Bergischen Land zu beheben? Die Landesregierung unterstützt mit verschiedenen Instrumenten die Sicherung des Fachkräftebedarfs im Bergischen Land genauso wie in den anderen Regionen von Nordrhein-Westfalen. Dazu zählen die Förderung der beruflichen Bildung durch Investitionen in die Modernisierung der beruflichen Aus- und Weiterbildungsinfrastruktur aus dem gemeinsamen ESF- und EFRE-finanzierten Projektaufruf der Landes-regierung oder die ESF- Förderprogramme. Die Region wurde aufgefordert, ihren regionalen Handlungsplan für den Ausbildungskonsens zu überarbeiten und darin ihre Maßnahmen zur Entwicklung des regionalen Ausbildungsmarktes abzustimmen. 2. Aktuell sind in Remscheid Ende Juli auch noch 1349 Ausbildungsstellen frei. Was hat die Landesregierung im letzten Jahr unternommen, um Jugendliche für die besonders nachgefragten Berufe zu interessieren bzw. zu einer Ausbildung zu motivieren? Um die Entscheidungskompetenz von jungen Schulabgängern zu steigern, führt die Landesregierung zusammen mit den Partnern im Ausbildungskonsens den systematischen Berufs- und Studienorientierungsansatz von „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) fort. Es gilt dabei, Jugendliche und deren Eltern frühzeitig möglichst differenziert über die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten und Karrierewege zu informieren. 3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um die Kompetenzentwicklung der Beschäftigten in den Unternehmen zu fördern bzw. deren Schulung zu Fachkräften zu unterstützen? Mit dem ESF-Förderprogramm „Beratung von Unternehmen zur Fachkräftesicherung, Potentialberatung“, unterstützt das Land insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) u.a. bei der Organisations- und Personalentwicklung. Im Jahr 2017 wurden in der Region Bergisches Städtedreieck 28 Potentialberatungen mit einem Fördervolumen von 120.940,- € bewilligt. Mit dem ESF-Förderprogramm „Bildungsscheck NRW“ regt das Land Beschäftigte insbesondere aus kleinen und mittleren Betrieben dazu an, sich an beruflicher Weiterbildung zu beteiligen. Im Jahr 2017 wurden in der Region des Bergischen Städtedreiecks 656 Bildungsschecks mit einem Fördervolumen von 293.891,- € bewilligt. Altenpflegehelfer und -helferinnen können in Nordrhein-Westfalen nach § 7 Abs. 4 Nr. 3 Landesaltenpflegegesetz (AltPflG) nach einem erfolgreichen Kompetenzfeststellungsverfahren die dreijährige Ausbildung zur Altenpflegefachkraft um ein Drittel verkürzen. Insgesamt wurden 212 Kompetenzfeststellungsverfahren in der Altenpflege durchgeführt. Mit dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm unterstützt das Land die Errichtung, den Ausbau und insbesondere die Ausstattung von Einrichtungen der beruflichen Bildung. Dabei wird ein Schwerpunkt gelegt auf Einrichtungen, die für Berufszweige ausbilden, in denen ein LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3541 3 besonderer Fachkräftemangel herrscht oder droht. Im Fokus stehen hier insbesondere überbetriebliche Berufsbildungsstätten, deren Infrastruktur gemeinsam mit dem Bund gefördert werden kann. Das Berufsbildungszentrum der Remscheider Metall- und Elektroindustrie gGmbH erhielt 2017 für den Neubau und Ausstattungsinvestitionen eine Förderung des Landes in Höhe von 3.338.172,- € (Bund: 9.348.000,-€). Das Technische Berufskolleg in Solingen erhielt im Jahr 2017 vom Land zur Sicherung seiner Zukunftsfähigkeit eine Förderung in Höhe von 9.599.656,- €. 4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Zugewanderten den Zugang zu Fachkräfte-Stellen zu ermöglichen? Zugewanderten Menschen, darunter Geflüchteten, stehen grundsätzlich im Rahmen der gesetzlichen Rahmenbedingungen die Beratungs-, Vermittlungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten des SGB II und des SGB III zur Verfügung. In diesem Kontext fördert die Landesregierung Austausch und Vernetzung der maßgeblichen Akteure, insbesondere der Unternehmensseite mit der Arbeitsverwaltung gerade im Hinblick auf die Beschäftigung Geflüchteter, Fachveranstaltungen und Gremienarbeit. Die Anerkennungsgesetze in Land und Bund sollen vereinfacht und entbürokratisiert werden, damit mehr Einwanderer entsprechend ihrer im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen eingesetzt werden können. Ein zentrales Ziel der Flüchtlingspolitik der Landesregierung ist die Integration von Flüchtlingen in den deutschen Arbeitsmarkt. Dafür wurde die 3+2-Regelung für Flüchtlinge in Ausbildung per Erlass landesweit vereinheitlicht. Die Landesregierung unterstützt die Koordinierungsstelle welcome @healthcare zur Integration von Geflüchteten in die Pflege- und Gesundheitsfachberufe. 5. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um gesundheitsfördernde und altersgerechte Arbeitsbedingungen in den Unternehmen zu fördern, um künftigen Fachkräftemangel aufgrund frühzeitigen Ausscheidens in den Ruhestand vorzubeugen? Mit dem Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz) und der hierzu verabschiedeten Landesrahmenvereinbarung wurden die Zugangswege für Betriebe vereinfacht, wirksame und zielgerichtete Gesundheitsförderung im Betrieb durchzuführen. Die Landesregierung wirbt bei den Arbeitgebern dafür, die bestehenden Möglichkeiten zu nutzen und alle Maßnahmen in einem Betrieb auszuschöpfen, die dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten und der Verringerung von Krankenständen dienen bzw. eine Frühverrentung aus gesundheitlichen Gründen vermeiden helfen. Aus Mitteln der Handwerkförderung bezuschusst das Land in den Jahren 2017 bis 2019 das Projekt „Innovationscluster Handwerk NRW“, in dessen Rahmen insgesamt 11 Projekte u.a. in dem Schwerpunkt "Anpassung an veränderte Altersstrukturen" umgesetzt werden. Das Fördervolumen der Gesamtmaßnahme beträgt insg. rd. 2,4 Millionen Euro, von denen rd. 1,6 Millionen auf den Bereich "Anpassung an veränderte Altersstrukturen" entfallen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3541 4 Neben der Fachkräftegewinnung und -sicherung gehört die Gesunderhaltung der Beschäftigten im Handwerk (BGM) sowie das Konflikt- und Stressmanagement zu den thematischen Schwerpunkten dieses Clusters. Im Bergischen Land führen insbesondere der Fachverband des Tischlerhandwerks NRW sowie der Dachdecker-Verband Nordrhein regelmäßig Clusterveranstaltungen in den Themenbereichen „Gesunderhaltung der Beschäftigten/Betriebliche Gesundheitsförderung“, „Stressmanagement" und "Notfallmanagement" für Handwerksunternehmen durch.