LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3554 06.09.2018 Datum des Originals: 06.09.2018/Ausgegeben: 11.09.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1354 vom 1. August 2018 des Abgeordneten Stefan Kämmerling SPD Drucksache 17/3343 Wer trägt den Schaden des Zahlungsausfalls der FDP-Bundestagsfraktion gegenüber der RZVK, wenn es weder die FDP-Fraktion selbst, noch die Versicherten sein sollen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Auf meine letzte „Kleine Anfrage“ bezüglich der Schulden der FDP-Bundestagsfraktion gegenüber der RZVK antwortete mir die Landesregierung mit Datum vom 18.07.2018. Nachdem mir die Landesregierung zunächst antwortete, es wäre ein Verjährungseinredeverzicht bis zum 31.03.2018 vereinbart worden, bezieht sich die Landesregierung in der jüngst ergangenen Antwort auf eine Aussage aus dem Hause der RZVK, die letzte vereinbarte Frist des Verjährungseinredeverzichts sei bis zum 30.06.2018 erneut verlängert worden, bevor schließlich Juristen im Rahmen ihrer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen seien, eine Aussicht auf Erfolg hinsichtlich der Durchsetzung der in Rede stehenden Forderung in Höhe von rund 5,8 Mio. Euro sei nicht erkennbar. Es ergibt sich aus dem Verzicht eines Klageverfahrens zur gerichtlichen Durchsetzung des in Rede stehenden Anspruchs, dass dem System der RZVK diese mehr als 5,8 Mio. Euro fehlen. Die Tatsache hat meiner Auffassung nach mindestens zur Folge, dass alle Beitragszahler des Systems gemeinsam für die Betriebsrenten ehemaliger FDP-Fraktionsmitarbeiter aufkommen, weil diese zwar volle Ansprüche auf die vereinbarte Betriebsrente erhalten, jedoch nicht die erwarteten Einzahlungen und auch nicht die durch das Ausscheiden nötig gewordenen Ausgleichszahlungen geleistet wurden. Die Landesregierung bezieht sich ferner auf eine Aussage der RZVK, die Leistungen der Zusatzversorgung aus der Pflichtversicherung seien satzungsrechtlich und tarifvertraglich garantiert. Deshalb habe kein Leistungsberechtigter der RZVK infolge der Nichtzahlung des Ausgleichsbetrages einen Schaden erlitten. Selbst wenn es bei einer Zusatzversorgung durch die RZVK gewisse Mindestrenditen gäbe, die auch mutmaßlich trotz Zahlungsausfalls der FDP-Bundestagsfraktion sichergestellt werden könnten, so wird es doch einen ebenfalls LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3554 2 relevanten Renditeteil geben müssen, der von Zinsniveaus abhängig ist und somit auch von Zahlungsausfällen beeinflusst wird. Ein Ausfall von 5,8 Mio. Euro muss sich folglich meiner Auffassung nach in irgendeiner Form auf die Versicherten des Umlageprinzips auswirken. Dass laut Beschluss des Kassenschausschusses der RZVK vom 12.06.2018 zukünftig neue Mitgliedschaften von Fraktionen der staatlichen Parlamente ausschließlich im kapitalgedeckten Abrechnungsverband II der RZVK und unter Beibringung einer adäquaten Sicherheitsleistung zur Abdeckung des in diesem Abrechnungsverband bestehenden Unterfinanzierungsrisikos zugelassen werden, zeigt doch, dass offenbar – bedingt durch den Zahlungsausfall der FDP-Bundestagsfraktion – massiver Handlungsbedarf bestanden haben muss und offenbar doch ein irgendwie gearteter Schaden, der letztendlich irgendwie auf Versicherte zurückfällt, eingetreten ist. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 1354 mit Schreiben vom 6. September 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung Zum Sachverhalt wird zunächst auf die Antwort der Landesregierung (LT-Drs. 17/1035) auf die Kleine Anfrage 330 der Abgeordneten Stefan Kämmerling, Martin Börschel und Stefan Zimker sowie auf die Antwort der Landesregierung (LT-Drs. 17/3237) auf die Kleine Anfrage 1166 des Abgeordneten Stefan Kämmerling verwiesen. 1. Warum drängt die Landesregierung nicht im Interesse nordrhein-westfälischer RZVK-Versicherter auf eine Geltendmachung der Forderung gegenüber den damaligen juristischen Vertretern der FDP-Bundestagsfraktion, wenn doch nicht auszuschließen ist, dass diese den entstandenen Schaden durch Unterlassen verursacht haben? Die Rheinische Zusatzversorgungskasse (RZVK) hat hierzu gegenüber dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (MHKBG) mit Bericht vom 14. August 2018 Folgendes vorgetragen: „Die RZVK hat auch geprüft, ob die Liquidatoren und/oder die Mitglieder der FDP- Bundestagsfraktion i.L. mit Erfolg für den entstandenen Schaden haften. Nach dem Ergebnis dieser Prüfung können weder die Liquidatoren noch die Mitglieder der FDP- Bundestagsfraktion i.L. erfolgreich in Anspruch genommen werden.“ Das MHKBG sieht auf der Grundlage der insgesamt von der RZVK vorgelegten Berichte keinen Anlass, der RZVK weitergehende Maßnahmen zu empfehlen. 2. Wer trägt den Schaden durch die faktisch nicht gezahlten Mitglieds- / Ausgleichsbeträge sonst, wenn es weder die FDP-Bundestagsfraktion, noch die Versicherten selbst sein sollen? Es wird zunächst auf die Antwort zu Frage 4 der KA 1166 verwiesen. Des Weiteren hat die RZVK gegenüber dem MHKBG mit Bericht vom 14. August 2018 wie folgt ausgeführt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3554 3 „Der entstandene Schaden, der darin besteht, dass der gegenüber der FDP- Bundestagsfraktion i.L. bestehende Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichsbetrages in Höhe von rd. 5,8 Mio. Euro nicht mit Erfolg durchgesetzt werden kann, geht zu Lasten der Solidargemeinschaft aller rd. 2.500 Mitglieder (also Arbeitgeber) im umlagefinanzierten Abrechnungsverband I der RZVK. Im umlagefinanzierten System der Pflichtversicherung werden vom Prinzip her die laufenden Rentenverpflichtungen mit den laufenden Einzahlungen der Mitglieder (Arbeitgeber), die diese für die Pflichtversicherung ihrer Beschäftigten erbringen (müssen), finanziert. Der Schaden, der der Solidargemeinschaft aller Mitglieder im umlagefinanzierten Abrechnungsverband I der RZVK durch das Ausscheiden der FDP-Bundestagsfraktion i.L. aus der Mitgliedschaft in diesem Abrechnungsverband entstanden ist, besteht darin, dass bezogen auf diese Mitgliedschaft infolge des Ausscheidens aus dem Abrechnungsverband I kein Neuzugang an Versicherten und demzufolge auch keine Einzahlungen für Versicherte der FDP- Bundestagsfraktion i.L. mehr gegeben sind. Andererseits sind die Versorgungsverpflichtungen, die dieser Mitgliedschaft zuzuordnen und bis zum Ausscheiden aus der Mitgliedschaft entstanden sind, von der RZVK zu erfüllen. Zur Kompensation dieses Umstandes ist satzungsrechtlich (vgl. §§ 15 ff. RZVK-Satzung) vorgesehen, dass ein aus der Mitgliedschaft im umlagefinanzierten Abrechnungsverband I ausgeschiedenes Mitglied die auf dieser Mitgliedschaft lastenden Versorgungsverpflichtungen (Rentenansprüche, Anwartschaften der Aktiven und Anwartschaften der beitragsfrei Versicherten) durch Entrichtung eines sog. Ausgleichsbetrages „auf einen Schlag“ ausfinanzieren muss. Die Insolvenz bzw. Zahlungsunfähigkeit einzelner Mitglieder führt demnach dazu, dass die der betreffenden Mitgliedschaft zuzurechnenden Anwartschaften und Ansprüche zu Lasten der Solidargemeinschaft aller Mitglieder aufgefangen werden müssen und belasten somit das verbleibende Kollektiv. Dies ist in dem System so angelegt und wird von den verbleibenden Mitgliedern solidarisch mitgetragen. Auswirkungen auf die Versicherten und Rentenberechtigten im Hinblick auf deren Anwartschaften und Ansprüche ergeben sich hingegen nicht.“ 3. Wie hat die Landesregierung ihre Aufgabe der Rechtsaufsicht über Entscheidungen der RZVK als Körperschaft öffentlichen Rechts in dieser Sache ausgeübt? Das MHKBG hat nach Bekanntwerden des in Rede stehenden Sachverhalts - siehe Antwort auf Frage 1 zur KA 330 - und der seitdem vorgelegten Berichte der RZVK keinen Anlass für aufsichtsrechtliche Maßnahmen gesehen. 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, wie die Renten der RZVK- Versicherten von Zinsniveaus, bezogen auf das zur Verfügung stehende Gesamtkapital des Umlagesystems der RZVK, beeinflusst werden? Die RZVK hat hierzu gegenüber dem MHKBG mit Bericht vom 14. August 2018 vorgetragen: „Die Höhe der Renten aus der Pflichtversicherung unterliegt keinerlei Beeinflussung durch tatsächliche Zinsniveaus. Die Höhe der Rentenleistung aus der Pflichtversicherung basiert auf einer von den Tarifvertragsparteien unterstellt und entsprechend vereinbarten jährlichen Verzinsung von 3,5 v.H. während der Anwartschaftsphase und von 5,25 v.H. während des Rentenbezugs (vgl. § 34 Abs. 3 RZVK-Satzung und § 8 Abs. 3 des Altersvorsorgetarifvertrages LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3554 4 für den kommunalen Bereich - ATV-K - sowie Ziffer 2.3 des Altersvorsorgeplans 2001 - Anlage 5 zum ATV-K - ). Auf dieser Basis sind die Rentenleistungen aus der Pflichtversicherung garantiert.“ 5. Wie bewertet die Landesregierung die nun eingetretene, der liberalen Haltung der Freien Demokratischen Partei widersprechende, „Vergemeinschaftung“ von Schulden aufgrund mangelhafter Zahlungsmoral? Die RZVK hat hierzu gegenüber dem MHKBG mit Bericht vom 14. August 2018 Folgendes vorgetragen: „Das Ausfallrisiko trägt grundsätzlich die Solidargemeinschaft aller Mitglieder. Die Insolvenz bzw. Zahlungsunfähigkeit einzelner aus der Solidargemeinschaft ausgeschiedenen Mitglieder, die dazu führt, dass die bestehenden Anwartschaften und Ansprüche des betreffenden Mitglieds zu Lasten der Solidargemeinschaft aufgefangen werden müssen, belastet grundsätzlich zwar das verbleibende Kollektiv. Bislang hat es jedoch noch keinen Fall gegeben, in dem die finanziellen Mehrbelastungen zu einem unmittelbaren Anstieg der laufenden Finanzierungssätze geführt hätten. Dies gilt auch im Falle der aus der Mitgliedschaft ausgeschiedenen FDP-Bundestagsfraktion i.L.“ Vor diesem Hintergrund sieht die Landesregierung keinen Anlass, das bestehende System der Solidargemeinschaft grundsätzlich in Frage zu stellen. Im Übrigen wird hinsichtlich der Vorgehensweise bei Zulassungen von neuen Mitgliedschaften aus dem Bereich der Bundestags- und Landtagsfraktionen auf die Antwort zu Frage 3 der KA 1166 verwiesen.