LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3606 12.09.2018 Datum des Originals: 11.09.2018/Ausgegeben: 17.09.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1369 vom 10. August 2018 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky und Helmut Seifen AfD Drucksache 17/3396 Podiumsdiskussion der Ruhrtriennale am 18.08.2018 in Bochum Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Für den 18.08.2018 ist in Bochum eine Podiumsdiskussion unter dem Motto „Freedom of Speech/Freiheit der Künste“ im Rahmen der Ruhrtriennale geplant. Nach Informationen auf der Nachrichtenwebseite NRW.Direkt1 sind u.a. als jüdische Teilnehmer der belgische Theaterregisseur Alain P. sowie der New Yorker Komponist Elliott S. angekündigt. Alain P. soll sich im Internet als Unterstützer der BDS-Bewegung zu erkennen geben. Elliot S. soll bereits seit Jahren für seine negative Haltung zu Israel bekannt sein. BDS steht für „Boycott, Divestment and Sanctions“ (Boykott, Desinvestition und Sanktionen). Ziel der BDS-Bewegung ist die wirtschaftliche, politische und kulturelle Isolation Israels. Nach Informationen auf NRW.Direkt bestreiten einige BDS-Vertreter auch das Existenzrecht Israels. Von Seiten der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf ist bereits die Teilnahme an einer Demonstration angekündigt. Weder ein Vertreter in Nordrhein-Westfalen lebender Juden noch die Teilnahme eines pro-israelischen Juden ist bei der Podiumsdiskussion vorgesehen. Bereits im Vorfeld kam es durch die Einladung der Musik-Gruppe „Young Fathers“ durch die Intendantin der Ruhrtriennale Stefanie C. zu einem Skandal. Auch besagter Band wird eine Unterstützung der BDS-Bewegung nachgesagt. Erst nach einer Intervention der Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Isabel Pfeiffer-Poensgen, wurde die Band ausgeladen. Dem folgte eine erneute Einladung durch Stefanie C. und schließlich der Verzicht durch die Gruppe „Young Fathers“. Im Kulturausschuss des Landtages verteidigte Stefanie C. die Gruppe zudem als Kämpfer für das Existenzrecht Palästinas. 1 http://nrw-direkt.net/persilschein-fuer-die-bds-bewegung-bei-der-ruhrtriennale/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3606 2 Nachdem man sich bereits zum Thema „Young Fathers“ mit einem offenen Brief an Stefanie C. gewandt hatte2, übten die Landesverbände der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein und Westfalen-Lippe, die Synagogen-Gemeinde Köln und der Landesverband Progressiver Jüdischen Gemeinden in einem weiteren offenen Brief heftige Kritik an Stefanie C: „Seit geraumer Zeit stilisieren Sie, Frau Intendantin, sich gerne als Opfer kulturpolitischer Zwänge und beteuern stets, einen Dialog führen zu wollen, den man Ihnen verwehre. Die Vernachlässigung der jüdischen Stimme bei der Podiumsdiskussion unterstreicht Ihre Unfähigkeit zur Reflexion und Einsicht. Es scheint, als wollten Sie die Kritik an Ihrem Umgang mit dem Vorwurf des Antisemitismus nicht nur nicht hören, Sie möchten sich Zustimmung von Seiten der Künstlerschaft und des Kulturbetriebs verschaffen – und das möglichst ohne Widerworte.“ Auch von Seiten der israelischen Botschaft in Deutschland wurden die Organisatoren der Ruhrtriennale für die geplante Podiumsdiskussion zur Kunstfreiheit in der anvisierten Besetzung kritisiert.3 Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 1369 mit Schreiben vom 11. September 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten und dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Kleine Anfrage 1369 thematisiert die Debatte um die Entscheidung der Intendantin, Stefanie Carp, die schottische Band Young Fathers nach einer ersten Absage erneut zum Festival eingeladen zu haben, obwohl diese sich nicht von ihrer Unterstützung der Israelfeindlichen Kampagne BDS (Boycott, Divestment, Sanctions) distanziert hatten. Frau Carp tat dies auch, um Absagen anderer Künstler, die die Ausladung und ihre Begründung kritisierten, zu verhindern. Nach der neuerlichen Einladung sagte die Band von sich aus ab. Als Reaktion auf die dazu in der Öffentlichkeit sehr kontrovers geführte Debatte um Boykott und Zensur ist das Thema in einer Podiumsdiskussion mit dem Titel "Freedom of Speech/ Freiheit der Künste" diskutiert worden. Teilnehmer waren Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, Intendantin Stefanie Carp, die Künstler Hildegard de Vuyst, Elliott Sharp und Schorsch Kamerun sowie der Vorsitzende des Freundeskreises der Ruhrtriennale, Michael Vesper. Moderiert wurde die Veranstaltung in der Turbinenhalle in Bochum vom ehemaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert. Die Diskussion fand am Tag des abgesagten Konzertes statt - als Signal für die Offenheit und Diskursfähigkeit der Kultur. 1. Hatte die Landesregierung vor der Zusage Kenntnis über die Teilnehmer der Diskussionsrunde? Zum Zeitpunkt der Zusage stand die endgültige Zusammensetzung des Podiums noch nicht fest. 2 http://docs.dpaq.de/13711-offener_brief_an_stefanie_carp_22062018.pdf 3 https://www.deutschlandfunk.de/antisemitismus-kontroverse-israelische-botschaftkritisiert .2849.de.html?drn:news_id=909935 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3606 3 2. Ist Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen bekannt, dass es sich bei den beiden jüdischen Teilnehmern an der Diskussionsrunde um einen Befürworter des BDS und um einen ebenfalls israelfeindlich eingestellten Vertreter handelt? Das Podium war nur mit Personen besetzt, die in einer besonderen Beziehung zur Ruhrtriennale stehen. Dabei waren beide Positionen gleichermaßen vertreten. 3. Hat die Landesregierung versucht, auf einer Teilnahme von Juden aus NRW hinzuwirken, z.B. Vertreter der Bochumer Jüdischen Gemeinde? Ja. 4. Ist der Landesregierung eine Stellungnahme der jüdischen Gemeinde Bochum bekannt? Der Landesregierung ist die gemeinsame Stellungnahme der nordrhein-westfälischen Landesverbände Jüdischer Gemeinden in NRW bekannt, der sich die Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen angeschlossen hat.