LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3679 17.09.2018 Datum des Originals: 14.09.2018/Ausgegeben: 20.09.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1378 vom 14. August 2018 des Abgeordneten Dr. Christian Blex AfD Drucksache 17/3433 Tierquerungshilfen in Nordrhein-Westfalen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Konzept der Grün- oder Wildbrücke soll helfen die Zerschneidung des Lebensraums von Tieren abzumildern und einen genetischen Austausch zwischen ansonsten isolierten Populationen ermöglichen. Außerdem sollen Wildunfälle verringert werden, da die Tiere bei der Überquerung von Autobahnen und Schnellstraßen auf die Wildbrücken gelenkt werden. Dabei sind Wildbrücken nicht die einzige Tierquerungshilfe. Neben den großen, ganze Straßen überspannenden Wildbrücken gibt es auch kleinere Maßnahmen, wie Amphibien- oder Kleintiertunnel oder Überflughilfen, die dem Menschen auf den ersten Blick gar nicht als Tierquerungshilfe auffallen. Allerdings sind diese sinnvollen und ökologisch sicherlich wertvollen Maßnahmen nur unter valider Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse fruchtbar. Eine Wildbrücke, die vom Wild nicht genutzt wird, weil sie nicht an den normalen Wildwechselkorridoren liegt, ist sinnlos. Hinzu kommen die Kosten für den Bau, die häufig mehrere Millionen Euro betragen und bei denen die Gefahr besteht, dass es versteckte Subventionen für vermeintlich notleidende Branchen sind. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 1378 mit Schreiben vom 14. September 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Welche Wildbrücken bzw. Tierquerungshilfen gibt es in Nordrhein-Westfalen? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Tierquerungshilfe, Standort und Datum der Fertigstellung) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3679 2 3. An welchen dieser Tierquerungshilfen fanden Untersuchungen statt, inwieweit diese von Tieren frequentiert werden? (Bitte besonders auf Zeitraum der Untersuchung, genetischen Austausch zwischen Populationen und Wachstum und Verbreitung von bestimmten Arten eingehen) Die Fragen 1 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. An Bundesfern- und Landesstraßen in Nordrhein-Westfalen gibt es eine Vielzahl von Amphibiendurchlässen und –leiteinrichtungen sowie zunehmend auch andere Tierquerungshilfen wie Überflughilfen (Zäune, Wände, Anpflanzungen) und Grünbrücken. Elektronische Wildwarnanlagen sollen in erster Linie Wildunfälle vermeiden. Es gibt in NRW drei solcher Anlagen, die von den Forstverwaltungen unterhalten werden (L484 und B504 im Klever Reichswald – Wald und Holz, B224 Bereich Üfter Mark – RVR). Eine Zusammenstellung der Grünbrücken einschließlich Angaben zum Monitoring und vorliegenden Ergebnissen ist der Tabelle in der Anlage zu entnehmen. Die Auflistung aller bestehenden Tierquerungshilfen ist in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht möglich. Alle Tierquerungshilfen werden im Rahmen der Pflege- und Funktionskontrolle begutachtet. Viele Bauwerke unterliegen zudem einem speziellen Monitoring, das explizit im entsprechenden Planfeststellungsbeschluss festgelegt wurde. Bei den Grünbrücken, die im Rahmen des Konjunkturprogramms II realisiert worden sind, wurde das Monitoring vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) konzipiert und durchgeführt. Durch die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung (LANUV Fachbereich 27) werden fünf Wildbrücken seit 2013 fortlaufend auf ihre Nutzung durch mittelgroße und große Säugetiere untersucht. Es handelt sich um folgende Wildbrücken: 1. Wildbrücke über die A 1 bei Nettersheim 2. Wildbrücke über die A 3 bei Köln 3. Wildbrücke über die L 284 bei Köln 4. Wildbrücke über die A 31 bei Schermbeck 5. Wildbrücke über die B 64 bei Bad Driburg Es zeigte sich, dass alle Wildbrücken schon wenige Tagen nach ihrer Öffnung von Rehwild, Schwarzwild, Fuchs und Feldhase angenommen wurden. Spätestens nach sechs Monaten wurden alle Brücken regelmäßig von Rothirschen genutzt. Im Laufe der Beobachtungszeit gelangen auch Nachweise von Dachs, Baummarder, Steinmarder, Iltis und Waschbär. Die Zielart Wildkatze kommt nur im Umfeld der Wildbrücken über die A1 bei Nettersheim und über die B 64 bei Bad Driburg vor. Das Monitoring der Wildbrücken ist in einem Leitfaden der Bundesanstalt für Straßenwesen geregelt (BASt 2013 – Arbeitshilfe für den Nachweis von Grünbrücken für die Wiedervernetzung im Rahmen der KP II – Maßnahmen). Das LANUV NRW orientiert sich mit den durch das LANUV durchzuführenden Untersuchungen an diesen bundesweit abgestimmten Vorgaben. Die Grünbrücke über die A61 bei Kerpen entstand als Maßnahme in Folge des Braunkohleabbaus und liegt hinsichtlich der Sicherstellung der Funktion in der Verantwortung von RWE Power. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3679 3 2. Wie teuer waren bisher der Bau und etwaige Maßnahmen zur Instandhaltung an diesen Tierquerungshilfen? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Tierquerungshilfe, Standort, Kosten des Baus und Kosten von Sanierung oder Instandhaltung pro Jahr) Die Baukosten der Grünbrücken sind der Tabelle in der Anlage zu entnehmen. Aufgrund der Vielzahl der Tierquerungshilfen in der Baulast des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein- Westfalen kann eine darüber hinausgehende Aufschlüsselung nicht in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist durchgeführt werden. 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über eine Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Tierquerungshilfen? (Bitte eingehen auf Anzahl Wildunfälle vor und nach Bau einer Tierquerungshilfe am jeweiligen Straßenabschnitt) Bezüglich des Monitorings der Grünflächen wird auf die entsprechende Spalte der in der Anlage beigefügten Tabelle verwiesen. Darüber hinaus liegen zu den einzelnen Tierquerungshilfen keine speziellen Evaluationsergebnisse vor. Da insbesondere die Realisierung von Wildwarnanlagen in Abschnitten mit signifikant hohen Wildwechsel und /oder entsprechenden Unfallereignissen erfolgt ist, kann von einer maßgeblichen Reduzierung der Wildunfälle in solchen Bereichen ausgegangen werden. Auch Grünbrücken zeichnen sich dadurch aus, dass im Umfeld Schutzzäune errichtet wurden, die die Tiere zur geplanten Querungsstelle leiten und eine ungewollte Straßenquerung unterbinden. 5. Wie steht die Landesregierung zu einem landesweiten Monitoring über die Effektivität der Tierquerungshilfen in Nordrhein-Westfalen? Die bislang vorliegenden allgemeinen Beobachtungsergebnisse belegen die Funktionsfähigkeit der Tierquerungshilfen. Dies war vom Grundsatz zu erwarten, da Standorte und Gestaltung der Bauwerke auf Basis fundierter fachlicher Expertise realisiert wurden. Die Standorte für die Grünbrücken aus dem Konjunkturpaket II des Bundes sind überdies vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) überprüft worden. Forschungsergebnisse des Bundes zeigen zudem, dass Tierquerungshilfen, die auf Grundlage der Empfehlungen bestehender Leitfäden und Regelwerke erstellt wurden, in einem hohen Maße das angestrebte Ziel der Vernetzung erfüllen. Auch internationale Studien bestätigen, dass fachlich korrekt gestaltete Grünbrücken wirksam zur Vermeidung der Lebensraumzerschneidung beitragen. Aus den o. g. Gründen würden Aufwand und Kosten eines landesweiten Monitorings in keinem Verhältnis zu dem zusätzlichen Erkenntnisgewinn stehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3679 4 G rü n b rü c k e n i n N o rd rh e in -W e s tf a le n ( S ta n d : A u g u s t 2 0 1 8 ) S tr a ß e S ta n d R e a li s ie ru n g B re it e Z ie la rt e n M o n it o ri n g E rg e b n is s e N e u b a u k o s te n [ € ] G rü n b rü c k e n g e b a u t L 3 6 1 b e i B e rg h e im fe rt ig 2 0 0 3 5 0 m F a u n a a llg e m e in n a c h R ü c k b a u a n g re n z e n d e r B a g g e rt ra s s e v o rg e s e h e n ( n o c h n ic h t k o n k re ti s ie rt ) E s l ie g e n k e in e E rg e b n is s e v o r. 8 5 9 .3 0 9 A 5 2 b e i E lm p t fe rt ig 2 0 0 9 5 0 m A rt e n d e s H a lb o ff e n la n d e s u n d d e s W a ld e s S p u re n a u s w e rt u n g ( S a n d b e tt ) d . B io s ta ti o n ( 1 J a h r) U n te rs u c h u n g e n e rf o lg te n i n 2 0 1 0 /2 0 1 1 . 1 9 S ä u g e ti e ra rt e n w u rd e n a u f d e r B rü c k e f e s tg e s te llt ( R e h , W ild s c h w e in , D a c h s , M a rd e r, F u c h s e tc .) 3 .2 1 3 .6 2 4 A 3 3 b e i B ie le fe ld P o s th e id e , L o h m a n n s w e g fe rt ig 2 0 1 0 3 0 m A m p h ib ie n , H e u s c h re c k e n , b o d e n g e b u n d e n e A rt e n a llg e m e in s e it e n s S tr a ß e n ve rw a ltu n g k e in e V e rp fl ic h tu n g , e vt l. d u rc h B io s ta ti o n E s l ie g e n k e in e E rg e b n is s e v o r. 1 .9 1 7 .0 0 7 A 6 1 s ü d l. 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F le d e rm ä u s e (B e c h s te in fl ., G r. M a u s o h r u .a .) , S te in k a u z , A m p h ib ie n Z ie la rt e n d . B io lo g e n i . A . d e r S tr a ß e n ve rw a ltu n g E s l ie g e n n o c h k e in e E rg e b n is s e v o r. D ie U n te rs u c h u n g e n b e g in n e n i n 2 0 1 9 . 6 .3 0 8 .6 0 3 G rü n b rü c k e n i n d e r P la n fe s ts te ll u n g A 1 B la n k e n h e im - L o m m e rs d o rf P la n fe s ts te llu n g i n 2 0 1 2 b e a n tr a g t 5 0 m W ild k a tz e vo rg e s e h e n ( n o c h n ic h t k o n k re ti s ie rt ) * F in a n z ie ru n g a u s d e m K o n ju n tu rp a k e t II d e s B u n d e s