LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3683 18.09.2018 Datum des Originals: 14.09.2018/Ausgegeben: 21.09.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1380 vom 20. August 2018 der Abgeordneten Stefan Engstfeld, Oliver Keymis, Arndt Klocke und Mehrdad Mostofizadeh BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/3440 Erneute Zunahme der nächtlichen Flugbewegungen am Düsseldorfer Flughafen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Zahl der Nachtlandungen am Flughafen Düsseldorf steigt kontinuierlich. Durch Auswertung der auf der Homepage des Düsseldorfer Flughafens veröffentlichten tatsächlichen Flugbewegungen hat der Verein Bürger gegen Fluglärm ermittelt, dass im Juli 2018 315 Flugbewegungen nach 23 Uhr zu verzeichnen waren. Dies sind im Schnitt mehr als 10 pro Nacht. Laut Betriebsgenehmigung dürfen für den Zeitraum zwischen 22 bis 23 Uhr 33 Landungen koordiniert werden. Tatsächlich gelandet sind im Juli 2018 nach 22 Uhr im Schnitt aber über 41 Flugzeuge, davon 10 Flugzeuge im Durchschnitt nach 23 Uhr. Im gesamten Jahr 2017 gab es am Düsseldorfer Flughafen nach Angaben des Verkehrsministeriums über 2.000 Flugbewegungen zwischen 23 und 5 Uhr; der weitaus größere Flughafen Frankfurt kam in dieser Zeit auf rund 700 Flugbewegungen in dieser Zeit. Die dortigen Regelungen (keine Flüge zwischen 23 und 5 Uhr ohne Ausnahmeerlaubnis) beweisen, dass die Anwohner in Düsseldorf schlechtere Regeln erdulden müssen, zumal sich die Landungen in Düsseldorf alle auf eine Landebahn konzentrieren. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 1380 mit Schreiben vom 14. September 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3683 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Nachtflugbewegungen am Verkehrsflughafen Düsseldorf waren bereits Gegenstand der Kleinen Anfrage 202 (LT-Drs. 17/383), der Kleinen Anfrage 1197 (LT-Drs. 17/2944) sowie der Kleinen Anfrage 1214 (LT-Drs. 17/2976). Die geltende Rechtslage sowie die vornehmlich hieraus abzuleitende Bewertung von Nachtflugbewegungen haben seitdem keine Änderungen erfahren. Grundsätzlich wird daher auf die dortigen Ausführungen verwiesen. 1. Wie hoch lag die Zahl der geplanten Flüge (bitte Starts und Landungen getrennt angeben) zwischen 21 und 22 Uhr und der geplanten Landungen zwischen 22 und 23 Uhr in den Jahren 2005 ff. bis heute jeweils in den Sommer- und Winterflugplanperioden? Diesbezüglich wird auf die Antwort zu der Kleinen Anfrage 1197 (LT-Drs. 17/3366) verwiesen, in der die identische Fragestellung beinhaltet war. Weder die Sachlage noch die Bewertung der Landesregierung haben sich zwischenzeitlich geändert. 2. Was hat die Landesregierung nach der weit überproportionalen Erhöhung der planbaren Nachtflüge um rd. 65% (zum Vergleich: gesamt +7,4% von 121.000 auf 131.000) durch die Betriebsgenehmigung vom 9.11.2005 in den Jahren 2005-2018 konkret unternommen, um den Anstieg der o.g. Nachtflüge zu begrenzen oder gar zu unterbinden? (Bitte jede Maßnahme, deren Wirksamkeitsbeurteilung und dies für jedes Jahr einzeln angeben.) 3. Was gedenkt die Landesregierung ab sofort konkret zu unternehmen, um den Anstieg der o.g. Nachtflüge zu begrenzen oder gar zu unterbinden? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Der für die Zeit von 22:00 Uhr bis 23:00 Uhr in der Betriebsgenehmigung vom 9.11.2005 (in der Fassung der Ergänzung vom 7. Mai 2007) festgelegte Koordinierungseckwert von 33 planbaren Landungen ist zuletzt durch Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22.03.2017 nochmals bestätigt und ein hierauf gerichtetes Aufhebungsbegehren abgewiesen worden (vgl. OVG NRW, Urteil vom 22.03.2017 - 20 D 30/14.AK). Für die weitere Beurteilung der Zulässigkeit von Nachtflugbewegungen sind die geltenden Nachtflugbeschränkungen als Bestandteil der bestandskräftigen Betriebsgenehmigung die maßgebliche Rechtsgrundlage. Auch Starts und Landungen, die unter Ausnutzung der Verspätungstatbestände oder auf Grundlage einer Ausnahmegenehmigung der Luftaufsicht erfolgen, sind rechtlich zulässig und stellen keine Verstöße gegen die Nachtflugbeschränkungen dar. Gleichwohl beobachtet die Landesregierung mit Sorge und sehr genau, dass die Anzahl verspäteter, aber zulässiger – und folglich rechtlich nicht zu unterbindender – nächtlicher Landungen gegenüber den Vorjahren gestiegen ist. Die Landesregierung erwartet, dass die Fluggesellschaften ihre betrieblichen Abläufe so gestalten, dass Verspätungen die Ausnahme bleiben und hat gegenüber der Branche Verbesserungen angemahnt. Risiken dürfen nicht zu Lasten der Kunden und Anwohner abgewälzt werden. Den gegenwärtigen Entwicklungen muss daher entgegengesteuert und die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3683 3 Interessen der Anwohner mit den Mobilitätsinteressen Aller in einen rechtmäßigen und fairen Ausgleich gebracht werden. Des Weiteren wird auf die Ausführungen im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage 1214 verwiesen. Vereinzelte Flugbewegungen, die nicht als ungeplante, sondern nachweisbar als fahrlässig oder gar vorsätzlich herbeigeführte Verspätungen einzustufen wären und nicht unter die Verspätungstatbestände fallen, können darüber hinaus alleine durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. 4. Die Landesregierung hat der bis 31.12.2020 gültigen Entgeltordnung zugestimmt, die z.B. für einen A320 nur eine Erhöhung des Lärmzuschlags nach Mitternacht im Vergleich zu der Stunde 23-24 Uhr um ganze 12,- € vorsieht. Wie bewertet die Landesregierung die Anreizwirkung dieser Lärmzuschläge für pünktlicheres Fliegen bzw. wie will sie dies zukünftig, d.h. frühestens ab 1.1.2021, ändern? Die Landesregierung hat kein gesetzliches Recht zur Gestaltung der Entgeltordnung, auch nicht zur Ausgestaltung der sog. Lärmzuschläge. Die Genehmigung der neuen Entgeltordnung wurde am 31.07.2017 beantragt. Die Verhandlungen hierüber wurden von Frühjahr bis Frühsommer 2017 zwischen den Fluggesellschaften und dem Flughafenbetreiber geführt. Während dieser Verhandlungsrunde hat es zwischen dem Flughafen und dem Ministerium für Verkehr sowohl unter der rot-grünen Vorgängerregierung als auch unter der aktuellen Landesregierung fortlaufende Gespräche gegeben. Nach Übernahme der Regierungsgeschäfte am 30. Juni 2017 durch die aktuelle Landesregierung ließ sich eine noch stärkere Lärmspreizung in der Entgeltordnung nicht mehr realisieren. In diesem Zusammenhang wird auf die Antworten auf die Kleinen Anfragen 383 und 928 (LT-Drs. 17/1141 und 17/2571) verwiesen. Darüber hinaus hält die Landesregierung eine frühzeitige Überarbeitung der aktuellen Entgeltordnung für erforderlich, damit noch vor dem Jahr 2021 im Rahmen einer neuen Entgeltordnung deutlich wirksamere Anreize geschaffen werden können, lärmärmere Flugzeuge einzusetzen und Flüge in weniger lärmempfindliche Tageszeiten zu verlagern. Die Landesregierung sieht den Flughafenbetreiber in der Pflicht, zeitnah entsprechende Gespräche mit den Fluggesellschaften aufzunehmen. 5. Wie bewertet die Landesregierung die in Konflikt mit §29b des Luft-VG („auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist im besonderen Maße Rücksicht zu nehmen.“) stehende Tatsache, dass für die Anwohner unter dem Landeanflug der Hauptbahn, also in z.B. Ratingen-Hösel oder -Tiefenbroich die Nachtstunde 22-23 Uhr die lauteste Stunde des gesamten Tages ist, weil in dieser Stunde in der Regel mehr Flugzeuge landen als in irgendeiner anderen Stunde des Tages? Bezüglich der Auslegung und Anwendung des zitierten § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG gilt es, die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu berücksichtigen. Hiernach handelt es sich bei der Regelung um eine Gewichtungsvorgabe bei der planerischen Abwägungsentscheidung im Rahmen der Neuzulassung von Nachtflugbetrieb. Davon ist die in der Fragestellung angesprochene Bewertung des bereits bestandskräftig zugelassenen Nachtflugbetriebs und auf der Basis dieser Zulassung aktuell stattfindende Flugbetrieb zu unterscheiden. Für Letztere bietet § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG keine Rechtsgrundlage.