LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3718 24.09.2018 Datum des Originals: 21.09.2018/Ausgegeben: 27.09.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1389 vom 24. August 2018 der Abgeordneten Arndt Klocke und Josefine Paul BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/3480 Maskerade bei CSD in Essen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bei der diesjährigen CSD-Parade in Essen am 12.08.2018 forderte die Polizei mehrere Teilnehmer*innen der Fetischszene auf, an der Parade ohne ihre Fetischmasken teilzunehmen, da sonst ggf. ein Verstoß gegen das Vermummungsverbot angenommen werden müsste. Wie bei jedem CSD seit Jahren üblich (nicht nur in Essen), waren zahlreiche Teilnehmer*innen verkleidet. Die Bandbreite der Kostümierung war –wie immer- riesengroß. Unerklärlich war daher, nicht nur für die Teilnehmer*innen der Veranstaltung, dass Essener Polizeibeamt*innen Teilnehmer*innen aus der Fetischszene unter Androhung von Platzverweisen und Strafverfahren aufforderten, keine Masken zu tragen. Berichten des Onlinemagazins queer.de zufolge, reagierten die Teilnehmer*innen zunächst mit Unverständnis, willigten dann aber ein. Trotzdem wurde seitens der Teilnehmenden auf die mangelnde Sensibilität der Polizei hingewiesen. Insbesondere vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Roll-Backs, der in diesem Jahr thematisch von vielen CSDs aufgegriffen wird, wirkte die polizeiliche Ansprache auf viele Teilnehmer*innen verstörend. Laut Medienberichten, berief sich die Polizei darauf, dass im Vorfeld, in einem Kooperationsgespräch mit Vertretern der Aids-Hilfe als Anmelder der Veranstaltung, es keinerlei Einspruch gegen die Auflage gegeben hätte, dass eine Aufmachung, die geeignet sei, eine Identitätsfeststellung zu verhindern, verboten sei. Folglich, so die Berichterstattung weiter, hatten die Beamten vor Ort keine andere Möglichkeit, als das Maskenverbot bei fünf Teilnehmern durchzusetzen, da diese Vereinbarung widerspruchslos unterschrieben worden sei. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3718 2 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1389 mit Schreiben vom 21. September 2018 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage 1389 wird behauptet, Essener Polizeibeamtinnen und -beamte hätten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Fetischszene unter Androhung von Platzverweisen und Strafverfahren aufgefordert, keine Masken zu tragen. Diese Darstellung wurde durch das Polizeipräsidium Essen nicht bestätigt. Vielmehr wurden die betroffenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch den Polizeiführer zwar auf einen möglichen Rechtsverstoß hingewiesen, woraufhin diese die Masken abgelegt haben. Folgemaßnahmen wurden in diesem Zusammenhang nicht angedroht. Dies wird auch in dem Bericht des Onlinemagazins „bento.de“ vom 13.08.2018, 15:43 Uhr (Aktualisiert: 14.08.2018, 08:38 Uhr) - „CSD - Polizei verbietet Essener CSD-Demonstranten die Fetischmasken“ so dargestellt. In diesem Bericht findet sich folgendes Zitat des Veranstalters der Demonstration: „Wir hatten das gar nicht auf dem Schirm, dass Leute aus dem Fetischbereich auch als vermummt gelten. Wir haben dann kurz mit den Personen gesprochen und dann war die Aktion auch schnell geklärt. Es gab keine Auseinandersetzung und auch keine Androhung von Platzverboten.“ 1. Da erfahrungsgemäß von Aufzügen dieser Art keinerlei Gewaltpotential ausgeht, stellt sich die Frage, warum die Essener Polizei eine solche Auflage für notwendig hielt? Seitens des Polizeipräsidiums Essen wurden in der vor der Veranstaltung ergangenen Versammlungsbestätigung keine Auflagen erlassen. Im Rahmen des Kooperationsgespräches mit dem Veranstalter im Vorfeld der Veranstaltung wurden lediglich allgemeine Hinweise zur Gesetzeslage angesprochen. Dies umfasste auch die Vorschriften des Versammlungsgesetzes zum Vermummungsverbot, eine Vereinbarung bezüglich des Tragens von Masken durch Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer wurde indes nicht getroffen. Nach Feststellungen des Polizeipräsidiums Essen hat die dortige Pressestelle die vorstehenden Zusammenhänge fehlinterpretiert, was zu anderslautenden Stellungnahmen gegenüber Medienvertretern geführt hat. 2. Auf welcher Basis wurde ein Verstoß gegen das sog. Vermummungsverbot unterstellte, da die Voraussetzungen nach §§ 17a Abs. 2 Nr. 1, 17 VersammlG ersichtlich nicht vorlagen (vgl. auch AG Wuppertal, Beschluss vom 02. Dezember 2015 - 25 Ds 521 Js 17/15 - 68/15)? Im Rahmen der Einsatzwahrnehmung konnten gegen 12:30 Uhr etwa 500 Personen in der Essener Innenstadt angetroffen werden. Unmittelbar vor Beginn des Aufzuges, wurden durch den Polizeiführer circa 15 Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer mit Gesichtsmasken (u. a. Latexmasken) festgestellt. Unter Vermummung i. S. v. § 17 a Versammlungsgesetz (VersammlG) ist die identitätsverschleiernde Aufmachung durch Unkenntlichmachung des Gesichts mittels völliger oder teilweiser Verhüllung oder auch künstlicher Veränderung zu verstehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3718 3 Abhängig von der konkreten Gestaltung sind Fetisch-Masken objektiv geeignet, die Feststellung der Identität zu verhindern. Neben der objektiven Eignung als Tarnmittel, ist als weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 17 a VersammlG, die sogenannte Zweckbestimmung erforderlich. Hierunter ist die Absicht zu verstehen, die Identitätsfeststellung verhindern zu wollen. Auf diese Absicht des Vermummten darf aus den Gesamtumständen geschlossen werden. In der Rückschau ist das Polizeipräsidium Essen zu dem Ergebnis gelangt, dass Umstände, die erkennen lassen, dass die Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer im vorliegenden Fall dieses Ziel verfolgt haben, hier nicht ersichtlich waren. Vielmehr könne ein Tragen dieser Fetisch-Masken zu einem solchen Anlass der Meinungsäußerung oder der künstlerischen Verwirklichung zugerechnet werden, was von dem Vermummungsverbot nicht erfasst werde. Eine Aufforderung, das Tragen der Masken zu unterlassen, hätte bei dem vorliegenden Sachverhalt demnach nicht erfolgen dürfen. Das Polizeipräsidium Essen hat dieses Thema intern nachbereitet und wird die regelmäßig mit solchen Versammlungslagen befassten Kräfte entsprechend sensibilisieren. 3. Erachtet die Landesregierung ein solches Vorgehen für recht- und verhältnismäßig? Siehe Antwort zu Frage 2. 4. Wenn Ja, wie beurteilt die Landesregierung dann das Auftreten von einzelnen Teilnehmern als Drag Queens, etc.? Siehe Antwort zu Frage 2. 5. Sind der Landesregierung vergleichbare Auflagen oder Vereinbarungen im Zusammenhang mit anderen Traditionsveranstaltungen bekannt (Bsp. Karneval)? Nein. Im Übrigen wird auf § 17 a Abs. 3 VersammlG hingewiesen.