LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3837 08.10.2018 Datum des Originals: 04.10.2018/Ausgegeben: 11.10.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1421 vom 5. September 2018 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/3543 Wie ist die Beschaffenheit von Reithallenböden in Nordrhein-Westfalen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit der Tretschicht auf Reitplätzen und in Reithallen sind Pferde beim Reiten ständig im Kontakt. Daher werden hohe Ansprüche an den Untergrund gestellt, insbesondere hinsichtlich der Trittfestigkeit und der Elastizität, um den Druck und die Belastung optimal abfedern zu können. Um hervorragende Reiteigenschaften sicherstellen zu können, findet auf vielen Reitplätzen ein Gemisch aus Sand und synthetischen oder organischen Zuschlagsstoffen Verwendung. Je nach Art und Menge machen diese Zuschlagsstoffe den Sand elastischer, geben mehr Stabilität, erhöhen die Wasserspeicherkapazität und sorgen dafür, dass der Boden im Winter weniger schnell gefriert. Seit einigen Jahren ersetzen jedoch zunehmend synthetische Zuschlagstoffe den tradierten und ökologischen Zusatzstoff Holz. Dabei handelt es sich oftmals um Vliese, aber auch um Teppichbodenreste und andere Kunststoffe. Diese werden kleingeschreddert im Gemisch mit Sand als Tretschicht auf Reitplätze aufgebracht, gelten somit als Bauprodukte und sind nach Landesbaurecht zu bewerten. Die Reitböden unterliegen einer mechanischen Beanspruchung durch die Pferdehufe, sodass durch die ausgelöste Reibung Stäube entstehen. Die Auswirkungen auf Böden, Gewässer, Luft, aber auch auf die Gesundheit von Mensch und Pferd, die auf diesen Plätzen Sport treiben, Zuschauerinnen und Zuschauern und die Arbeiterinnen und Arbeiter auf dem Reitplatz sind bislang nicht ausreichend untersucht. Dadurch, dass Pferdemist regelmäßig in der Landwirtschaft genutzt wird, stellt dies auch einen möglichen Eintragspfad für Mikrokunststoffe in landwirtschaftlich genutzte Flächen dar. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3837 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1421 mit Schreiben vom 4. Oktober 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Die Feststellung und die Eignung von Bauprodukten werden durch das Bauordnungsrecht Nordrhein-Westfalens definiert. Welche Bedingungen für den Einbau synthetischer oder organische Gemische in Reithallen und auf Reitplätzen sind nach Bauordnungsrecht in NRW vorgegeben? Keine. Die Landesbauordnung stellt nur Anforderungen an Bauprodukte, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden. Das Material einer Tretschicht für Pferde ist kein Bauprodukt im Sinne der Landesbauordnung, weil eine Tretschicht nutzungsbedingt dazu bestimmt ist, wiederkehrend aufbereitet und gegebenenfalls ausgetauscht zu werden. 2. Wie wird die Zugabe von Zuschlagstoffen (Art, Menge, Umfang, Häufigkeit etc.) auf Reitböden in NRW dokumentiert? Es liegen der Landesregierung dazu keine Informationen vor. 3. Welche Erkenntnisse über gesundheitliche bzw. umweltbezogene Auswirkungen bezüglich synthetischer oder organischer Beimischungen in Reitböden liegen der Landesregierung vor? Grundsätzlich kann in Reithallen hinsichtlich Feinstaub eine Exposition des Menschen gegeben und die Verursachung von gesundheitlichen Wirkungen möglich sein. Gesundheitliche Wirkungen durch Feinstaub können durch die Partikelgröße sowie durch die chemische Zusammensetzung der Partikel verursacht werden. 4. Wie viele ausgediente Reithallen- und Reitplatzböden mit der Zugabe von synthetischen oder organischen Zuschlagstoffen werden jährlich in NRW auf welche Art und Weise entsorgt? Bitte Mengen in Tonnen mit Blick auf die letzten 10 Jahre benennen. Es ist nicht bekannt, in welcher Jahresmenge ausgediente Reithallen- und Reitplatzböden mit synthetischen oder organischen Zuschlagstoffen in NRW entsorgt worden sind. Wenn Reithallen- und Reitplatzböden bei Rückbau oder Sanierung von Reitanlagen anfallen, handelt es sich in der Regel um nicht gefährliche Abfälle im Sinne der Abfallverzeichnisverordnung. Im Regelfall unterliegt die Entsorgung nicht gefährlicher Abfälle keiner besonderen Überwachung. 5. Kommen Abfälle (wie z.B. Teppichreste) auf Reitplätzen zum Einsatz, müssen diese abfallrechtlich als 'Produkt' eingestuft werden und definierte Kriterien erfüllen. Gibt es eine fachlich Einschätzung seitens der Landesregierung, ob derartige Abfälle die in § 5 KrWG Absatz 1 in Nr. 3 und 4 genannten Kriterien erfüllen? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3837 3 Aufgrund der bisherigen Erfahrungen ist anzunehmen, dass Reitbodenbeläge aus zerkleinerten Teppichresten das Ende der Abfalleigenschaft in der Regel nicht erreichen, da die in § 5 KrWG Absatz 1 in Nr. 3 und 4 genannten Kriterien nicht umfassend und zweifelsfrei erfüllt werden können. Für Reitbodenbeläge aus Teppichresten kann nicht ausreichend nachgewiesen werden, dass alle außerhalb des Abfallrechts geltenden Anforderungen des allgemeinen Produkt-, Umweltschutz- und Gesundheitsschutzrechts erfüllt werden, insbesondere, ob die Anforderungen nach der REACH-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1907/2006) eingehalten sind. Im Vergleich zu den üblicherweise verwendeten, natürlichen Materialien wie Holzschnitzel oder Sand sind der Austrag synthetischer Teppichflocken und deren Verteilung in die Umgebung aufgrund des vergleichsweise geringen Gewichts leichter möglich. Der Austrag des synthetischen Teppichmaterials in die Umwelt ist schädlich, da herkömmliche Kunststoffe durch biologische Prozesse nur schwer abgebaut werden können und sich somit in der Umwelt anreichern.