LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3858 09.10.2018 Datum des Originals: 05.10.2018/Ausgegeben: 12.10.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1424 vom 3. September 2018 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD Drucksache 17/3546 Angriffe und Brandstiftungen gegen Flüchtlingsunterkünfte in Nordrhein-Westfalen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Bundeslagebild des BKA 2017 Kriminalität im Kontext von Zuwanderung1 hat ergeben, dass wenn ein Asylbewerber/Flüchtling Opfer einer Straftat wurde, es sich in 15 % der Fälle um deutsche Tatverdächtige handelte und folglich in 85 % der Fälle um ausländische Tatverdächtige. Berechtigterweise werden seit 2015 die vermehrten Übergriffe und Brandanschläge gegen Asylbewerberunterkünfte, die nicht zu tolerieren sind, beklagt. Auch bei diesen Straftaten gilt es allerdings genauer hinzuschauen und das jeweilige Täterprofil zu ermitteln. In zahlreichen Fällen in der Vergangenheit waren Asylbewerber Täter oder tatverdächtig: • November 2017 in Rüthen2 • Juli 2018 in Havixbeck3 • Juli 2018 in Coesfeld4 • März 2018 in Fellbach5 1 https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/KriminalitaetImKo ntextVonZuwanderung/KriminalitaetImKontextVonZuwanderung_2017.pdf?__blob=publicationFile&v=3 2 https://www.wp.de/staedte/warstein-und-umland/nach-zue-brand-mutmasslicher-taeter-bleibt-vorerst-in-haftid 212458935.html 3 http://www.dzonline.de/Muensterland/3418034-Feuer-in-der-Asylbewerberunterkunft-Mutmasslicher- Brandstifter-stellt-sich 4 http://www.spiegel.de/panorama/justiz/coesfeld-in-nrw-drei-verletzte-bei-brand-in-fluechtlingsheim-a- 1221115.html 5 https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.asylbewerber-aus-fellbach-vor-gericht-nach-brandstiftung-haftstrafefuer -taeter.59759f03-3504-4c51-8ec5-4339ac739adf.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3858 2 • März 2017 Mönchengladbach6 Für viel Aufsehen hat im Juni 2016 die Brandstiftung in der als Asylbewerberunterkunft genutzten Messehalle 18 in Düsseldorf gesorgt. Der Prozess gegen die mutmaßlich Tatverdächtigen wurde seinerzeit ausführlich auf NRW.direkt7 geschildert. Angeklagt waren ein 27-jähriger Algerier sowie ein 27-jähriger Marokkaner. Interessant in diesem Zusammenhang die Schilderung, dass einer der Angeklagten zugab, wie er jahrelang in Spanien sowie Italien gelebt habe ohne einen Asylantrag zu stellen und Ende 2015 nach Deutschland gegangen sei, weil er „sein Leben verbessern“ wollte. Nachdem er hier einen Asylantrag gestellt hatte, konnte er „von Sozial leben“. Laut NRW.direkt schilderte ein Sozialarbeiter, dass „in der Asylbewerberunterkunft hauptsächlich Verbrecher, Psychopathen und Kleinkriminelle untergebracht waren und die Polizei jeden zweiten Tag dort im Einsatz gewesen sei.“ Der Sozialarbeiter wird weiter zitiert, „dass Drohungen wie „Wir legen die Halle in Schutt und Asche“, „Wir zünden euch an“, „Wir bringen euch alle um“ oder „Wir brennen die Halle nieder“ dort an der Tagesordnung waren“. Staatsanwalt Martin S. soll bei seinem Plädoyer beklagt haben, dass „zu viele Zeugen während des Prozesses weggebrochen seien“. Zweifel führten am Ende zu einem Freispruch der Tatverdächtigen. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1424 mit Schreiben vom 5. Oktober 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und dem Minister der Justiz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität" (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“. Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten, • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben, • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. 6 http://nrw-direkt.net/brandstifter-zu-acht-jahren-verurteilt/ 7 http://nrw-direkt.net/category/justiz/abgebrannte-messehalle/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3858 3 Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105- 108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a oder 241a Strafgesetzbuch als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungs-zusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet. Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst - Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK). Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) erfasst grundsätzlich keine expliziten Daten über die angegriffenen Objekte. Eine Differenzierung über die Deliktschlüssel, so wie es im Bereich des schweren Diebstahls möglich ist, existiert im Bereich der Brandstiftung bzw. des Herbeiführens einer Brandgefahr nicht. Somit lassen sich Brandstiftungen gegen Flüchtlingsunterkünfte aus den Daten der PKS nicht identifizieren. Aus diesem Grund ist die Beantwortung der Fragen 1- 4 auf Basis der PKS nicht möglich. 1. Wie viele Angriffe und Brandstiftungen hat es seit zwischen dem 01.07.2015 und dem 30.06.2018 gegen Asylbewerberunterkünfte in Nordrhein-Westfalen gegeben? (bitte einzeln auflisten nach Datum und Ort inkl. einer kurzen Schilderung des Tathergangs) Vom 01.07.2015 bis zum 30.06.2018 wurden im Rahmen des KPMD-PMK insgesamt 86 Gewaltdelikte gegen Asylunterkünfte statistisch erfasst. Bei 48 dieser Gewaltdelikte handelt es sich um Branddelikte. Weitere Einzelheiten bitte ich der Anlage zu entnehmen; die Branddelikte sind „fett" markiert. Eine Kurzdarstellung der Sachverhalte erfordert eine manuelle Auswertung jedes einzelnen Vorganges. Dies ist im Hinblick auf die zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zeitgerecht möglich. 2. In wie vielen, der unter Frage 1 abgefragten Straftaten, konnten die Täter ermittelt, die Tat aufgeklärt und die Täter eindeutig einer entsprechenden Gruppe zugeordnet werden? (bitte auflisten nach „nicht aufgeklärt", „aufgeklärt" und der entsprechenden Zuordnung) 3. In wie vielen Fällen waren für die Angriffe und Brandstiftungen Bewohner der entsprechenden Unterkunft selbst verantwortlich oder tatverdächtig? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. 28 der 86 Gewaltdelikte wurden aufgeklärt und Täter ermittelt. Bei zwölf der aufgeklärten Gewaltdelikte handelt es sich um Branddelikte. Weitere Einzelheiten bitte ich ebenfalls der Anlage zu Frage 1 zu entnehmen. Eine Zuordnung der Tatverdächtigen zu „Gruppen" erfolgt im KPMD-PMK nicht. Ob es sich bei den Tatverdächtigen um Bewohner der angegriffenen Unterkünfte handelt, wird im KMPD- PMK statistisch nicht erfasst. Eine Einzelauswertung der 28 aufgeklärten Gewaltdelikte ergab, dass es sich in einem Fall bei den Tatverdächtigen um Bewohner der entsprechenden Unterkunft handelte. Darüber hinausgehende Daten liegen nicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3858 4 4. Wie werden im Verfassungsschutzbericht und in der polizeilichen Kriminalstatistik NRW die nicht aufgeklärten Fälle und die Straftaten durch Asylbewerber eingestuft? Im KPMD-PMK sind 56 der insgesamt 58 nicht aufgeklärten Gewaltdelikte dem Phänomenbereich PMK - Rechts zugeordnet. Dem Phänomenbereich „PMK- nicht zuzuordnen“ sind die verbleibenden zwei Gewaltdelikte zugeordnet. Datenquelle für den Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen ist der KPMD-PMK, nicht die PKS. Es findet keine eigene Einstufung durch den Verfassungsschutz oder im Rahmen des Verfassungsschutzberichtes statt. 5. Wie wurde die geschilderte Brandstiftung in der Messehalle Düsseldorf eingestuft, bei der die Angeklagten mangels Beweisen freigesprochen wurden? Bei diesem Delikt handelt es sich nicht um eine politisch motivierte Straf-tat, weshalb sie im KPMD - PMK nicht erfasst wurde. Politisch motivierte Kriminalität Tattag Tatort Delikt Aufklärung 26.07.2015 Bochum § 224 StGB aufgeklärt 30.07.2015 Herne § 223 StGB aufgeklärt 08.08.2015 Bochum § 224 StGB nicht aufgeklärt 16.08.2015 Gütersloh § 223 StGB aufgeklärt 16.08.2015 Voerde § 125a StGB nicht aufgeklärt 21.08.2015 Düren § 306 StGB nicht aufgeklärt 22.08.2015 Espelkamp § 306 StGB nicht aufgeklärt 01.09.2015 Bad Oeynhausen § 306a StGB nicht aufgeklärt 03.09.2015 Witten § 306a StGB nicht aufgeklärt 06.09.2015 Dortmund § 306 StGB nicht aufgeklärt 06.09.2015 Münster § 224 StGB nicht aufgeklärt 12.09.2015 Wiehl § 306 StGB nicht aufgeklärt 14.09.2015 Porta Westfalica § 306a StGB aufgeklärt 03.10.2015 Altena § 306b StGB aufgeklärt 03.10.2015 Xanten § 306 StGB nicht aufgeklärt 09.10.2015 Köln § 224 StGB nicht aufgeklärt 10.10.2015 Essen § 125 StGB aufgeklärt 10.10.2015 Hattingen § 113 StGB aufgeklärt 19.10.2015 Overath § 306 StGB nicht aufgeklärt 06.11.2015 Schwerte § 125a StGB aufgeklärt 09.11.2015 Telgte § 306 StGB nicht aufgeklärt 06.12.2015 Ahlen § 224 StGB aufgeklärt 08.12.2015 Borken § 224 StGB nicht aufgeklärt 08.12.2015 Borken § 224 StGB nicht aufgeklärt 14.12.2015 Kirchhundem § 306 StGB nicht aufgeklärt 15.12.2015 Werne § 224 StGB nicht aufgeklärt 27.12.2015 Erwitte § 224 StGB nicht aufgeklärt 31.12.2015 Ahaus § 306a StGB nicht aufgeklärt 01.01.2016 Leverkusen § 224 StGB aufgeklärt 02.01.2016 Burscheid § 224 StGB nicht aufgeklärt 02.01.2016 Köln § 306a StGB aufgeklärt 04.01.2016 Bottrop § 306 StGB nicht aufgeklärt 09.01.2016 Ascheberg § 306a StGB nicht aufgeklärt 10.01.2016 Raesfeld § 306a StGB nicht aufgeklärt 15.01.2016 Oberhausen § 306 StGB nicht aufgeklärt 17.01.2016 Gescher § 306a StGB nicht aufgeklärt 17.01.2016 Paderborn § 125 StGB aufgeklärt 20.01.2016 Paderborn § 306a StGB nicht aufgeklärt 21.01.2016 Marl § 306a StGB nicht aufgeklärt 25.01.2016 Paderborn § 224 StGB nicht aufgeklärt 25.01.2016 Witten § 306 StGB nicht aufgeklärt 02.02.2016 Oberhausen § 308 StGB aufgeklärt 08.02.2016 Warburg § 306b StGB aufgeklärt 08.02.2016 Warburg § 306a StGB aufgeklärt 14.02.2016 Ahaus § 224 StGB aufgeklärt 28.02.2016 Kirchhundem § 306 StGB nicht aufgeklärt Stand: 11.09.2018 Seite 1 von 2 Politisch motivierte Kriminalität Tattag Tatort Delikt Aufklärung 19.03.2016 Eslohe § 306b StGB nicht aufgeklärt 23.03.2016 Hamminkeln § 223 StGB nicht aufgeklärt 11.04.2016 Dortmund § 223 StGB nicht aufgeklärt 15.04.2016 Lindlar § 306 StGB nicht aufgeklärt 26.04.2016 Kerken § 306a StGB aufgeklärt 28.04.2016 Münster § 306a StGB nicht aufgeklärt 11.05.2016 Ennigerloh § 223 StGB aufgeklärt 23.05.2016 Schloß Holte-Stukenbrock § 306a StGB nicht aufgeklärt 04.06.2016 Münster § 306 StGB aufgeklärt 10.06.2016 Neunkirchen-Seelscheid § 306 StGB nicht aufgeklärt 11.06.2016 Leverkusen § 306a StGB nicht aufgeklärt 18.06.2016 Hagen § 224 StGB nicht aufgeklärt 22.06.2016 Paderborn § 224 StGB nicht aufgeklärt 05.07.2016 Krefeld § 223 StGB nicht aufgeklärt 17.07.2016 Brakel § 224 StGB nicht aufgeklärt 01.08.2016 Enger § 224 StGB nicht aufgeklärt 08.09.2016 Wilnsdorf § 211 StGB aufgeklärt 14.09.2016 Petershagen § 306a StGB nicht aufgeklärt 16.09.2016 Warburg § 223 StGB aufgeklärt 08.10.2016 Sankt Augustin § 224 StGB nicht aufgeklärt 09.10.2016 Bochum § 224 StGB aufgeklärt 31.10.2016 Much § 224 StGB aufgeklärt 24.11.2016 Baesweiler § 306a StGB nicht aufgeklärt 10.12.2016 Dinslaken § 306 StGB nicht aufgeklärt 21.12.2016 Bochum § 308 StGB nicht aufgeklärt 27.12.2016 Neuss § 224 StGB aufgeklärt 30.12.2016 Bochum § 306 StGB nicht aufgeklärt 06.01.2017 Moers § 306a StGB nicht aufgeklärt 04.02.2017 Drensteinfurt § 306a StGB nicht aufgeklärt 24.02.2017 Schwelm § 224 StGB aufgeklärt 15.03.2017 Siegen § 306b StGB aufgeklärt 02.04.2017 Bornheim § 224 StGB nicht aufgeklärt 11.04.2017 Schwelm § 306b StGB aufgeklärt 10.05.2017 Schwelm § 306 StGB aufgeklärt 22.05.2017 Bad Münstereifel § 224 StGB nicht aufgeklärt 23.06.2017 Lemgo § 211 StGB nicht aufgeklärt 27.06.2017 Grevenbroich § 224 StGB nicht aufgeklärt 17.07.2017 Lippstadt § 224 StGB nicht aufgeklärt 19.10.2017 Erftstadt § 306a StGB nicht aufgeklärt 27.10.2017 Voerde § 306b StGB nicht aufgeklärt Stand: 11.09.2018 Seite 2 von 2