LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/3888 12.10.2018 Datum des Originals: 12.10.2018/Ausgegeben: 17.10.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1505 vom 17. September 2018 der Abgeordneter Langguth, Frank Neppe und Markus Pretzell FRAKTIONSLOS Drucksache 17/3702 Entwicklung der Wohnungslosigkeit in NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Sozialberichterstattung NRW Kurzanalyse 03/2018 weist einen Anstieg der kommunal und ordnungsrechtlich untergebrachten Wohnungslosen vom Stichtag 30. Juni 2016 zum Stichtag des Folgejahres um 67,2 Prozent aus. Dieser starke Anstieg sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass anerkannte Asylbewerber/-innen z.B. in (Not-)Unterkünften untergebracht seien, da für sie kein bezahlbarer Wohnraum zu finden sei. Bei der Entwicklung der Anzahl wohnungsloser Personen, welche von freien Trägern der Wohnungslosenhilfe untergebracht bzw. betreut werden, ist ein Rückgang von 2016 auf 2017 zu verzeichnen. Binnen zwei Jahren von 2015 auf 2017 ist die Anzahl wohnungsloser Mitbürger/-innen insgesamt um über 53 Prozent angestiegen. In den Städten Düsseldorf und Köln sind besonders viele Mitbürger/-innen von der Wohnungslosigkeit betroffen. Obwohl nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung NRWs in den beiden Städten leben, leben in ihnen über ein Drittel der wohnungslosen Mitbürger/-innen von NRW. Zwischen 2016 und 2017 ist die Anzahl wohnungsloser Personen in Düsseldorf und Köln um über 51 % gestiegen. Neben einem absoluten Anstieg der wohnungslosen Mitbürger/-innen zwischen 2016 und 2017 insgesamt, kam es insbesondere bei den wohnungslosen Personen unter 18 Jahren zusätzlich zu einem relativen Anstieg. Die überproportionale Zunahme von wohnungslosen Personen unter 18 Jahren führt dazu, dass sie zum Stichtag 30. Juni 2018 14,3 Prozent (Vorjahr 8,3 Prozent) der wohnungslosen Personen in NRW ausmachen. In keiner anderen statistischen Altersklasse war 2017 der Anteil weiblicher Personen größer. Das Land NRW unterstützt seit 1996 Kommunen sowie die Träger der freien Wohlfahrtspflege bei der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit mit einem Aktionsprogramm, welches zuletzt zum LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3888 2 Januar 2016 neu ausgerichtet wurde und nun unter dem Titel „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ geführt wird. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1505 mit Schreiben vom 12. Oktober 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Wie hat sich die Anzahl wohnungsloser Personen, welche kommunal und ordnungsrechtlich untergebracht sind, von 2016 auf 2017 entwickelt, wenn der Sondereffekt der Unterbringung von anerkannten Asylbewerbern/-innen in (Not-)Unterkünften herausgerechnet wird? In der Integrierten Wohnungsnotfallstatistik wird der Aufenthaltsstatus nicht erhoben. Die Zahl der wohnungslosen anerkannten Asylbewerber/-innen ist nicht bekannt und kann dementsprechend nicht herausgerechnet werden. Zum Stichtag 30. Juni 2017 meldeten die Kommunen insgesamt 19.459 kommunal und ordnungsrechtlich untergebrachte Personen, zum Stichtag 30. Juni 2016 waren insgesamt 11.637 Menschen kommunal und ordnungsrechtlich untergebracht. Die für die Unterbringung wohnungsloser Menschen zuständigen Kommunen nennen zwei Gründe für den Anstieg: Die ordnungsrechtliche Unterbringung von anerkannten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und den insgesamt angespannten Wohnungsmarkt. 2. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung aufgrund der neuen Datenlage, um die Wohnungslosigkeit von unter 18-Jährigen kurzfristig zu reduzieren? 3. Plant die Landesregierung Sondermaßnahmen, um die Städte Düsseldorf und Köln in der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit zu unterstützen? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sinnzusammenhangs zusammen beantwortet. Zur Schaffung von mehr bezahlbaren Wohnungen hat die Landesregierung erstmalig ein fünfjähriges Wohnraumförderungsprogramm (WoFP 2018 - 2022) aufgelegt und aktuell das Programm um 1,5 Mrd. Euro auf 5,5 Mrd. Euro erhöht (1,1 Mrd. Euro jährlich). Diese Erhöhung ist im Vorgriff auf die angekündigten Bundesfinanzhilfen erfolgt. Gleichzeitig wurden zu Beginn des Förderjahres 2018 die Förderkonditionen verbessert, Förderrichtlinien gestrafft und bestehende Restriktionen zurückgenommen. Erste Auswertungen der Förderstatistiken zeigen eine rege Inanspruchnahme der Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen. Geförderter Wohnungsbau hilft den Kommunen bei der Bewältigung der derzeitigen großen wohnungspolitischen Herausforderungen. Die Landesregierung unterstützt die nach dem Ordnungsbehördengesetz originär für die Unterbringung von Wohnungslosen zuständigen Kommunen sowie die Träger der freien Wohlfahrtspflege bereits seit 1996 mit einem Aktionsprogramm bei der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit. Ein wichtiger Schwerpunkt des Programms „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ liegt im Bereich der Prävention, insbesondere bei der „Verhinderung von Wohnungsverlust“ und bei der „Suche nach neuem Wohnraum“. Das Programm hat einen Haushaltsansatz von 1 Mio. Euro jährlich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/3888 3 Im Rahmen dieser Unterstützungstätigkeit werden im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und der Informationsvermittlung u.a. in themenzentrierten Workshops unter der Federführung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales bedeutsame Fragestellungen und neue Herausforderungen der Wohnungsnotfallhilfe mit Expertinnen und Experten diskutiert, Beispiele guter Praxis ausgetauscht sowie neue Handlungsoptionen entwickelt. So ist für Ende 2018/Anfang 2019 eine Veranstaltung zur speziellen Problemsituation von schwer zu erreichenden jungen Menschen vorgesehen. In dem von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) im Auftrag des MAGS erarbeiteten „Handbuch der Hilfen in Wohnungsnotfällen“, welches Kommunen und Träger der freien Wohlfahrtspflege bei der Arbeit in der Wohnungslosenhilfe unterstützen soll, wird in einem Kapitel die besondere Situation von Heranwachsenden und jungen Erwachsenen in der Wohnungslosigkeit behandelt. 4. Wie viele Projekte bei welchem durchschnittlichen Fördervolumen wurden jährlich zwischen Januar 2016 und Juni 2018 durch das Förderprojekt „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ des MAGS gefördert? Im Rahmen des Aktionsprogramms „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ wurden im Jahr 2016 insgesamt 7 Projekte mit einem durchschnittlichen Fördervolumen von rd. 136.000 Euro gefördert. Im Jahr 2017 waren es 6 Projekte mit einer durchschnittlichen Fördersumme von rd. 140.000 Euro. Zwischen Januar 2018 und Juni 2018 wurden 3 Projekte mit einer durchschnittlichen Fördersumme von rd. 122.000 Euro gefördert. 5. Plant die Landesregierung in Folge des drastischen Anstiegs wohnungsloser Mitbürger/-innen den Haushaltsansatz für das Förderprojekt „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ des MAGS von aktuell jährlich 1 Mio. Euro aufzustocken? Über eine mögliche Aufstockung des Haushaltsansatzes für das Aktionsprogramm „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ entscheidet der Gesetzgeber. Für 2018 stellt die Landesregierung erstmalig zusätzlich 850.000 Euro zur Verbesserung der medizinischen Versorgung von wohnungslosen Menschen in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung. Mit diesen zusätzlichen Mitteln werden Investitionen für medizinische Ausstattungsgegenstände in vorhandenen Einrichtungen gefördert.