LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4004 16.10.2018 Datum des Originals: 16.10.2018/Ausgegeben: 22.10.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1507 vom 19. September 2018 der Abgeordneten Norwich Rüße und Johannes Remmel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/3704 Wie werden Kühlgeräte in Nordrhein-Westfalen sachgemäß entsorgt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Alte Kühlgeräte enthalten oftmals Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) oder andere schädliche Klimagase, weshalb eine unsachgemäße Entsorgung massive Umweltschänden zur Folge haben kann. Um die Freisetzung dieser Gase zu vermeiden, ist eine umweltverträgliche Entsorgung der Altgeräte erforderlich, für die gemäß dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz (kurz: ElektroG) die Hersteller verantwortlich sind. Bei der Entsorgung der Geräte ist eine Entnahme des enthaltenen Treibhausgases von mindestens 90 Prozent gesetzlich vorgeschrieben. Neben den technischen Standards, bleiben in Deutschland auch die gesetzlichen Vorgaben hintern denen anderer Länder zurück. In Frankreich, Irland, Niederlande, Schweiz, Österreich und weiteren Ländern sind Entsorgungsstandards bereits verbindlich vorgeschrieben, während sich hierzulande die beauftragten Recyclingunternehmen ihre Prüfer zur Auditierung ihrer Entsorgungsnomen selbst aussuchen dürfen. Darüber hinaus sind wenig Hersteller bereit, die Berichte der von ihnen beauftragten Recycler offenzulegen. Von Umweltverbänden wird kritisiert, dass immer mehr Hersteller – darunter auch führende Kühlgerätehersteller aus Deutschland – aus Gründen der Kostenreduzierung auf eine umweltverträgliche Entsorgung nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Stand der Technik verzichten. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1507 mit Schreiben vom 16. Oktober 2018 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4004 2 1. An welchen Standorten in Nordrhein-Westfalen werden alte Kühlgeräte nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Stand der Technik entsorgt? Bitte auch die Auslastung der einzelnen Standorte benennen. In NRW werden zurzeit folgende vier Behandlungsanlagen für Kühlgeräte, die halogenhaltige und nicht halogenhaltige Kohlenwasserstoffe enthalten, betrieben: REMONDIS Electrorecycling GmbH Brunnenstr. 138, 44536 Lünen NOEX AG Benzstr. 1, 41515 Grevenbroich Enviprotect, Kühl- und Elektrogeräterecycling GmbH Gutenbergstr. 9, 48282 Emsdetten EN-PRO Entsorgungsgesellschaft mbH Rudolf-Diesel-Str. 15, 53859 Niederkassel Informationen bezüglich der Auslastung dieser Behandlungsanlagen liegen der Landesregierung nicht vor. 2. Sind der Landesregierung die Probleme einer unsachgemäßen Entsorgung von Kühlgeräten durch die Herstellerfirmen in Nordrhein-Westfalen bekannt? Der Landesregierung liegen keine Informationen zu einer unsachgemäßen Entsorgung von Kühlgeräten durch die Herstellerfirmen in Nordrhein-Westfalen vor. 3. Nach welchen Kriterien (Häufigkeit, Unabhängigkeit, Transparenz etc.) wird die gesetzlich vorgeschriebene Entsorgung von Kühlgeräten in Nordrhein-Westfalen von wem kontrolliert? Zuständige Umweltschutzbehörden für die Überwachung der in Nordrhein-Westfalen ansässigen Kühlgeräteentsorgungsanlagen sind die Bezirksregierungen. Für die nach Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen erfolgt eine Risikobewertung, die auf Grundlage landesweit abgestimmter Kriterien mit der Web- Anwendung IRAM (Integrierte Risiko-Auswertungs-/ Bewertungs-Methode) ein Regelinspektionsintervall ermittelt. Für Anlagen, die der Industrieemissionsrichtlinie unterliegen, wie im hier vorliegenden Fall, liegt der maximale zeitliche Abstand zwischen den Vor-Ort- Besichtigungen (Regelinspektionsintervall) bei einem Jahr für Anlagen, die der höchsten Risikostufe unterfallen und drei Jahren, für Anlagen die der niedrigsten Risikostufe unterfallen. Zusätzlich können anlassbezogene Überprüfungen durchgeführt werden. Bestandteil der behördlichen Überwachung ist u.a. der Nachweis der Zuverlässigkeit der Trockenlegung der Kühlgeräte durch den sogenannten 100 Geräte-Test (Nr. 5.4.8.10.3/5.4.8.11.3 Abs. d) TA Luft) oder der Nachweis der Einhaltung von Emissionswerten für FCKW durch kontinuierliche Messungen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4004 3 Die Ergebnisse der Umweltinspektionen werden in Form von Umweltinspektionsberichten auf den Internetseiten der Überwachungsbehörden1 veröffentlicht und sind für jedermann einsehbar. 4. Wie positioniert sich die Landesregierung bezüglich einer Festschreibung von umweltgerechten, unabhängigen und transparenten Entsorgungsnormen, so wie in anderen europäischen Ländern bereits geschehen? Es wird angenommen, dass sich die Frage auf die Normenreihe DIN EN 506252 bezieht. Diese wurden von der europäischen Normungsorganisation CENELEC auf Grund eines Mandats der EU-Kommission gemäß Artikel 8 Absatz 5 der Europäischen Elektroaltgeräte-Richtlinie erarbeitet. Sie sollen dem Stand der Technik entsprechende Anforderungen für die Behandlung - einschließlich Verwertung, Recycling und Vorbereitung zur Wiederverwendung - von Elektro- und Elektronik-Altgeräten darstellen. Die Europäische Kommission hat die Möglichkeit, mit Hilfe von Durchführungsrechtsakten Mindestqualitätsnormen auf Grundlage der Normen in den Mitgliedstaaten verbindlich vorzuschreiben. Dies ist jedoch noch nicht erfolgt. Kernelemente der Normenreihe sind die Anforderungen an die Schadstoffentfrachtung sowie die Anforderungen an das Monitoring und die Auditierung. Bei Einhaltung der Anforderungen kann die Qualität der Schadstoffentfrachtung als hoch eingeschätzt werden. Auf Basis der Ermächtigungsgrundlage in § 24 des Elektro- und Elektronikgeräte-Gesetzes (ElektroG) wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Nukleare Sicherheit (BMU) eine Behandlungsverordnung vorbereitet. Das Umweltbundesamt (UBA) hat dem BMU im März 2018 einen Bericht mit Empfehlungen für Anforderungen an die Behandlung von Elektro(nik)altgeräten übermittelt. In diesem Zusammenhang hat das UBA auch evaluiert, welche Anforderungen der o.g. Normenreihe in eine Behandlungsverordnung aufgenommen werden sollten. Zur Erreichung und Einhaltung der Ziele der Verbesserung der Behandlungsverfahren, der Wertstoffrückgewinnung und der Qualität der Schadstoffentfrachtung favorisiert das UBA eine Kombination aus den Anforderungen der CENELEC- Normen an das Monitoring/Auditierung und der übergreifenden Empfehlung eines Behandlungskonzepts. 1 Bezirksregierung Düsseldorf: http://www.brd.nrw.de/umweltschutz/ umweltueberwachung/Umweltinspektionsberichte.html Bezirksregierung Köln: https://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/ umweltinspektionsberichte/index.html Bezirksregierung Münster: http://www.bezreg-muenster.de/de/umwelt_und_natur/ umweltinspektionsberichte/berichte/index.html Bezirksregierung Detmold: https://www.bezreg-detmold.nrw.de/200_Aufgaben/ 050_Umwelt_und_Naturschutz/010_Umweltinspektionsberichte/index.php Bezirksregierung Arnsberg: https://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/u/ umweltinspektionen_5/index.php 2 Insbesondere folgende Normen und Vornormen: DIN EN 50625-1: Allgemeine Anforderungen an die Behandlung DIN EN 50625-2-3: Anforderungen an die Behandlung von Wärmeträgern und anderen Elektro- und Elektronik-Altgeräten, die VFC und/oder VHC enthalten DIN CLC/TS 50625-3-1: Spezifikation der Schadstoffentfrachtung – Allgemeines DIN CLC/TS 50625-3-4: Spezifikation der Schadstoffentfrachtung – Wärmeüberträger LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4004 4 Im Referentenentwurf der TA Luft3 vom 16.07.2018 wurde ergänzend zur Dichtigkeitsprüfung (sogenannter 100-Geräte-Test für die Stufe 14) der sogenannte 1000-Geräte-Test aufgenommen. Mit diesem wird die Leistungsfähigkeit der Behandlung der trockengelegten Kühlgeräte zur Freisetzung und Erfassung bzw. Rückgewinnung der Treibmittel in der Stufe 2 überprüft. Der Test soll gemäß DIN EN 50625-2-3 und CLC/TS 50625-3-4 durchgeführt werden. Die dargestellten Ansätze für die geplante Behandlungsverordnung und der Novelle der TA Luft werden von der Landesregierung unterstützt. 3 In Nr. 5.4.8.10.310c/5.4.8.11.311c „Anlagen zur Entsorgung von Kühlgeräten oder – einrichtungen oder anderen Wärmeüberträgern, die FCKW, HFCKW, HFKW, KW oder ammoniakhaltige Kältemittel enthalten“ Buchstabe l) 4 Die Behandlung der Kühlgeräte erfolgt in 2 Stufen. In der Stufe 1 erfolgt eine manuelle Entnahme von Schadstoffen, Störstoffen und Wertstoffen sowie die Entnahme und Rückgewinnung der Kältemittel und des Kältemaschinenöls. In der Stufe 2 erfolgt die Zerkleinerung der Gehäuse und Rückgewinnung der Treibmittel aus der Isolation sowie die Rückgewinnung weiterer Faktionen.