LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4011 18.10.2018 Datum des Originals: 18.10.2018/Ausgegeben: 23.10.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1504 vom 17. September 2018 der Abgeordneten Alexander Langguth, Frank Neppe und Marcus Pretzell FRAKTIONSLOS Drucksache 17/3701 Angsträume und feindliche Architektur in nordrhein-westfälischen Kommunen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Angsträume beschreiben diejenigen Abschnitte im öffentlichen Raum, welche von der Gesellschaft wegen ihrer Lage, ihrer Baustruktur sowie ihrer Nutzung gefürchtet und gemieden werden. Trotz sinkender Zahlen der Kriminalitätsstatistik befürchten Bürger, Opfer einer kriminellen Handlung zu werden. Das subjektive Sicherheitsempfinden wirkt sich auf die wahrgenommene Qualität des bereitgestellten öffentlichen Raums aus. Auslöser für die Ängste sind insbesondere eine mangelhafte oder fehlende Beleuchtung, Vandalismus, fehlende Sozialkontrolle und verwinkelte Wegführungen. Auch diejenigen Mitbürger, deren Lebensmittelpunkt die Straße ist, fürchten die gleichen Räume aus den gleichen Gründen. Da ihnen durch fehlenden eigenen Wohnraum eine Schutzzone fehlt, sind sie den Gefahren der Straße und der Angsträume stärker ausgesetzt. Obwohl die Anwesenheit weiterer Menschen das Sicherheitsempfinden stärken kann, ist der Einsatz von feindlicher Architektur (hostile architecture) zur Verdrängung von Mitbürgern, deren Lebensmittelpunkt die Straße ist, aus dem Stadtbild ein exkludierender Ansatz in den städtebaulichen Aufwertungsbemühungen. Die Verdrängung geschieht unter anderem durch die Anbringung von Spikes auf potenziellen Schlafplätzen, der Installation von Sitzgelegenheiten mit eingeschränktem Sitzkomfort und Zäunen, welche überdachte Plätze z.B. unter Treppenaufgängen unbegehbar machen. Durch die Verdrängung wiederum werden die Verteilungskämpfe auf den verbleibenden Flächen intensiviert. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 1504 mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4011 2 1. Wie bewertet die Landesregierung den Einsatz feindlicher Architektur im öffentlichen Raum im Hinblick auf die Aufenthaltsqualität und der Beseitigung von Angsträumen? 2. Wurden in den vergangen zehn Jahren Projekte der feindlichen Architektur mit Landesmitteln aus den Programmen der Städtebauförderung (mit-)finanziert? Wenn ja, bitte jährliche Werte für Anzahl und Finanzvolumen angeben. 3. Inwiefern setzt sich die Landesregierung dafür ein, dass im Falle einer Verdrängung durch städtebauliche Aufwertungen, welche durch die Programme der Städtebauförderung gefördert werden, Kommunen für die verdrängten Mitbürger/-innen Ausgleichsflächen schaffen? Die Fragen 1-3 werden gemeinsam beantwortet: Ein erklärtes Ziel aller Programme der Städtebauförderung liegt darin, positive Impulse für den sozialen Zusammenhalt und vor allem das Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen zu setzen. Gegenstand der Städtebauförderung sind grundsätzlich (Gesamt-)Maßnahmen, die aus gebietsbezogenen integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepten abgeleitet werden. Die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen im Rahmen der vorgelegten Gesamtkonzepte ist nicht Gegenstand der Förderung, sondern obliegt der jeweils ausführenden Kommune. 4. Inwiefern setzt sich die Landesregierung dafür ein, dass Mitbürger/-innen mit dem Lebensmittelpunkt Straße bei der Umgestaltung des öffentlichen Raums mit angehört und berücksichtigt werden? Die Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger ist für eine erfolgreiche Gebietsentwicklung im Rahmen der Stadterneuerung einer der zentralen Faktoren und daher unverzichtbar. Dabei handelt es sich immer um offene Prozesse, die, auch durch die Wahl der Informationswege (beispielsweise Presse, Plakate, öffentliche Aushänge), die Beteiligung aller Gruppen der Bevölkerung ermöglichen sollen. 5. Wie bewertet die Landesregierung den Einfluss einer Videoüberwachung des öffentlichen Raums auf das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in Angsträumen? Die zielgerichtete offene Videobeobachtung als besondere Art der Videoüberwachung hat sich als Bestandteil polizeilicher Gesamtkonzepte bewährt. Sie ergänzt das Spektrum polizeilicher Maßnahmen in wertvoller Weise.