LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4012 18.10.2018 Datum des Originals: 18.10.2018/Ausgegeben: 23.10.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1540 vom 25. September 2018 des Abgeordneten Frank Sundermann SPD Drucksache 17/3771 Wie stellt sich die Schutzwirkung der Sozialcharta im Vertrag über den Verkauf der landeseigenen Wohnungen der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) im August 2008 für die Bewohnerinnen und Bewohner der ehemals landeseigenen Wohnungen im Kreis Steinfurt heute dar? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Beim Verkauf der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft LEG pries der damalige Landesbauminister Lutz Lienenkämper in einer Pressemitteilung den Verkauf als eine Erfolgsgeschichte. „Die Mieter, aber auch die Mitarbeiter der LEG, stehen heute dank der zwischen Land und Käufer vereinbarten Sozialcharta besser da als in der Vergangenheit.“ Die Sozialcharta würde u.a. die LEG-Mieter für die Dauer von zehn Jahren vor ordentlicher Kündigung schützen und Mietern über 60 Jahre ein lebenslanges Wohnrecht zusichern. Mieterhöhungen würden über die allgemeinen Regeln des Mieterschutzes im BGB hinaus begrenzt werden. Angesichts vielfach gegenteiliger Erfahrungen der Bewohner der ehemaligen landeseigenen LEG-Wohnungen und der sich dramatisch zuspitzenden Lage auf dem Wohnungsmarkt im Niedrigpreissegment im Kreis Steinfurt stellt sich die berechtigte Frage, ob die Sozialcharta den Menschen im Kreis Steinfurt, die in LEG-Wohnungen lebten, den Schutz geboten hat, der mit ihr versprochen wurde. Aktualität gewinnt dieses Thema durch das nahende Ende des vermeintlichen Schutzzeitraums. Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 1540 mit Schreiben vom 18.Oktober 2018 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4012 2 1. Sind die Wohnungen noch heute im Besitz des damaligen Käufers Goldman Sachs bzw. wie oft fand ein Eigentümerwechsel bei Wohnungen im Kreis Steinfurt statt? Durch den Verkauf der LEG NRW GmbH im Jahr 2008 hat es keinen Wechsel bei den Eigentumsverhältnissen der Wohnungen gegeben. Alle Wohnungen sind im Eigentum der bestandshaltenden Gesellschaften der LEG-Gruppe verblieben. Verkäufe von Wohnungen durch diese bestandhaltenden Gesellschaften sind nach der Sozialcharta in beschränktem Umfang zulässig – pro Jahr nicht mehr als 2,5% der Konzernwohnungen. Die jährliche Berichterstattung über die Einhaltung dieser Vorgabe erfolgt daher pauschal bezogen auf den Gesamtwohnungsbestand. Detailinformationen zu einzelnen Städten, Stadtteilen, Städteregionen oder Kreisen liegen nicht vor. 2. Wie hoch sind die Mietsteigerungen in den vergangenen zehn Jahren der ehemaligen landeseigenen LEG-Wohnungen im Kreis Steinfurt im Vergleich zum Ausgangsjahr 2008 zu beziffern? Die in der Sozialcharta festgelegten Mieterhöhungsbeschränkungen beziehen sich auf die Bestandswohnungen insgesamt. Daher können zu Mietsteigerungen in einzelnen Städten oder Regionen keine Angaben gemacht werden, da die LEG nach der Sozialcharta nicht verpflichtet ist, stadt- oder siedlungsbezogene Angaben zu liefern. Die vorgelegten Berichte des Wirtschaftsprüfers zur Einhaltung der Sozialchartaverpflichtungen zeigen aber, dass die LEG die ihr nach der Sozialcharta zustehenden Spielräume bei weitem nicht ausgeschöpft hat. 3. Wie haben sich Angebot und Nachfrage nach niedrigpreisigen Wohnungen im Kreis Steinfurt in den letzten 10 Jahren entwickelt (Bitte Daten für die Städte und Gemeinden des Kreises Steinfurt einzeln darstellen)? Das jährliche Angebot an preis- und belegungsgebundenem Mietwohnraum wird durch die Erfassung der Erst- und Wiederbelegungen statistisch ermittelt. Für den Kreis Steinfurt liegen die Daten nicht flächendeckend gemeindescharf vor. Nur für die Städte Emsdetten, Greven, Ibbenbüren, Rheine und Steinfurt liegen stadtbezogene Daten vor. Danach hat sich das Angebot im Kreis Steinfurt von 2008 bis 2017 wie folgt entwickelt: Zuständige Stelle 2008 2009 2010 2011 2012 Kreis Steinfurt, gesamt 1855 1595 1594 1450 1321 Emsdetten 112 80 113 77 87 Greven 181 95 97 88 72 Ibbenbüren 471 478 504 488 433 Rheine 352 328 240 316 223 Steinfurt 174 121 107 109 93 sonstige Gemeinden im Kreis Steinfurt * 565 493 533 372 413 jährliches Angebot an verfügbaren preis- und belegungsgebundenen Mietwohnungen (Erst- und Wiederbelegungen im Bestand) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4012 3 *Gemeinde Altenberge, Stadt Hörstel, Gemeinde Hopsten, Stadt Horstmar, Gemeinde Ladbergen, Gemeinde Laer, Stadt Lengerich, Gemeinde Lienen, Gemeinde Lotte, Gemeinde Metelen, Gemeinde Mettingen, Gemeinde Neuenkirchen, Gemeinde Nordwalde, Stadt Ochtrup, Gemeinde Recke, Gemeinde Saerbeck, Stadt Tecklenburg, Gemeinde Westerkappeln, Gemeinde Wettringen Die jährliche Nachfrage nach preis- und belegungsgebundenem Mietwohnraum wird durch die Erfassung der an Haushalte ausgegebenen Wohnberechtigungsscheine ermittelt. Diese liegen gemeindescharf vor. Danach hat sich die Nachfrage im Kreis Steinfurt von 2008 bis 2017 wie folgt entwickelt: Zuständige Stelle 2013 2014 2015 2016 2017 Kreis Steinfurt, gesamt 1359 1415 1288 1257 1438 Emsdetten 95 50 71 73 128 Greven 69 45 59 86 82 Ibbenbüren 386 464 360 351 400 Rheine 241 224 243 214 275 Steinfurt 120 119 128 72 114 sonstige Gemeinden im Kreis Steinfurt * 448 513 427 461 439 jährliches Angebot an verfügbaren preis- und belegungsgebundenen Mietwohnungen (Erst- und Wiederbelegungen im Bestand) Zuständige Stelle 2008 2009 2010 2011 2012 Kreis Steinfurt, gesamt 1839 1423 1526 1440 1297 Altenberge 18 12 18 13 19 Emsdetten 130 101 146 135 160 Greven 171 160 161 144 99 Hopsten 20 19 14 9 15 Hörstel 18 16 53 18 21 Horstmar 30 15 11 11 10 Ibbenbüren 421 319 326 300 268 Ladbergen 12 6 10 12 13 Laer 31 25 18 24 18 Lengerich 129 108 94 98 95 Lienen 15 14 17 14 16 Lotte 14 14 9 14 17 Metelen 35 36 21 22 18 Mettingen 31 27 28 25 18 Neuenkirchen 21 16 27 14 24 Nordwalde 23 15 19 23 16 Ochtrup 73 92 88 74 82 Recke 20 12 24 21 15 Rheine 404 183 239 326 197 Saerbeck 10 10 21 12 12 Steinfurt 148 167 121 94 116 Tecklenburg 6 13 20 11 11 Westerkappeln 42 34 26 16 19 Wettringen 17 9 15 10 18 jährliches Nachfrage nach preis- und belegungsgebundenen Mietwohnungen (Anzahl der Haushalte, die einen Wohnberechtigungsschein beantragt und erhalten haben) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4012 4 Da weder die Wohnungsnachfrage noch das frei finanzierte Wohnungsangebot flächendeckend staatlich überwacht wird, kann die Landesregierung für dieses Wohnungsmarktsegment keine konkreten Daten ermitteln. 4. Welche Planungsdaten liegen der Verwaltung für sozialen Wohnungsbau im Kreis Steinfurt für niedrigpreisigen Wohnraumbedarf als Grundlage für ihre Arbeit für die kommenden Jahre zugrunde? (Bitte Daten für die Städte und Gemeinden im Kreis Steinfurt einzeln darstellen) Die Wohnraumförderung des Landes Nordrhein-Westfalen wird auf der Grundlage von Bedarfs- und Kostenkategorien gesteuert. Dazu wird in der Regel im dreijährigem Rhythmus das sog. Gebietskulissengutachten beauftragt, welches die Wohnungsmärkte in Nordrhein- Westfalen klassifiziert, in dem alle Gemeinden in vier unterschiedliche Stufen (hoch, überdurchschnittlich, unterdurchschnittlich und niedrig) eingeteilt werden. Die Landesregierung schafft mit diesen gutachterlichen Untersuchungen auf der Basis landesweit flächendeckend verfügbarer Daten auf Gemeindeebene die empirische, aktuelle und belastbare Grundlage für die Aufstellung von Gebietskulissen in der sozialen Wohnraumförderung. Zuständige Stelle 2013 2014 2015 2016 2017 Kreis Steinfurt, gesamt 1332 1395 1449 1572 1652 Altenberge 41 17 22 20 20 Emsdetten 115 89 97 129 218 Greven 118 94 119 138 122 Hopsten 7 14 15 16 8 Hörstel 18 24 27 52 54 Horstmar 9 16 14 16 14 Ibbenbüren 258 280 249 252 212 Ladbergen 8 15 18 6 15 Laer 23 34 16 19 16 Lengerich 115 108 89 77 84 Lienen 5 11 11 14 14 Lotte 11 20 20 15 24 Metelen 17 18 20 35 33 Mettingen 18 37 28 42 26 Neuenkirchen 15 30 25 21 27 Nordwalde 27 21 35 19 20 Ochtrup 71 67 65 64 88 Recke 16 16 27 39 28 Rheine 277 291 373 406 458 Saerbeck 7 12 10 10 9 Steinfurt 116 111 129 128 113 Tecklenburg 4 25 19 20 11 Westerkappeln 24 22 12 18 20 Wettringen 12 23 9 16 18 jährliches Nachfrage nach preis- und belegungsgebundenen Mietwohnungen (Anzahl der Haushalte, die einen Wohnberechtigungsschein beantragt und erhalten haben) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4012 5 Das letzte Gutachten der Firma F+B, Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH aus Hamburg datiert vom März 2018. Die Kostenstufen für die Gebietskulissen der Mietwohnraum- und Eigentumsförderung bilden dabei die Grundlage für die lokalen Investitionsbedingungen im geförderten Wohnungsbau. Je höher das lokale Kostenniveau, desto höher die Darlehenssummen, Tilgungsnachlässe und Bewilligungsmieten. Nur so können Investoren für den geförderten Wohnungsbau gewonnen werden. Die Bedarfsstufen für Mietwohnraum- und Eigentumsförderung dienen wiederum dazu, bei regionaler Betrachtung die zur Verfügung stehenden Förderbudgets für die für den sozialen Wohnungsbau zuständigen Bewilligungsbehörden festzulegen – je höher der regionale Bedarf, desto höher das zur Verfügung gestellte Budget. Die Situation der Kommunen im Kreis Steinfurt stellt sich auf Basis des Gutachtens von 2018 wie folgt dar: Kommune Miete – Gebietskulisse - Kosten Eigentum – Gebietskulisse - Kosten Miete – Gebietskulisse Bedarf Eigentum – Gebietskulisse Bedarf Altenberge überdurchschnittlich überdurchschnittlich hoch hoch Emsdetten überdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Greven überdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Hopsten unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Hörstel unterdurchschnittlich niedrig unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Horstmar unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Ibbenbüren unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Ladbergen unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Laer unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Lengerich unterdurchschnittlich überdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Lienen unterdurchschnittlich überdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Lotte überdurchschnittlich überdurchschnittlich hoch hoch Metelen unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4012 6 Mettingen überdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Neuenkirchen unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Nordwalde überdurchschnittlich unterdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Ochtrup überdurchschnittlich unterdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Recke überdurchschnittlich niedrig unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Rheine überdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Saerbeck unterdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Steinfurt überdurchschnittlich unterdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Tecklenburg unterdurchschnittlich überdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Westerkappeln überdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich Wettringen unterdurchschnittlich unterdurchschnittlich überdurchschnittlich überdurchschnittlich Die gutachterliche Untersuchung soll spätestens im Jahr 2020 aktualisiert werden. Die kommunalen Stellen, die die Bedarfsermittlung für die jeweiligen konkreten Investitionsvorhaben zuständig sind, agieren auf der Basis ihrer Kenntnisse über die kommunalen und regionalen Wohnungsmärkte vor Ort. Dabei können sie auch auf die Ergebnisse der landesweiten Wohnungsmarktbeobachtung, beispielsweise auf den jährlichen Wohnungsmarktbericht der NRW.BANK, zurückgreifen. 5. Wie hoch war die Investitionsquote je Quadratmeter bei den LEG-Wohnungen im Kreis Steinfurt in den letzten 10 Jahren? Nach den Bestimmungen der Sozialcharta hat die LEG jährlich einen Betrag von 12,50 € pro qm in die Bestandswohnungen zu investieren. Die jährliche Berichterstattung über die Einhaltung dieser Verpflichtung erfolgt daher bezogen auf den Gesamtbestand der geschützten Wohnungen. Die LEG ist nicht verpflichtet, stadt- oder siedlungsbezogene Angaben zu liefern, sodass die nachgefragten Angaben nicht vorliegen. Die vorgelegten Berichte des Wirtschaftsprüfers zeigen aber, dass die LEG die o.g. Investitionsquote bislang nicht nur eingehalten, sondern übererfüllt hat.