LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4050 24.10.2018 Datum des Originals: 24.10.2018/Ausgegeben: 29.10.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1545 vom 14. September 2018 des Abgeordneten Andreas Bialas SPD Drucksache 17/3782 Kann das PP Wuppertal jetzt noch objektive Ermittlungen gewährleisten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 16.06.2018 wurde am Rande einer Demonstration der Partei „Die Rechte“ in Wuppertal der Leiter des Jobcenter Wuppertal, Herr L., in Gewahrsam genommen. Ihm wurden in diesem Zusammenhang Widerstand und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. Die Ingewahrsamnahme erzeugte ein bundesweit starkes mediales Aufsehen sowie vehemente Reaktionen auch auf Seiten der Polizei, nicht zuletzt auch aufgrund eines Videos, welches Teile der polizeilichen Maßnahme zeigte. Es liegen mittlerweile zahlreiche Beweise vor, dass es im vorliegenden Fall zu keinerlei tätlichem Angriff kam, hier wiederum maßgeblich ein Video, welches die Gesamtsituation zeigt und sowohl Staatsanwaltschaft als auch Presse vorliegt. Am 18.06.2018 gab der derzeitige Polizeipräsident Wuppertal Herr R. dem WDR ein öffentlich ausgestrahltes Interview, in welchem er über die Handlungsweisen des Leiters des Jobcenter Wuppertal falsche Aussagen machte. Inhaltlich behauptete er unter anderem, dass Herr L. Teil einer Sitzblockade gewesen sei. Am 19.06.2018 gab Herr R. einen Mitarbeiterbrief via Intranet des PP Wuppertal (zugänglich für ca. 1700 Beamtinnen und Beamte) heraus, in welchem er mit keinem Wort auch mögliche Verstöße der eingesetzten Polizeikräfte ansprach sondern vielmehr schrieb: „In der Demokratie ist die Versammlungsfreiheit eines der höchsten Rechtsgüter. Es ist daher gut, richtig und wichtig, dass Sie am Samstag dafür konsequent mit Recht und Gesetz eingestanden sind!“ Des Weiteren schrieb er: „Das darüber hinaus veröffentlichte Video einer Ingewahrsamnahme trägt sicherlich nicht zu einer sachlichen Diskussion der Gesamtthematik bei, sondern schürt Emotionen und führt zu einer Eskalation und verbalen Entgleisungen.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4050 2 Ebenfalls im Intranet der Behörde Wuppertal war eine Mitteilung des Personalrates des PP Wuppertal eingestellt. Auszüge hiervon: „Festgestellt haben wir ein durchgängig einwandfreies Verhalten aller eingesetzten Kräfte während der gesamten Einsatzdauer“, „Der verantwortliche Polizeiführer sowie die ihm nachgeordneten Einsatzabschnittsleiter legten trotz dieser Vorwürfe die nötige Zurückhaltung an den Tag, reagierten immer ruhig und angemessen.“, „entwickelte sich nach meiner/unserer Wahrnehmung schlussendlich eine Form der „Kritik- Hysterie“.“ Vor allem aber: “Die Veröffentlichung einer Videosequenz, die die eingesetzten Beamtinnen und Beamten während einer rechtmäßig angeordneten Ingewahrsamnahme zeigt, stellt dabei in meinen Augen den Höhepunkt dieser Art der Berichterstattung auf Kosten der eingesetzten Kolleginnen und Kollegen dar.“ Ebenfalls über das Intranet ist folgender Text in mehreren Newslettern der GdP Kreisgruppe Bergisch Land erreichbar, unterschrieben von einem Mitarbeiter der Behörde in leitender Funktion, Herrn W.: „Am Rande der Veranstaltung mussten Platzverweise gegen einige Teilnehmer ausgesprochen werden, denen leider nicht alle Angesprochenen nachkamen. Bei der Durchsetzung der dann folgenden Maßnahme kam es zu Widerstandshandlungen gegen die eingesetzten Polizeibeamten/innen. Der Platzverweis wurde dann mittels einfacher körperlicher Gewalt durchgesetzt.“ Gleicher leitender Mitarbeiter des PP Wuppertal schrieb dann einen offenen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal Herrn Mucke (ebenfalls im Intranet für die Beschäftigten des PP Wuppertal zugänglich) mit u.a. folgendem Text: „Wir als Berufsvertreter der Polizeibeschäftigten finden es äußerst befremdlich, dass es am Rande der Veranstaltung gerade durch eine hochgestellte Führungskraft Ihrer Verwaltung zu Widerstandshandlungen gekommen sein soll. Juristisch betrachtet bleibt die abschließende Bewertung der Staatsanwaltschaft und möglicherweise des Amtsgericht Wuppertal abzuwarten. Jedoch haben wir schon heute keinen Zweifel, dass unsere Kollegen im Rahmen der geltenden Rechtsnormen tätig geworden sind.“, „Umso verwerflicher ist das Verhalten eines Ihrer höchsten Mitarbeiter zu sehen. Hätte sich Herr L. in einer vergleichbaren Situation auch gegenüber seinen eigenen Kollegen von Feuerwehr und Rettungsdienste so verhalten, wie er es gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen getan hat?“, „ In dieser Vorbildfunktion hätte sich Herr L. zurückhalten müssen.“, „Sie, Herr M., sind nicht nur einzelnen Mitarbeitern Ihres Hauses gegenüber zur Loyalität verpflichtet!“. Selbst im Bericht des Ministeriums des Inneren des Landes NRW vom 29.06.2018, welches dem Innenausschuss vorgelegt wurde und wohl maßgeblich anhand der Angaben des PP Wuppertal erstellt wurde, heißt es: „Gleichzeitig wurde als mögliche Versammlungsfläche der nördliche Gehweg zugewiesen. Dieser Aufforderung kamen lediglich zwei Personen, darunter auch der unten aufgeführte Beschuldigte L., der im dortigen Bereich stand, nicht nach. Insgesamt mussten die beiden Personen nach Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zur Verhinderung weiterer Straftaten in Gewahrsam genommen werden.“, „Dabei habe sich dieser dadurch zur Wehr gesetzt, dass er lautstark schrie und mit hektischen Handbewegungen auf den Bereitschaftspolizeibeamten wiederum zugegangen sei. Daraufhin sei er gezielt zu Boden gebracht worden. Gegen die Fixierung am Boden habe er sich aktiv gesperrt.“ Mittlerweile ist seitens Herrn L. sowohl eine Strafanzeige als auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gestellt worden. Das Video, welches nun wohl auch der Staatsanwaltschaft vorliegt, zeigt, dass sich Herr L. bereits jenseits der Fahrstreifen der B7 befindet, der die Maßnahme durchführende Polizist gerade einmal 14 Sekunden mit Herrn L. in Kommunikation tritt, Herr L. die Arme gerade und lang am Körper hängen hat und sich von dem Polizisten wegbewegt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4050 3 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1545 mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wir die Ermittlung gegen Herrn L. durch die Polizeibehörde Wuppertal geführt? Nein. 2. Wenn ja, wie will die Behörde Wuppertal eine objektive und neutrale Ermittlung gegen Herrn L. durchführen, wenn sich bereits Leitungskräfte eindeutig positioniert haben bzw. diese Meinungen mittels interner Kommunikation verbreitet haben? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wenn ja, wie will die Behörde Wuppertal eine objektive und neutrale Ermittlung gegen Herrn L sicherstellen, wenn selbst Teile der Darstellungen des Sachverhaltes in einem Bericht an das Innenministerium offensichtlich falsch sind? Siehe Antwort zu Frage 1. 4. Ist es im PP Wuppertal mittlerweile üblich, dass ein leitender Mitarbeiter des Polizeipräsidiums, hier Herr W., einen offenen Brief an den Oberbürgermeister der Kommune schreibt, in welchem die Vorverurteilung eines leitenden städtischen Mitarbeiters vorgenommen wird? Nein. Der „offene Brief" wurde durch den Vorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Kreisgruppe Bergisches Land, verfasst und veröffentlicht. Das Schreiben ist als rein gewerkschaftliche Tätigkeit zu bewerten und steht nicht im Zusammenhang mit der dienstlichen Funktion des Verfassers. 5. Wurde dieser Brief mit Wissen und/oder Willen des Polizeipräsidenten Wuppertal verfasst und verschickt? Nein.