LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4057 30.10.2018 Datum des Originals: 29.10.2018/Ausgegeben: 02.11.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1569 vom 10. Oktober 2018 des Abgeordneten Alexander Langguth FRAKTIONSLOS Drucksache 17/3880 Mit „Lesen durch Schreiben“ ist das nächste rot-grüne Projekt gescheitert – Hilft die Landesregierung unseren Grundschülern kurzfristig? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Weit verbreitet an deutschen, inklusive nordrhein-westfälischen Grundschulen ist die Methode „Lesen durch Schreiben“. Nach anhaltender Kritik aus Fachkreisen hieran1 bereits in den vergangenen Jahren fordert nun auch der Lehrerverband ein Verbot. In diesem Kontext sagte der Lehrerverbandspräsident Heinz-Peter Meidinger gegenüber den Zeitungen der Essener Funke-Mediengruppe: „Es geht jetzt darum, möglichst schnell weiteren Schaden von unseren Grundschulkindern abzuwenden.“ Meidinger weiter: „Auch müsse in diesem Bereich eine umfassende Überprüfung aller Lehrpläne, Lernmittel und der darauf bezogenen Lehrerfortbildung stattfinden.“ Baden-Württemberg und Hamburg haben die Methode bereits verboten. Auch NRW muss aus den Ergebnissen der Studie der Universität Bonn, die klar belegt, dass die reformpädagogische Schreiblernmethode „Lesen durch Schreiben“ zu sehr viel schlechteren Rechtschreibleistungen als der traditionelle Fibel-Unterricht führt, Konsequenzen ziehen. Unter dem Titel „Katastrophale Defizite in der Rechtschreibung – „Lesen durch Schreiben“ und daraus abgeleitete Methoden aussetzen und umfassend überprüfen“ hatte die FDP-Fraktion in der letzten Legislaturperiode bereits einen Antrag gestellt und eine Anhörung initiiert. Der sinnvolle Antrag wurde durch die rot-grüne Mehrheit im Landtag leider abgelehnt. Da Ministerin Yvonne Gebauer, die diesen FDP-Antrag seinerzeit mittrug, heute in Verantwortung ist für das Landesministerium für Schule und Bildung, stellt sich in besonderer Weise die Frage, welche Schritte die Ministerin und das ihr unterstellte Ministerium bisher getan haben, um die höchst ineffektive Schreiblernmethode in Nordrhein-Westfalen wieder abzuschaffen. In der Antwort (Drucksache 17/1633) auf meine Kleine Anfrage 614 (Drucksache 17/1475: „Schockierende Ergebnisse der „IGLU“-Studie“) hatte die Schulministerin geschrieben: „Zur Verbesserung der Rechtschreibung sind verschiedene Maßnahmen geplant. Dazu gehören LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4057 2 unter anderem das Einsetzen einer Expertengruppe zur Erstellung einer Handreichung für den Rechtschreibunterricht an Grundschulen und die Einführung eines verbindlichen Grundwortschatzes als Erweiterung der Handreichung.“ Weiterhin führte die Antwort (DS 17/1633) auf meine Kleine Anfrage aus: „Bis zum Schuljahr 2019/2020 wird die „Qualitätsagentur-Landesinstitut für Schule“ die Einberufung einer Lehrplankommission fachlich vorbereiten. Diese soll den Lehrplan Deutsch überarbeiten. Dabei wird der Grundwortschatz eingearbeitet und der Rechtschreibung ein größerer Stellenwert eingeräumt.“ Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1569 mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Für wie sinnvoll erachtet die Landesregierung die Schreiblernmethode „Lesen durch Schreiben“? 2. Beabsichtigt die Landesregierung diese Methode (langfristig) flächendeckend in NRW zu verbieten und so Einheitlichkeit in den Lernmethoden herzustellen? 3. Beabsichtigt die Landesregierung in Anbetracht der nun vorliegenden Evaluierung in Form der Forschungsergebnisse vorläufige (zusätzliche) Programme, um den Schülern zu helfen, ihre mangelnden Rechtschreibkenntnisse aus der „Lesen durch Schreiben“- Methode ausgleichen zu können und somit zumindest inhaltlich den seinerzeitigen FDP-Antrag umzusetzen? 4. Wie hat sich die von Ministerin Gebauer im Dezember/ Januar angekündigte Expertengruppe entwickelt? (Bitte gehen Sie auf Zusammensetzung, bisherige Treffen, Absichtserklärungen und bisherige Arbeitsergebnisse ein) 5. Bezugnehmend zu der Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/1633): Hält die Landesregierung es immer noch für sinnvoll, trotz vorliegender Studienergebnisse, die zeigen, dass „Lesen durch Schreiben“ eine gescheiterte Methode ist, erst noch eine Expertengruppe einzusetzen, die den weiteren Weg in der Rechtschreibung aufzeigen muss, statt gleich vollständig zum Fibel-Unterricht zurückzukehren? Die Fragen 1 bis 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammenhängend beantwortet: Der Landesregierung ist es ein besonderes Anliegen, die Kernkompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen in der Grundschule zu stärken. Im Fach Deutsch wurden zur Stärkung der Fachlichkeit bereits umfassende Maßnahmen auf den Weg gebracht. In der angekündigten Expertenkommission sitzen Vertreterinnen und Vertreter der Fachbereiche „Deutsch-Didaktik Primarstufe“ und „Sprachpädagogik“ der Universitäten Hamburg und Hannover sowie Vertreterinnen und Vertreter aus der Schulpraxis aus NRW. Diese erarbeiten eine Handreichung für den Rechtschreibunterricht an Grundschulen, die zu Beginn des Jahres 2019 veröffentlicht und allen Grundschulen zur Verfügung gestellt wird. In diesem Zuge wird ebenfalls als verbindliche Zielmarke für die Vermittlung der Rechtschreibung ein verbindlicher Grundwortschatz eingeführt werden, anhand dessen die Regeln der Rechtschreibung erlernt werden sollen. Mit der Handreichung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4057 3 soll erneut verdeutlicht werden, dass ein Methoden-Mix für den Lese- und Rechtschreibprozess sinnvoll ist und die Methode „Lesen durch Schreiben“ auf die Anfangsprozesse des Lesen- und Schreibenlernens begrenzt werden soll. Einen darüber hinaus gehenden Einsatz sieht die Landesregierung kritisch. Mit der Strategie, Rechtschreibregeln anzuwenden sollte möglichst früh begonnen werden. Nach der geltenden „Allgemeinen Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen“ (ADO) entscheiden die Lehrkräfte in den Schulen in Nordrhein-Westfalen in eigener pädagogischer und fachlicher Verantwortung, wie die Kompetenzen des Lehrplans erreicht werden sollen. Dazu bringen die Lehrkräfte ihre Expertisen in die schulinternen Fachkonferenzen ein. Unter Berücksichtigung eigener Erfahrungen und schulspezifischer Besonderheiten trifft die Schule ihre Entscheidung, auf welchem Weg die Kompetenzen des Lehrplans erworben werden sollen. Dies gilt auch für Entscheidungen der Schulen zu eingesetzten Materialien und Methoden im Deutschunterricht. Vorgaben zum Einsatz verschiedener Methoden oder Materialien gibt es deshalb im Lehrplan nicht. Das Angebot an Materialien und Ansätzen für den Schriftspracherwerb in der Grundschule ist sehr vielfältig und in den fachlichen Ausrichtungen nicht immer trennscharf voneinander abzugrenzen. Beispielsweise arbeiten heute auch viele „Fibellehrgänge“ mit Anlauttabellen, die aus dem „Lesen durch Schreiben“-Ansatz bekannt sind. Diese Vielfalt ist notwendig, um im Unterricht angemessen auf die Heterogenität der Lerngruppen einzugehen und jedes Kind individuell zu fördern und zu fordern. Die meisten Grundschulen in NRW arbeiten deshalb mit einer Kombination aus verschiedenen methodischen Ansätzen. Vor diesem Hintergrund sind die angesprochenen Studienergebnisse der Universität Bonn im Ministerium für Schule und Bildung mit Interesse aufgenommen worden. Bisher war es jedoch leider noch nicht möglich, die Ergebnisse der Studie im Detail zu prüfen und nachzuvollziehen, da die Studie selbst noch nicht veröffentlicht ist und die Universität Bonn auch auf Anfrage keine Auskunft geben kann. Zudem wird das Landesinstitut QUA-LiS mit Beginn des nächsten Jahres den Lehrplan für das Fach Deutsch überarbeiten. In diesem Zusammenhang soll die Bedeutung der Rechtschreibung stärker als bisher betont werden.