LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4061 30.10.2018 Datum des Originals: 29.10.2018/Ausgegeben: 02.11.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1550 vom 2. Oktober 2018 der Abgeordneten Dietmar Bell und Josef Neumann SPD Drucksache 17/3817 Welchen Stellenwert misst die Landesregierung der Armutsbekämpfung bei? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Trotz guter Konjunktur leben rund drei Millionen Menschen in NRW an der Armutsgrenze oder darunter. Das ist fast jeder fünfte Einwohner in NRW. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom August 2018 erreicht die sogenannte Armutsgefährdungsquote damit einen neuen Höchststand in unserem Bundesland. Unter den gering Qualifizierten ist jeder Zweite betroffen, aber auch Alleinerziehende und Rentner weisen ein erhöhtes Armutsrisiko auf. Die Folgen von Armut bekommen besonders die Kommunen vor Ort zu spüren. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1550 mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet. 1. Was tut die Landesregierung, um aktiv auf eine nachhaltige Senkung der Armutsgefährdungsquote hinzuwirken? Die Vermeidung von Armut durch vorbeugende Maßnahmen sowie die Sicherung sozialer Teilhabe aller Menschen in diesem Lande sind zentrale Handlungsschwerpunkte der Landesregierung. Die vielfältigen Problemlagen in benachteiligten Quartieren erfordern Lösungsansätze auf verschiedenen Ebenen und ressortübergreifende Handlungsstrategien. Dazu wurden konkrete Maßnahmen entwickelt. Der Schlüssel gegen Armut ist ein integrierter Ansatz. Hilfsangebote und präventive Maßnahmen müssen für alle Betroffenen zugänglich sein. Hilfe muss genau da ansetzen, wo sie dringend gebraucht wird: Vor Ort, in den Städten und Gemeinden, in den Stadtteilen. Die Landesregierung hält es für richtig, insbesondere Kinder, Jugendliche und ihre Familien in benachteiligten Quartieren zu unterstützen und soziale LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4061 2 Sicherung so zu gestalten, dass Menschen in schwierigen Lebenssituationen nicht verarmen oder an den Rand gedrängt werden. Ziel der nordrhein-westfälischen Landesregierung ist es, die Bedürftigkeit von Menschen und deren Abhängigkeit von Sozialleistungen langfristig zu beseitigen. Dies gelingt, wenn Menschen in sichere, ausreichend bezahlte Arbeit gebracht werden. Im Rahmen der Landesarbeitspolitik setzt die Landesregierung an folgenden vier zentralen Punkten an, um auf eine nachhaltige Senkung der Armutsgefährdungsquote hinzuwirken: Besondere Unterstützung von Kindern aus Familien, die SGB II-Leistungen beziehen, Förderung des Übergangs von der Schule in den Beruf, Reduzierung der Langzeitarbeitslosigkeit und Unterstützung der Weiterbildung von geringqualifizierten Beschäftigten. 2. Welche Programme oder Angebote werden hierzu aktuell vorgehalten? Die Landesregierung setzt sich auf Bundes- und Landesebene für eine entsprechende Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ein. Es werden insbesondere die folgenden Programme und Angebote vorgehalten: Unterstützung der kommunalen Träger bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes in Nordrhein-Westfalen (z.B. Arbeitshilfe, Info-Flyer), Weiterfinanzierung des Landesprogramms „Soziale Arbeit an Schulen im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets“ zur Unterstützung von finanziell benachteiligten Kindern und Jugendlichen, Ausbildungsprogramm, Werkstattjahr, Kein Abschluss ohne Anschluss (KAoA) Übergang Schule - Beruf in Nordrhein-Westfalen, Basissprachkurse, Öffentlich geförderte Beschäftigung Nordrhein-Westfalen, Modellprojekte zur Integration Langzeitarbeitsloser (bis 31.12.2019), Erwerbslosenberatungsstellen und Einzelprojekte im Kontext „Armut“. Darüber hinaus hat sich die Landesregierung Nordrhein-Westfalen maßgeblich dafür eingesetzt, dass der Eingliederungstitel im SGB II in Verbindung mit dem Teilhabechancengesetz bis 2022 jährlich um rund 900 Mio. Euro aufgestockt wird. Davon entfallen rund 253 Mio. Euro pro Jahr auf die Jobcenter in Nordrhein-Westfalen. Zusätzlich werden erstmals die Voraussetzungen für einen Passiv-Aktiv-Transfer geschaffen. Auf dieser Basis können die Jobcenter in Nordrhein-Westfalen ihre Aktivitäten zur Integration langzeitarbeitsloser Menschen fortsetzen bzw. ausbauen. Gleichzeitig initiiert und unterstützt die Landesregierung eigene Programme zur Armutsbekämpfung: Unterstützung zur Mittagsverpflegung von Kindern (Härtefallfonds), Weiterentwicklung der Hilfen in Wohnungsnotfällen, Förderprogramm „Zusammen im Quartier - Kinder stärken - Zukunft sichern“ gegen Kinderarmut, welches im Juni 2018 gestartet ist, erste Projekte konnten bereits mit der Umsetzung beginnen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4061 3 3. Warum wurde das Handlungsprogramm „Gegen Armut und soziale Ausgrenzung“ eingestellt? Das Handlungskonzept der vorherigen Landesregierung war zunächst bis Ende 2017 befristet. Nach der Neubildung der Landesregierung standen die in der vergangenen Legislaturperiode angestoßenen Programme und Initiativen auf dem Prüfstand. Die Landesregierung hält es für richtig, Kinder, Jugendliche und ihre Familien in benachteiligten Quartieren zu unterstützen und so Armut vor Ort zu begegnen. Deshalb hat die Landesregierung eine stärkere Fokussierung auf die Bekämpfung von Kinderarmut gelegt. Mit dem Programmaufruf „Zusammen im Quartier - Kinder stärken - Zukunft sichern“ werden jährlich bis zu acht Millionen Euro - statt wie bisher vier Millionen Euro - bis Ende 2020 zur Verfügung gestellt. 4. Ist es richtig, dass mit der NRW.ProjektSoziales GmbH eine Landesgesellschaft liquidiert werden soll, bei der u. a. die Fachstelle für sozialraumorientierte Armutsbekämpfung in NRW angesiedelt ist, die rund 100 Kommunen im Land in Fragen der Armutsbekämpfung berät? 5. Wie gedenkt die Landesregierung sicherzustellen, dass dieses stark nachgefragte Beratungsangebot zur Armutsbekämpfung für die Kommunen auch in Zukunft mit den notwendigen Ressourcen seine erfolgreiche Arbeit fortsetzen kann? Die Fragen 4 und 5 werden wegen ihres Sinnzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Landesregierung hält die aktuell von der NRW.ProjektSoziales GmbH wahrgenommenen Aufgaben für bedeutsam. Sie prüft derzeit allerdings, wie und von wem diese Aufgaben in Zukunft wahrgenommen werden sollen. Die Prüfung umfasst auch eine etwaige Auflösung der Gesellschaft. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.