LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4089 02.11.2018 Datum des Originals: 31.10.2018/Ausgegeben: 06.11.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1551 vom 2. Oktober 2018 der Abgeordneten Sarah Philipp und Sven Wolf SPD Drucksache 17/3818 Pendlerinnen und Pendler werden ohne Information stehengelassen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Es häufen sich nach den Sommerferien wieder einmal die Beschwerden der Pendlerinnen und Pendler über den Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen. Insbesondere im Verlauf der Linie S 1 kommt es wiederholt zu Problemen, zum Einsatz von Kurzzügen, zu Zugausfällen und Zugverspätungen. Die Pendlerinnen und Pendler in NRW erwarten, dass endlich etwas passiert! Pendlerinnen und Pendler werden an den Bahnsteigen zurückgelassen und erhalten entweder überhaupt keine Informationen oder wiederholte Verspätungsankündigungen – aber kein Zug kommt. Warum wird nicht rechtzeitig für die Bereitstellung eines Ersatzverkehrs Sorge getragen? Beim Einsatz von Kurzzügen sind Fahrgäste genötigt, über den halben Bahnsteig zu hetzen, weil keine Ankündigung im Display über den unüblichen Einsatz eines Kurzzuges stattfindet. Dies ist insbesondere bewegungseingeschränkten Fahrgästen nicht zumutbar. Auch wenn bekannt ist, dass die Grundlage für den Personennahverkehr in unserem Land die Vereinbarungen zwischen den Verkehrsverbünden und den Verkehrsunternehmen sind, ist es wichtig, dass sich die Landesregierung dieses Problems annimmt. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 1551 mit Schreiben vom 31. Oktober 2018 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Wie die Fragesteller zutreffend bemerken, fällt die Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Nordrhein-Westfalen in die Zuständigkeit der Verkehrsverbünde. Gleichwohl steht die Landesregierung in regelmäßigem Austausch mit den Verbünden, um auf eine Qualitätsverbesserung hinzuwirken. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4089 2 1. Warum kommt es gehäuft zum Einsatz von Kurzzügen, die objektiv das Pendlervolumen nicht fassen können? Wie der zuständige SPNV-Aufgabenträger, der VRR, der Landesregierung mitgeteilt hat, betreffen die aktuellen Probleme rund um die Kurz-züge insbesondere die Linien S1 und S6 seit Juni diesen Jahres. Vorher waren die beiden Linien in Bezug auf die Zugbildung – wie auch alle anderen Linien, die mit Fahrzeugen der Baureihe ET 422 bedient werden – nach Angaben des VRR weitgehend unauffällig. Laut VRR fehlen der DB zwei S-Bahn-Fahrzeuge, die aufgrund von Brandereignissen nicht zur Verfügung stünden. Hinzu kämen Fahrzeuge, die zurzeit einem umfangreichen Redesign- Programm unterzogen werden und daher nicht verfügbar seien. Zusätzlich befinden sich nach Angabe des VRR Fahrzeuge in planmäßiger und außerplanmäßiger Instandhaltung. Aufgrund eines Staus in den Werkstätten habe die vorhandene Fahrzeugreserve nicht mehr ausgereicht, um den planmäßigen Fahrzeugeinsatz zu gewährleisten. Der VRR trägt vor, hierzu mit der DB verschiedene Gespräche geführt zu haben. Seit einigen Wochen habe sich die Lage wieder gebessert, sei aber noch von einem zufriedenstellenden Zustand entfernt. Daher sehe der VRR weiteren Verbesserungsbedarf. Durch Umschichtungen (z.B. Einsatz von Ersatzfahrzeugen auf der S4 und dadurch Freisetzung von Fahrzeugen für S1 und S6) könnten demnach weitere Ressourcen erschlossen werden. Die DB sei auf diesen Vorschlag bislang nicht eingegangen. Wegen des Personalmangels bei der DB Regio AG fielen in den Ferien zudem weitere Verstärkerzüge der S-Bahn in der Hauptverkehrszeit aus, was das Problem in den zu kurzen Regelzügen verstärken würde. Unter anderem sei dieses Problem bei einem Runden Tisch zum Personalmangel im SPNV Nordrhein-Westfalen aufgegriffen worden (siehe auch Antwort zu Frage 5). 2. Warum gibt es keine zeitnahe Information der Pendlerinnen und Pendler an den Bahnsteigen über Ursachen von Verspätungen und absehbare Dauer eines Zugausfalls, so dass diese rechtzeitig im Notfall auch alternative Wege zur Arbeit wählen können? Die Landesregierung arbeitet zusammen mit den jeweils zuständigen Akteuren im Rahmen der ÖPNV-Digitalisierungsoffensive an verschiedenen, ineinandergreifenden Maßnahmen, deren Ziel es ist, die zeitnahe Information zu Störungen im relevanten Dreiecksverhältnis zwischen dem Kunden, den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) verlustfrei, schnell und zuverlässig zu gestalten. 3. Denkt die Landesregierung, dass die Pendlerinnen und Pendler ihre Information über ihre Mobiltelefone, soziale Netzwerke und Pressemeldungen einholen sollen, wenn vom Verkehrsunternehmen keine Information zuverlässig und zeitnah bereitgestellt wird? Jegliche Kommunikation von Störungen setzt grundsätzlich die Bereitstellung von Informationen durch die EVU oder das EIU voraus. Ziel muss es sein, Fahrgäste über möglichst viele geeignete Kanäle – dazu gehören auch Mobilitäts-Apps, soziale Netzwerke und Pressemitteilungen – mit aktuellen und konsistenten Informationen über Störungen zu versorgen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4089 3 4. Wie gedenkt die Landesregierung die Verkehrsanbindung der Pendlerinnen und Pendler an die zentralen Bahnhöfe von kleineren Haltestellen sicherzustellen, an denen S-Bahnen des Öfteren einfach auf Schnellverkehrsgleisen vorbeigeführt werden? Bei deutlicher Verspätung fahren S-Bahnzüge über die Ferngleise, um wieder in den Fahrplan zu kommen, was dazu führt, dass kleinere Haltestellen nicht angefahren werden und sich die Wartezeiten an diesen Zwischenstationen für die Fahrgäste verlängern. Diese dispositiven Entscheidungen sollten nach Ansicht der Landesregierung allerdings nur der Ausnahmefall sein. Die Landesregierung beobachtet derzeit mit Sorge, dass dieser Ausnahmefall immer regelmäßiger eintritt. Dies legt den Schluss nahe, dass die Ursache in strukturellen Problemen zu suchen ist. Die Landesregierung erwartet von Aufgabenträgern und Unternehmen, dass diese Probleme prioritär angegangen und behoben werden. Im Rahmen der mit den Beteiligten regelmäßig stattfindenden Gespräche zur Qualität des SPNV wird dies thematisiert. 5. Wie will die Landesregierung verhindern, dass frustrierte Pendlerinnen und Pendler der Bahn den Rücken kehren und sich doch wieder in den Autobahnstau stellen? Die Landesregierung arbeitet durch intensives Begleiten der verantwortlichen Akteure der SPNV-Branche daran, den SPNV attraktiver zu machen. Wesentlicher Faktor ist dabei die Verlässlichkeit des SPNV. Das Ministerium für Verkehr steht in engem Austausch mit Aufgabenträgern und Vertretern der Eisenbahnverkehrsunternehmen, um die Ursachen für mangelnde Pünktlichkeit und Zugausfälle zu identifizieren und auf eine Verbesserung hinzuwirken. Dies gilt auch für die Sauberkeit der Züge. Spiegel dieser Aktivitäten ist etwa der jährlich erscheinende Qualitätsbericht SPNV in Nordrhein Westfalen. Mit immer deutlicher werdender Ursache für Verspätungen und Zugausfälle durch Triebfahrzeugführermangel hat das Ministerium für Verkehr zudem aktuell einen Runden Tisch zum Personalmangel im SPNV Nordrhein-Westfalen ins Leben gerufen. Mit konkreten Handlungspaketen soll an der Wurzel angesetzt werden, zum Beispiel im Ausbildungsbereich. Darüber hinaus bündelt die Landesregierung mit über 30 Maßnahmen in der ÖPNV- Digitalisierungsoffensive ihr Bestreben, den Öffentlichen Straßenpersonennahverkehr (ÖSPV) und SPNV gleichermaßen für die Menschen in Nordrhein-Westfalen attraktiver zu machen. Hinsichtlich der angesprochenen Stausituation wird auf die aktuellen Trends, die sich z.B. auch in der Staubilanz des ADAC zum Sommerreiseverkehr 2018 abbilden, verwiesen. Demnach sind die Staustunden in den sieben Ferien-Wochenenden im Vergleich zum Vorjahr um rund 18 Prozent und damit deutlich zurückgegangen. Ebenfalls haben sich die Staus über 10 km Länge im Vergleich zum Vorjahr mehr als halbiert.