LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4199 13.11.2018 Datum des Originals: 12.11.2018/Ausgegeben: 16.11.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1581 vom 12. Oktober 2018 der Abgeordneten Alexander Langguth, Frank Neppe und Markus Pretzell FRAKTIONSLOS Drucksache 17/3900 Ausbildung und Duales Studium im Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein- Westfalen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Ergebnisse einer DIHK Online Befragung von Unternehmen über ihre Ausbildungserfahrungen aus April/ Mai 2018 zeigen, dass es für Unternehmen schwieriger werde, offene Ausbildungsplätze zu besetzen und mehr Unternehmen erst gar keine Bewerbungen erhalten.1 Neben einer Ausbildung oder einem Dualen Studiengang bei einem privat geführten Unternehmen stehen Schulabsolventen die privaten und staatlichen schulischen Ausbildungsgänge und (Fach-)Hochschulangebote sowie die Ausbildungs- und Dualen Studienangebote des Bundes, der Länder und der Kommunen zur Verfügung. Das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen tritt gemeinsam mit seinen nachgeordneten Geschäftsbereichen auf dem Ausbildungsmarkt als Ausbilder auf. Als Minister trägt Peter Biesenbach die Verantwortung für den Nachwuchs des Landesdienstes in den Ausbildungs- und Dualen Studiengängen. Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 1581 mit Schreiben vom 12. November 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage beziehen sich die Angaben und Daten zu „Ausbildungen“ und „Dualen Studiengängen“ auf solche, die vom Land Nordrhein-Westfalen als Dienstherr bzw. Arbeitgeber angeboten und durchgeführt werden. Diese Ausbildungs- und 1 https://www.dihk.de/ressourcen/downloads/ausbildungsumfrage- 2018.pdf/at_download/file?mdate=1531897730046 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4199 2 Dualen Studiengänge sind auf die Erstausbildung von Nachwuchskräften gerichtet; Weiterqualifizierungen von Verwaltungsbeschäftigten im Sinne eines Aufstiegs oder einer beruflichen Entwicklung innerhalb einer Laufbahngruppe sind hiervon nicht umfasst. Unter dem Oberbegriff „Ausbildung“ werden bei der Beantwortung die dualen Ausbildungen im Vorbereitungsdienst der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt (LG 1.2) sowie alle dualen Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz berücksichtigt. Zu letzteren zählen sowohl Berufe des Öffentlichen Dienstes (z.B. Verwaltungsfachangestellte) als auch Kammerberufe (z.B. IHK, Handwerk). Das Verhältnis zwischen Kammerberufen (60 – 70 %) und den Berufen des Öffentlichen Dienstes (30 – 40 %) schwankt dabei von Jahr zu Jahr in der aufgezeigten Bandbreite. Die zu Dualen Studiengängen zusammengestellten Daten erfassen die verwaltungsinternen Bachelor- und Diplom-Studiengänge, die im Rahmen eines Vorbereitungsdienstes für die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt (LG 2.1) angeboten werden. Die fachtheoretische Ausbildung innerhalb der Dualen Studiengänge der Landesverwaltung wird zentralisiert in Bildungseinrichtungen des Ministeriums des Innern (Fachhochschule für öffentliche Verwaltung – FHöV), des Ministeriums der Finanzen (Fachhochschule für Finanzen) und des Ministeriums der Justiz (Fachhochschule für Rechtspflege) vorgenommen. Mit den erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen dieser Dualen Studiengänge soll auch der Nachersatzbedarf der Verwaltungen aller Ressorts und der jeweils nachgeordneten Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen weitgehend gedeckt werden. Von den drei Bildungseinrichtungen dieser Ressorts ist die FHöV des Ministeriums des Innern besonders hervorzuheben. Denn mit mittlerweile insgesamt über 10.000 Studierenden handelt es sich um die größte Verwaltungshochschule in Europa. Die Studierenden des Direkteinstieges in den Polizeivollzugsdienst machen ca. 60 % der Absolventinnen und Absolventen der FHöV aus und schließen ihr Duales Studium dort mit einem Bachelor of Arts ab. Daneben wird an der FHöV – ebenfalls im Dualen Studium – der Bachelor of Laws durch die Absolventinnen und Absolventen der staatlichen Verwaltung, der Kommunen und der Rentenversicherung erworben. Die Einstellungsbehörden im Bereich der staatlichen Verwaltung sind die fünf Bezirksregierungen und das Landesamt für Besoldung und Versorgung, wo im Rahmen des Dualen Studiums die Praxisausbildung für die allgemeine innere Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen stattfindet. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, besteht eine Vielfalt von verschiedenen Ausbildungs- und Dualen Studiengängen in der Landesverwaltung, welche von den unterschiedlichen Bedarfen der Ressorts und ihrer Geschäftsbereiche geprägt sind. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die ressortbezogenen Bedarfe aufgrund von zahlreichen Umressortierungen und den hieraus entstandenen unterschiedlichen Zuschnitten der Ressorts verändert. Aus diesem Grund sind verlässliche und aussagekräftige Daten nicht in allen Bereichen im geforderten Umfang von 10-Jahres-Zeiträumen abbildbar oder sie können im Rahmen der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit nicht erhoben werden. Soweit abgefragte Daten in der Beantwortung nicht aufgeführt sind, beschränkt sich die Darstellung daher auf den Ist-Zustand. Bei der Beantwortung der einzelnen Fragen werden Ministerium und nachgeordneter Geschäftsbereich kumuliert dargestellt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4199 3 1. Wie hat sich die Bewerbungs- und Einstellungsphase im Ministerium der Justiz des Landes NRW und in den nachgeordneten Geschäftsbereichen in den vergangenen zehn Jahren im Hinblick auf die Anzahl der Ausbildungsplätze, der Bewerbungen und der unbesetzten Stellen entwickelt? Das Ministerium der Justiz bzw. sein nachgeordneter Geschäftsbereich bildet nach dem Berufsbildungsgesetz im Bereich der Gerichtsbarkeiten und Staatsanwaltschaften im Ausbildungsberuf der Justizfachangestellten aus. Im Justizvollzug werden mit dem Allgemeinen Vollzugsdienst, Werkdienst und dem Verwaltungsdienst der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt duale Ausbildungen im Vorbereitungsdienst der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt angeboten. Die nachfolgende Übersicht enthält die jeweilige Anzahl der Ausbildungsplätze, der Bewerbungen sowie der unbesetzten Ausbildungsstellen im Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen bzw. seines nachgeordneten Geschäftsbereichs in den vergangenen zehn Jahren: Anzahl der Ausbildungsplätze (Justizfachangestellte, Allgemeiner Vollzugsdienst, Werkdienst, Verwaltungsdienst der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt) Anzahl der Bewerbungen Anzahl der unbesetzten Ausbildungsstellen 2018 572 9.027 17 2017 570 10.559 9 2016 582 9.497 25 2015 580 9.241 31 2014 540 10.493 39 2013* 540 7.558 22 2012* 540 7.277 24 2011* 596 11.317 23 2010* 540 9.994 9 2009* 588 11.527 4 * Die Bewerberdaten wurden teilweise nicht erhoben bzw. liegen nicht mehr vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4199 4 Im Bereich des Ministeriums der Justiz werden an der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen im Vorbereitungsdienst der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt die Dualen Studiengänge „Rechtspflege“ mit dem Berufsziel Diplom-Rechtspflegerin/- Rechtspfleger (FH) und „Strafvollzug“ mit dem Berufsziel Diplom-Verwaltungswirtin/ -Verwaltungswirt (FH) angeboten. Die nachfolgende Übersicht enthält die jeweilige Anzahl der Dualen Studienplätze, der Bewerbungen sowie der unbesetzten Studienplätze im Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen bzw. seines nachgeordneten Geschäftsbereichs in den vergangenen zehn Jahren: Anzahl der Studienplätze dualer Studiengänge (Rechtspflegerin/Rechtspfleger und Diplom-Verwaltungswirtin/ -Verwaltungswirt) Anzahl der Bewerbungen Anzahl der unbesetzten Studienplätze 2018 165 3.085 7 2017 110 2.584 2 2016 117 3.327 5 2015 138 2.779 3 2014 109 2.747 1 2013 152 2.805 0 2012 187 2.795 10 2011 192 2.717 6 2010* 184 2.010 0 2009* 169 1.745 2 * Die Bewerberdaten wurden teilweise nicht erhoben bzw. liegen nicht mehr vor. 2. Aus welchen primären Gründen konnte das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen Bewerberinnen und Bewerbern keinen Ausbildungsplatz oder kein Duales Studium anbieten? Das Ministerium der Justiz bzw. sein nachgeordneter Geschäftsbereich bietet sowohl Ausbildungen als auch Duale Studiengänge an. Die Ausbildung erfolgt jeweils bedarfsgerecht und hat die Übernahme in den Justizdienst nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung bzw. erfolgreich abgeschlossenem Studium zum Ziel. Die Einstellung der Bewerberinnen und Bewerber erfolgt nach dem Prinzip der Bestenauslese unter Berücksichtigung der für das jeweilige Berufsbild geforderten Kompetenzen. Sofern in den Jahren 2009 bis 2018 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4199 5 Bewerberinnen und Bewerbern kein Ausbildungs- bzw. kein Dualer Studienplatz angeboten werden konnte, waren diese nach dem Ergebnis des Auswahlverfahrens nicht unter den am besten geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern. 3. In wie vielen Fällen wurden in den vergangenen zehn Jahren die Ausbildungsplätze im Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen und in den nachgeordneten Geschäftsbereichen von den Auszubildenden nicht angetreten bzw. wie viele Ausbildungsplätze hiervon konnten in einem Nachrückverfahren besetzt werden? Bitte jährliche Werte angeben. Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber, die ihre Ausbildungs- und Studienplätze nicht angetreten haben, bzw. die Zahl der Ausbildungs- und Studienplätze, die in einem Nachrückverfahren besetzt wurden, ist nicht dokumentiert. 4. Welche Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität einer Ausbildung/eines Dualen Studiums im Ministerium der Justiz und in den nachgeordneten Geschäftsbereichen wurden in den vergangenen zehn Jahren bereits ergriffen? Bitte die Maßnahmen nach Jahren geordnet angeben. Durch fortwährende Bestrebungen auf allen Ebenen der Landesregierung sind in den vergangenen zehn Jahren vielfältige Konzepte entwickelt worden, welche die Attraktivität einer Ausbildung bzw. eines Dualen Studiums und einer anschließenden Karriere im Öffentlichen Dienst des Landes gesteigert haben und in Zukunft noch weiter steigern sollen. Aufgrund der Vielzahl der ergriffenen Maßnahmen ist eine vollständige und differenzierte Darstellung im erbetenen Umfang in der zur Bearbeitung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Aus diesem Grund beschränkt sich die folgende Aufzählung auf die Benennung wesentlicher Maßnahmen der vergangenen zehn Jahre: Verbesserung der Studiengänge und der Kooperation mit den Fachhochschulen für den Öffentlichen Dienst, Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Work-Life-Balance, z.B. durch flexible Arbeitszeiten, Teilzeit und Telearbeit, Nutzung vorhandener und Schaffung neuer Verbeamtungsmöglichkeiten, Verbesserung beruflicher Rahmenbedingungen und Perspektiven im Zuge der Dienstrechtsmodernisierung, gesetzliche Verankerung von Konzepten zur Personalentwicklung und für das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM), Erweiterung und Systematisierung von Fortbildungsangeboten, Verbesserung bzw. Vereinfachung von Aufstiegs- und Rotationsmöglichkeiten, Nutzung vorhandener Möglichkeiten, einen wohnungsnahen Ausbildungs- bzw. Arbeitsort anzubieten, Angebot ressortübergreifender Einsatzmöglichkeiten für die Praxisabschnitte der Ausbildung bzw. des Dualen Studiums, Verbesserung der Ansprache möglicher Bewerberinnen und Bewerber: - gezielte Ansprache von Schülerinnen und Schülern sowie bestimmter Bewerbersegmente, - professionalisierter Auftritt auf Berufs- und Ausbildungsmessen, - Werbung in Schulen und Hochschulen, LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4199 6 - vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der Landesverwaltung und Sinnhaftigkeit der Tätigkeit bewerben und in den Vordergrund stellen, - Angebot von Online-Bewerbungsverfahren, - Kooperationen der Ressorts bei Werbemaßnahmen durch ein gemeinsames Karriereportal, einen gemeinsamen Stellenmarkt, gemeinsame Messeauftritte sowie ein zentrales Personalwerbekonzept des Ministeriums des Innern. Zur Deckung des Personalbedarfs der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt der Justiz wurde in den letzten zehn Jahren ausschließlich auf von der Justiz ausgebildete Justizfachangestellte zurückgegriffen, die zusätzlich noch einen sechsmonatigen Vorbereitungsdienst zu absolvieren haben. Dieser Vorbereitungsdienst ist seit dem 1. März 2018 finanziell attraktiver: Die Bewerberinnen und Bewerber werden schon mit Beginn des Vorbereitungsdienstes in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen und erhalten anstelle der Anwärterbezüge vom ersten Tag an Bezüge der Besoldungsgruppe A 6 LBesO A NRW. Darüber hinaus werden künftig weitere Wege in die Justiz eröffnet, um ein zusätzliches Bewerberpotential zu erschließen: So können ab sofort auch Absolventinnen und Absolventen einer förderlichen Berufsausbildung – etwa Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte mit entsprechender Berufserfahrung – in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt verbeamtet werden. Im Interesse der Qualitätssicherung haben sie jedoch zuvor einen zwölfmonatigen Vorbereitungsdienst, der aus einer sechsmonatigen praktischen Einführung und dem auch für geprüfte Justizfachangestellte vorgesehenen Fachlehrgang besteht, sowie die entsprechende Laufbahnprüfung zu absolvieren. Außerdem wird ab dem Jahr 2020 auch wieder ein zweijähriger Vorbereitungsdienst angeboten, der sich direkt an Schulabgängerinnen und Schulabgänger wendet. In der Laufbahn des Allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes wird jährlich die Gewährung eines Anwärtersonderzuschlages gemäß § 76 LBesG NRW geprüft und im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen bereits seit vielen Jahren gewährt. 5. Welche Ergebnisse lieferten Evaluationen der Maßnahmen aus Frage 4? Erfahrungen, welche für die Attraktivität einer Ausbildung bzw. eines Dualen Studiums und einer anschließenden Karriere im Öffentlichen Dienst des Landes von Bedeutung sind und diese zu steigern vermögen, fließen in die Praxis ein. Evaluierungen im engen Sinne fanden nicht statt.