LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4342 27.11.2018 Datum des Originals: 27.11.2018/Ausgegeben: 30.11.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1654 vom 29. Oktober 2018 der Abgeordneten Britta Altenkamp und Anja Butschkau SPD Drucksache 17/4080 Finanzierung der Berufseinstiegsbegleitung Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit 2012 ermöglicht die Berufseinstiegsbegleitung nach § 49 SGB III die intensive Begleitung junger Menschen, bei denen sich abzeichnet, dass sie den Schulabschluss nicht erreichen werden oder den Übergang in eine Berufsausbildung nicht ohne Unterstützung bewältigen können. Dieses Regelinstrument wird von vielen Fachleuten als unverzichtbarer Bestandteil der Förderung junger Menschen angesehen. Die Berufseinstiegsbegleitung wird zu 50 Prozent durch Dritte getragen. Momentan geschieht dies über eine ESF-Förderung durch den Bund, die zum Schuljahresende 2018/19 ausläuft. Bislang ist unklar, wie es ab dem Schuljahr 2019/20 weitergeht. Im Gegensatz zu den ebenfalls unionsgeführten Ländern Bayern und Sachsen hat die NRW- Landesregierung einer zukünftigen Kofinanzierung durch das Land keine Zusage erteilt. Um die wertvolle Arbeit nachhaltig fortsetzen zu können und die Chancen benachteiligter Jugendlicher zu verbessern, braucht die Berufseinstiegsbegleitung eine sichere Finanzierung. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1654 mit Schreiben vom 27. November 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4342 2 1. Wie viele junge Menschen partizipierten seit 2012 in Nordrhein-Westfalen an der Berufseinstiegsbegleitung nach § 49 SGB III (bitte jährlich aufschlüsseln)? Die Umsetzung der Berufseinstiegsbegleitung nach § 49 SGB III erfolgt durch die Bundesagentur für Arbeit. Dazu steht eine jährliche Kapazität von zurzeit knapp 5.300 Plätzen zur Verfügung. Berücksichtigt man unterjährige Eintritte und Austritte, haben nach Angaben der Regional-direktion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit seit 2012 junge Menschen in folgendem Umfang an der Berufseinstiegsbegleitung in Nordrhein-Westfalen teilgenommen: Eintritte von Teilnehmenden in die Maßnahme "Berufseinstiegsbegleitung"; SGB-Kostenträgerschaft: SGB III Nordrhein-Westfalen (Gebietsstand Oktober 2018) Zeitreihe (gleitende 12-Monatssumme), Datenstand: Oktober 2018 Endgültige Werte zur Förderung stehen erst nach einer Wartezeit von drei Monaten fest. Berichtszeitraum Gleitende 12-Monatssumme 2012 7.708 2013 8.034 2014 5.681 2015 10.422 2016 6.919 2017 6.818 Juli 2018 (gleitende 12-Monatssumme August 17 - Juli 18) 6.645 Erstellungsdatum: 07.11.2018, Statistik-Service West, Auftragsnummer 275503 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2. Wie bewertet die Landesregierung den Erfolg der Berufseinstiegsbegleitung? Aus Sicht der Landesregierung besitzt die Berufseinstiegsbegleitung ein bedeutsames Alleinstellungsmerkmal für den erfolgreichen Übergang von Schülerinnen und Schülern mit schlechteren Startchancen in den Ausbildungsmarkt. Als einziges Angebot im Regelsystem stellt sie eine personelle Kontinuität in der Begleitung sicher, da sie bereits während des Schulbesuchs beginnt und bis zur erfolgreichen Einmündung in ein Ausbildungsverhältnis andauert. Auch aus diesem Grund findet das Angebot landesweit eine hohe Akzeptanz. Nach den aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit liegt die Eingliederungsquote in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ein Jahr nach Abschluss der Berufseinstiegsbegleitung bei 29,9 % (Stand Oktober 2018). Im Jahr 2012 lag die Eingliederungsquote bei 21,2 % und weist damit eine deutlich positive Tendenz auf. 3. Mit welchen jährlichen Kosten rechnet das Land Nordrhein-Westfalen, wenn sie die Kofinanzierung der Berufseinstiegs-begleitung übernimmt? Die laufende Umsetzung der Berufseinstiegsbegleitung in Nordrhein-Westfalen wird jeweils hälftig durch Haushaltsmittel der Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie durch ESF-Mittel des Bundes finanziert. Der erforderliche jährliche Finanzbedarf beträgt ca. 30 Mio. €. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4342 3 Im Rahmen des Bund-Länder-Gesprächs zur Zukunft der Berufseinstiegsbegleitung am 13. Juli 2017 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erklärt, dass die Kofinanzierung der Berufseinstiegsbegleitung durch den Bund nach der Schülerkohorte 2018/2019 endet. Ohne inhaltliche Veränderungen an der Programmstruktur ist somit ein Finanzierungsbedarf von ca. 15 Mio. € rein rechnerisch anzunehmen. 4. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Berufseinstiegsbegleitung zu erhalten? Die Ankündigung des Bundes, sich aus der Kofinanzierung zurück-zuziehen, wurde seitens der Länder mit dem Wunsch verknüpft, angesichts eines erwarteten hälftigen Kofinanzierungsanteils mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten eingeräumt zu bekommen. Gewünscht wurde ein Verhandlungsverfahren, an dessen Ende ein bilateraler Vertragsschluss des einzelnen Landes mit der zuständigen Regionaldirektion der BA stehen soll. Inhaltlich wurde mehr Flexibilität erbeten, um eine länderspezifische Ausgestaltung zur besseren Einpassung in die jeweiligen Strukturen zu eröffnen. Im Sondierungsprozess zwischen dem Land und der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit hat sich gezeigt, dass durch Vorgaben der Zentrale der BA der notwendige Gestaltungsspielraum für eine sinnvolle Einpassung in das Übergangssystem Schule-Beruf des Landes bislang nicht gegeben war. 5. Welche Alternativen, um die o. g. Zielgruppe erfolgreich in eine Berufsausbildung zu überführen, verfolgt die Landesregierung, falls sie sich nicht im Stande sieht, die Kofinanzierung der Berufseinstiegsbegleitung zu übernehmen? Die Landesregierung bedauert, dass der Bund zwar eine hälftige Kofinanzierung durch das Land erwartet, aber zugleich sehr enge Grenzen für eine länderspezifische Ausgestaltung der Berufseinstiegsbegleitung ziehen möchte. Diese Einschätzung habe ich auch in einem persönlichen Brief vom 18. Juli 2018 an Herrn Bundesminister Heil (BMAS) vertreten und um eine Fortsetzung der Gespräche gebeten, um den Bestand der Berufseinstiegsbegleitung zu sichern. Der Brief ist bislang leider ohne Antwort geblieben. Inzwischen haben sich auch die anderen Länder mit einer vergleichbaren Auffassung an den Bundesminister für Arbeit und Soziales gewandt. Außerdem hat sich die 235. Amtschefskonferenz der Kultusministerkonferenz (KMK) am 13. September 2018 mit der Thematik befasst und folgenden Beschluss gefasst: „Die Amtschefskonferenz stellt fest, dass individualisierte Begleitung im Prozess der Beruflichen Orientierung auch für die durch das in § 49 SGB III dargestellte Instrument der „Berufseinstiegsbegleitung“ definierte Zielgruppe der förderungsbedürftigen jungen Menschen sinnvoll und zielführend ist. Mittelfristig bedarf es länderspezifischer Anpassungen der bestehenden Berufseinstiegsbegleitung, um jeweils die Effektivität, Effizienz und Qualität des Instruments deutlich zu verbessern. Hierfür müssen weitere und ergebnisoffene Gespräche mit dem Bund geführt werden. Die Amtschefskonferenz bittet den Präsidenten, den Bundesminister für Arbeit und Soziales a) auf den Sachstand hinzuweisen und auf eine konzeptionelle Weiterentwicklung hinzuwirken und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4342 4 b) auf die Notwendigkeit einer vorläufigen Weiterfinanzierung durch den Bund hinzuweisen, um das Fortbestehen der Berufseinstiegsbegleitung in der Zwischenzeit sicherzustellen.“ Den Vorschlag der KMK, eine vorläufige Weiterfinanzierung durch den Bund als Zwischenlösung vorzusehen, sieht das Land als einen sinn-vollen Kompromiss an, um im Anschluss eine dauerhafte Lösung zu erarbeiten.