LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/4357 28.11.2018 Datum des Originals: 28.11.2018/Ausgegeben: 03.12.2018 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1649 vom 29. Oktober 2018 des Abgeordneten Guido van den Berg SPD Drucksache 17/4068 Nach welchen Abwägungen erfolgt der Einsatz von Sonderzügen für Demonstrationen in Nordrhein-Westfalen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der 43. Kalenderwoche gab es mehrere Demonstrationen im Rheinischen Revier. Am 24. Oktober 2018 fand eine Demonstration der Industriegewerkschaft Bergbau, Energie und Chemie (IGBCE) sowie der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (verdi) in Bergheim mit anschließender Kundgebung in Elsdorf statt. Hieran sollen sich 26.000 Menschen aus der Region beteiligt haben. Des Weiteren fand am 27. und 28. Oktober dann eine „Ende Gelände“- Protestveranstaltung statt, zu der bundesweit mobilisiert wurde und z.B. ein Sonderzug aus der Tschechischen Republik eingesetzt wurde. Etwa 2.000 Menschen sollen dann im Rahmen der Veranstaltung die Hambach-Bahn mit ihren Gleisen blockiert haben. Auf der Webseite des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) wurde hierzu mitgeteilt, dass der Nahverkehr Rheinland (NVR) und Deutsche Bahn (DB Region) für die Kundgebungen am Hambacher Forst wieder zusätzliche Fahrten der S-Bahn zwischen Sindorf und Düren anbieten werden. Zeitweise war auf dem Portal des VRS mit dem Logo von „Ende Gelände“ für die Veranstaltung und das Fahrangebot geworben worden. Dies ist bemerkenswert, da auf sogenannten Skill Sharing Camps in den letzten Jahren auf die Ende-Gelände Protesttage vorbereitet wird und unter anderem das Modul: „Schwarzfahren als Aktionsform für eine andere Mobilität“ angeboten wird. Ferner berichteten Anwohner, dass nach den letzten Veranstaltungen am Hambacher Forst u.a. der Bahnhof Buir mit Graffiti, Schmierereien und Stickern beschmutzt und beschädigt wurde. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 1649 mit Schreiben vom 28. November 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4357 2 Vorbemerkung der Landesregierung Nach dem Gesetz über den Öffentlichen Personennahverkehr in NRW obliegen die Planung, Organisation und Ausgestaltung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) den kommunalen SPNV-Aufgabenträgern, d. h. dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR (VRR AöR), dem Zweckverband Nahverkehr Rheinland (NVR) sowie dem Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). Dazu schließen die Aufgabenträger mit den Verkehrsunternehmen des SPNV Verkehrsverträge ab; die konkrete Bestellung der Verkehrsleistungen unterliegt nicht der Fach- und Rechtsaufsicht des Ministeriums für Verkehr. Vor diesem Hintergrund erfolgt die Beantwortung der Fragen 1 bis 4 unter Wiedergabe der diesbezüglichen Ausführungen des im vorliegenden Fall zuständigen Zweckverbandes Nahverkehr Rheinland (NVR). Zu Frage 5 wurden die Daten von der insoweit zuständigen DB Station & Service AG benannt. 1. Wie bewertet die Landesregierung, dass öffentliche Verkehrsunternehmen in NRW den Eindruck erwecken, für Veranstaltungen zu werben und zu unterstützen, deren Ausnutzung zur Radikalisierung nach Einschätzungen des Verfassungsschutzes durch linksextremistische Gruppen als höchst kritisch bewertet werden? Die Veröffentlichung von Fahrplaninformationen dient ausschließlich dem Zweck der Fahrgastinformation. Nach Angaben des NVR habe der VRS einzig zu diesem Zweck am Freitag, dem 26.10.2018, auf seinem Kundeninformationsportal www.vrsinfo.de sowie auf der Website www.nvr.de die tags zuvor versandte Pressemitteilung über den Einsatz zusätzlicher S-Bahnen zu einer Großdemonstration in Kerpen-Buir veröffentlicht. Wie bei anderen Großveranstaltungen auch, bei denen mit einem deutlich erhöhten Fahrgastaufkommen zu rechnen sei, betrachteten VRS/NVR es als ihre Aufgabe, die Fahrgäste über Fahrplanbesonderheiten (hier: Sonderverkehre) und Fahrtalternativen rechtzeitig zu informieren. Dies erfolge über die Bekanntgabe der Pressemeldungen inklusive Fahrplan-Downloads und Links zur jeweiligen Veranstaltung auf der VRS-Website sowie über die VRS-Facebook-Seite. Zur besseren Visualisierung und für einen erkennbaren Hinweis auf den Anlass der jeweiligen Meldung, verwende der VRS regelmäßig auch Bildmaterial der jeweiligen Veranstaltung. Im aktuellen Fall der Bekanntgabe „Einsatz von Sonderverkehren zur Großdemonstration am Hambacher Forst am 27.10.2018“ habe ein Link innerhalb der Pressemeldung zu den Anreisetipps des örtlichen Veranstalters geführt. Bei der verlinkten Seite https://www.kohlesoli -demo.de handelt es sich um das Portal des örtlichen Veranstalters in Kerpen-Buir bestehend aus den Organisationen „Buirer für Buir“, „Campact“, „350.org“, „NaturFreunde Deutschland“ sowie „Umweltinstitut München“, nicht dagegen um die offizielle Homepage der Gruppierung „Ende Gelände“. 2. Nach welchen Kriterien werden bei Bahn und Verkehrsunternehmen in NRW Sonderzüge für politische Demonstrationen eingesetzt? Der NVR bestelle nach eigenen Angaben seit Jahren zusätzliche Verkehrsleistungen bei Großveranstaltungen wie z.B. Fußballspielen. Dabei würden keine Unterschiede zwischen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/4357 3 politischer Einordnung und anderen Motivlagen der Veranstaltungsorganisation gemacht; ausschließlich die verkehrlichen Rahmenbedingungen würden zählen. Kriterien seien dabei auch mögliche Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit und der Betriebsführung, denen durch die Bestellung zusätzlicher Angebote entgegengewirkt werden könne. Ziel sei es, einen möglichst ausreichenden und störungsfreien Schienenpersonennahverkehr zu garantieren. Der NVR und die beauftragten Eisenbahnverkehrsunternehmen seien in der Pflicht darauf zu achten, dass sämtliche Verkehre unter Berücksichtigung der Fahrgastnachfrage sicher durchgeführt werden. 3. Wurden zu den Veranstaltungen der IGBCE und verdi auch besondere Verkehrsdienstleistungen angeboten (Wenn nein, warum nicht)? Laut NVR wurden zu den angesprochenen Veranstaltungen keine weiteren Verkehrsleistungen angeboten, weil es seitens des Veranstalters keinen Hinweis an den NVR/VRS gegeben habe, dass Sonderverkehre benötigt würden. Zudem seien die Veranstaltungen werktags durchgeführt worden, so dass schon in der Hauptverkehrszeit das maximale Angebot im SPNV gefahren würde. 4. Waren die Fahrgasteinnahmen in einem Umfang, so dass man davon ausgehen kann, dass die Aufrufe zum „Schwarzfahren als Aktionsform“ erfolglos waren (wenn ja, in welche Höhen waren Einnahmen festzustellen)? Der NVR berichtet hierzu, es habe für die Kundgebung keine anlassbezogene Fahrkarte wie beispielsweise ein Kombiticket o.Ä. gegeben. Darüber hinaus verfügten die eingesetzten S- Bahnen über kein Fahrgastzählsystem. Daher sei eine zugscharfe Feststellung der Einnahmen durch den Fahrkartenverkauf für die zusätzlich eingesetzten Fahrten nicht möglich. 5. Welche Daten liegen zu Verschmutzungen, Beschädigungen und Graffitis im Umfeld der Ende Gelände-Veranstaltungen an Bahnen und Bahnhöfen vor? Nach Angaben der DB Station&Service AG seien an den Bahnhöfen Buir und Sindorf großflächige Graffiti mit der Aufschrift „Hambi bleibt“ angebracht worden. Am Bahnhof Buir seien Uhren und Kameras mutwillig zerstört worden. Am Bahnhof Düren hätten Reisende des Sonderzuges von und nach Prag (am 26.10. und 28.10.18) vielfach ihre Notdurft auf dem Bahnsteig hinterlassen. Die Reinigung der Bahnhöfe sei aufgrund der angemeldeten Teilnehmer verstärkt vorgenommen worden, d.h., die Bahnhöfe seien unmittelbar nach jeweiligem Veranstaltungsende gereinigt worden. Grundsätzlich sei darüber hinaus ein erhöhtes Vandalismusaufkommen von Horrem bis Düren verzeichnet worden. Ein konkludenter Rückschluss auf die Demonstrationen sei aber in diesen Fällen nicht möglich. Die DB Station&Service AG teilte zudem mit, dass sich die geschätzten Kosten für die Beseitigung der Vandalismusfolgen auf ungefähr 25.000 EUR belaufen würden.